3 störende Jungs im Real-Franz

Liebes Forum

Nach einem halben Jahr probieren und probieren habe ich genug - und lasse mal meinen Frust ab! :slight_smile:

  1. Realklasse, 16 S/S, Französisch, ich bin Fachlehrperson
    In der Klasse hat es mehrere störende S/S, davon 3 besonders störende Jungs.
    J1: ist Sekschüler, kommt nur im Franz in die Realklasse; „I chas ja eh“, „Das isch huere eifach“, „I bi der best“, will das auch zeigen (ist ausserdem von mir aus gesehen hyperaktiv)
    J2: extrem passiv, meldet sich nicht, arbeitet kaum mit, ist da um „Fun“ zu haben (Zitat) (kommt aus schwieriger Familie)
    J3: hat ein Franz-„Trauma“, ist sehr traurig darüber, „i cha ja eh nüt“, macht trotzdem immer wieder gut mit

Die 3 Jungs sind privat gute Freunde und möchten das auch im Unterricht weiterführen.
Störungsprävention: Die 3 Jungs sitzen in verschiedenen Ecken des Zimmers (nützt natürlich nichts, was dazu führt, dass ich mich extrem auf die 3 konzentrieren muss und richtig in den Stress komme, wenn der Rest der Klasse etwas möchte!!)
Intervention: Ermahnungen, Umsetzen, Rausschicken
Problemlösung: Die Störungen habe ich bisher mit Rausschicken, Strafaufgaben, Stufen (Konsequenzenmodell an der Schule) und etlichen Gesprächen aus der Welt zu schaffen versucht.

Gestern hat sich der Klassenlehrer anerboten, ein Gespräch mit J2 & J3 (J1 war krank) zu moderieren. Es dauerte 45 Minuten, war eigentlich gut, doch leider kam nicht wie erwartet eine „Lösung“ bzw. eine „Abmachung“ zustande. Das Ganze hängt irgendwie in der Luft. Der Klassenlehrer hat die Verantwortung stark an die Jungs abgegeben. Ich wollte natürlich auch einen Schritt auf sie zugehen und gesagt, dass mein Wunsch ist, ihnen wieder mehr Freiheit zu gestatten. Besonders J3 war einsichtig und hat heute besser gearbeitet. Bei J2 hat sich nichts verändert. Mit J1 habe ich heute nochmal separat gesprochen (auch ohne „klare Abmachung“, nur mit Versprechungen auf beiden Seiiten), nehme aber aufgrund der bisherigen Erfahrungen nich an, dass sich irgendwas ändern wird (bei J1 kommt hinzu, dass seine Mutter gegen mich ist…).

Lange Rede, kurzer Sinn:
Wer hat mir ein Patentrezept (…;-)), wie ich die 3 Jungs endlich in den Griff kriege?

lanoble

Liebe Ianoble

Zuerst möchte ich Ihnen danken für das bisherige Engagement und gratulieren zu Ihren Ideen. Zudem ist es erfreulich, dass Sie Ihren Frust verbunden mit einem Smilie ablassen, also wohl noch nicht auf dem „letzten Zacken“ laufen.
Das sind gute Voraussetzungen, um selber weiterhin das nötige Interesse und die Kreativität (sogar die Lust) aufzubringen, die Situation zu verändern. Ihre differenzierte Darstellung und der wertschätzende Ton ist ein weiteres Indiz für erfolgversprechende Voraussetzungen.
Ich hoffe, Ihnen nun mit ein paar Denkanstössen und Fragen aus dem lösungsorientierten Ansatz (LOA) zu ermöglichen, Ihr eigenes „Patentrezept“ zu finden.
• Waren Ihre bisherigen Interventionen wirklich so erfolglos?
• Was passiert, wenn Sie vermehrt das Gelingende fokussieren?
• Gibt es Ausnahmen im Verhalten der Schüler?
• Wie können Sie diese Ausnahmen nutzen?
• Was können die Schüler gut?
• Was machen die Schüler gern?
• Welche Ideen entwickeln die Schüler selber, um das Problem zu lösen?
• Was könnte der erste kleine, konkrete und realisierbare Schrit zur Lösung sein?
• Was passiert, wenn Sie Ihre Energie vermehrt auf die engagierten Schülerinnen und Schüler richten?
• Könnte J1 für J3 eine Unterstützungsfunktion übernehmen?
• Warum könnte Französisch im Leben wichtig sein?
• Wie lösen die Schülerinnen und Schüler Probleme?
• Welche dieser Strategien könnte den drei Schülern helfen?
• Wie können Sie Ihre eigene Einstellung zum Problem verändern?

Im Anhang finden Sie weitere lösungsorientierte Impulse, wie Sie die Schülerinnen und Schüler aktivieren und Ihnen die Verantwortung für Ihr Lernen übergeben können. Zudem finden Sie ein Dokument, das Ihnen Ideen geben kann, wie Sie die Bereitschaft zur Aufgabendurchführung erhöhen können.

Wenn Sie diese Fragen und Impulse inspirieren, könnten Sie sie in einer Beratung vertiefen und lernen, Ihren Lösungen einen Schritt näher zu kommen.
Ich mache als Berater immer wieder die erfreuliche Erfahrung, dass auch lange „gepflegte und gehegte“ Probleme im persönlichen Beratungsgespräch rasch zu den gewünschten persönlichen „Patentrezepten“ führen.
Personzentrierte Beratung

Viel Erfolg wünscht Ihnen
mars

Und hier das zweite Dokument.

Gruss mars

Salü lanoble
Gute Erfahrungen mit schwierigen Jugendlichen machte ich, in dem ich ihnen Aufgaben/Verantwortung übertrug und ihnen einen Rollenwechsel ermöglichte. Dieser Rollenwechsel aber für alle in der Klasse durchführte (z.B. Vortrag).
Danach mit jedem Schüler ein kurzes persönliches Gespräch über sein Selbstbild und das Erlebte mit der Klasse. Bei dem J1 + J2 würde ich etwas mehr Zeit zum Reflektieren einplanen. Sie sollen dann auch Lösungsmöglichkeiten für die erlebte Situation aufzeigen. So sind dann die Fokuspunkte gefunden und bekannt. Von den beiden Schülern A-F auflisten und bei Bedarf soll der Schüler den Fokuspunkt gleich vor der Klasse nennen (nur Buchstabe)…
So müssten sich die Jungs als „Fachperson“ mit diesen Themen beschäftigen.

Die persönliche Situation von J3 kann ich sehr gut nachvollziehen. Mir ging es in seinem Alter sehr ähnlich. Mich hättest du damals mit einer moderneren Lehrmethode motivieren können. Atmosphärische Stimuli (Plakate als Hilfsmittel an den Wänden, damit ich mich nicht plamieren muss). Mit verschiedenen Anreizen könntest du mich bestimmt ganz leicht motivieren (Wertschätzung, Anerkennung) mit dem was ich „bringe“ (Suggestopädie, Superlearning, ganzheitliches Lernen). Cool fände ich heute zum Beispiel, wenn ich mit einem/r Kollegen/Kollegin aus einer welschen Klasse am Computer chatten dürfte (jede Woche eine Lektion). Diese Klasse dann sogar einmal besuchen dürfte und mit dem/r welschen Kollegen/in etwas Zeit verbringen dürfte.

Vielleicht wäre die Organisation der online Session so ein Spezialauftrag für deine drei J. Vielleicht zusammen mit einem Informatik-Spezialisten aus der Klasse. Auch das Treffen (Reise) der welschen Klasse wäre so ein Zusatzauftrag um dich zu entlasten und den Schülern zu zeigen, dass du sie brauchst :slight_smile:
Dieser Input von dir an die Drei sollte aber nicht vor der Klasse geschehen, sonst fühlen sich ev die Anderen benachteiligt. Und das wollen wir doch vermeiden.

Ich wünsche dir ganz viel Erfolg bei deinem Weg.

Lieber mars, lieber mexxco

Vielen Dank für Ihre / eure Inputs und Ideen!

Mars: eine meiner Schwächen ist tatsächlich, dass ich mir solche Fragen zu wenig stelle (wann zeigen die S/S Ausnahmen vom Verhalten, was machen sie gerne, was können sie gut) und mich stark auf das Negative fokussiere. Ich nehme Ihre Antwort als Anstoss, dahingehend zu arbeiten (ich habe mir gleich ein Blatt zusammengestellt, um die Fragen in jeder Lektion für mich persönlich dabei zu haben).

Mexxco: Es ist natürlich super wertvoll, Tipps eines ehemaligen, „betroffenen“ Schülers zu haben! Was den Austausch betrifft habe ich vor ca. 4 Monaten im Internet recherchiert (damals für eine scheinbar nicht mehr zu motivierende 9. Sek). Das ist allerdings leider im Sand verlaufen, da ich nichts Passendes gefunden habe. Ich sollte mich wiedermal ran machen – vielleicht würde es etwas bringen, Schulen direkt anzuschreiben und nach interessierten Austauschklassen zu fragen. Auch den Tipp mit dem Rollenwechsel finde ich gut, ich muss da gut überlegen, wie der im Franz umzusetzen ist (Vorträge sind z.B. im Moment noch nicht möglich, da die Sprachkompetenz sehr gering ist.)

Für mich ist in erster Linie nun folgende Frage wichtig: Was könnte der erste kleine, konkrete und realisierbare Schritt zur Lösung sein? Ich will in Schritten arbeiten und mir nicht zu viel vornehmen bzw. den S/S nicht zu viel abverlangen.
Ein erster Schritt war, dass ich J2+3 nach Langem wieder einmal zusammen und auch J1 mit jemandem arbeiten liess, um sie möglichst auf einem „Haufen“ zu haben, um mehr Zeit für die anderen S/S aufwenden zu können. Das hat solange ohne Störungen funktioniert, bis J2 aufstand und sich mit J1 beschäftigte.
Am Freitag werden wir verschiedene Wörtli-Lernmethoden anschauen und ausprobieren, die sie gleich für den anstehenden Wörtlitest brauchen können.

Was danach kommt, entscheide ich spontan bzw. aufgrund der vorangegangenen Lektionen…es sollte etwas den Unterricht betreffendes sein. Ich habe immer das Gefühl, dass zuerst die Disziplin stimmen muss, bevor der Unterricht gut sein kann. Vielleicht sollte ich das mal umkehren (also nicht, dass mein Unterricht schlecht wäre…:-))…es gibt noch viel zu tun! :slight_smile:

Herzliche Grüsse
lanoble

Guten Tag Ianoble

Hier noch ein Hinweis auf ein Austauschprogramm:

Schulpartnerschaftsprojekt „2 langues – 1 Ziel“

Wird durch die Erziehungsdirektionen der Kantone Bern und Wallis gefördert.
Seit 4 Jahren wird das Projekt bereits zwischen dem Oberwallis und Unterwallis durchgeführt.

Der 9-tägige Austausch für Schülerinnen und Schüler der 7. Klassen soll nicht nur der
Fremdsprachenförderung dienen, sondern auch Einblick in andere kulturelle und persönliche
Lebensumstände bieten. Die S&S werden je von Gastfamilien gegenseitig aufgenommen und betreut.
Von Samstag bis Mittwoch leben die S&S im einen Kanton, am Mittwoch wechseln sie selbständig bis
am folgenden Sonntag in den anderen Kanton. Die Lehrpersonen bleiben je vor Ort. Damit kann auch
ein sinnvoller Kontakt zwischen den Gasteltern stattfinden. Die S&S besuchen je eine halbe Woche
lang den Unterricht im fremdsprachigen Kanton. Für die interessierten Lehrpersonen wird ein
umfangreicher Order mit Musterlektionen zur Verfügung gestellt.
Es ist sehr erwünscht, dass sich mehr Schulklassen aus dem Kanton Bern am Projekt beteiligen.
Die Teilnahme für Lehrpersonen wird vom Kanton Bern finanziell gefördert (Entschädigung der Reisekosten und Übernahme von entstehenden Stellvertretungskosten).
Weiteres Vorgehen: Interessierte Schulen sollten sich beim Projektleiter Thomas Raaflaub melden (thomasraaflaub@bluemail.ch), damit für das kommende
Schuljahr eine Grobplanung gemacht werden kann.

Freundliche Grüsse

Heco