Hilfe für Kollegin

Guten Tag liebes Forum

Ich habe eine brisante Frage. Wie könnte ich einer Kollegin helfen, ohne die eigene Anstellung zu gefährden?

Ausgangslage: Ich beobachtete, dass es einer Kollegin sichtlich schlechter geht. Sie meidet, wenn möglich das Lehrerzimmer, scheint sehr nervös und angespannt zu sein. Auch eine IF Lehrerin beobachtete das gleiche. Sie möchte aber unter keinen Umständen mit mir zusammen darauf hin arbeiten, dass sich was ändert, aus Angst vor dem Verlust der eigenen Stelle. Wir vermuten, dass neben anderen Lehrpersonen auch die SL oder Schuko involviert sein könnte. Als diese Kollegin und ich das Kopierzimmer betraten, wurde es ruhig und offensichtlich versuchten die Anwesenden schnell das Thema zu wechseln. Ich werde nun mit dieser Kollegin mal telefonieren, damit ich herausfinden kann, wo der Schuh drückt. Falls ein Mobbing Verdacht aufkommt, möchte ich ihr helfen. Aber wie?

Gibt es irgendwo eine Beratung in rechtlichen Fragen?

Könnte ich mich mit jemandem vertraulich austauschen, denn nähere Details zum Fall kann ich aus Personenschutz Gründen nicht machen.

Liebe Grüsse
Blueblue

Liebe Blueblue

Sie nehmen achtsam Veränderungen im Verhalten Ihrer Kollegin wahr und überlegen sich, wie Sie ihr helfen könnten – ohne die eigene Anstellung zu gefährden.

Zuerst einmal interessiert mich die zweite Aussage Ihrer Frage: Welche Beobachtungen führen dazu, dass Sie Angst haben müssen, dass die eigene Anstellung gefährdet sein könnte? Arbeiten Sie in einem solch schlechten Klima? Werden in Ihrem Kollegium immer wieder Lehrpersonen ausgegrenzt? Ist die Schulleitung Teil dieses Systems? Im Sinne der Fürsorgepflicht wäre es die Aufgabe der Schulleitung, das verschlechternde Befinden der Mitarbeitenden wahrzunehmen, anzusprechen und Massnahmen einzuleiten.

Und dann zu Ihrer letzten Frage: Auf jeden Fall können Sie sich an die Beratungsstelle für Lehrpersonen wenden. In Bern, Spiez, Burgdorf und Biel finden Sie eine Anlaufstelle. Sie können sich bei einer der Beratungsperson telefonisch melden und einen Termin abmachen und haben das Anrecht auf sechs Stunden kostenloser Beratung.

Nun aber zum ersten Teil: Wie könnte ich einer Kollegin helfen? Sicher ist eine persönliche Kontaktaufnahme ein wichtiger Schritt. Hilfreich ist, wenn Sie ihr schildern, welche Beobachtungen Sie in letzter Zeit gemacht haben und dass Ihnen diese Beobachtungen Sorgen machen. Fragen Sie dann, wie es ihr dabei gehe. Seien Sie sich aber bewusst, dass Sie nicht therapeutisch auf die Kollegin einwirken können und dass Ihre Kollegin vielleicht auch nicht bereit ist, darüber zu sprechen!
Es geht vor allem darum, sie für eigene Schritte zu stärken: zum Beispiel die oben erwähnte Beratung in Anspruch zu nehmen oder, falls sie Mitglied von Bildung Bern ist, sich dort über rechtliche Fragen zu informieren.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meinen Gedanken helfen konnte.

Mit freundlichen Grüssen
Kashgar

Guten Tag Kashgar

Vielen Dank für die Antwort.

Im zweiten Abschnitt haben Sie den Nagel auf den Kopf getroffen… Leider herrscht bei uns momentan nicht wirklich Freude. Das zu ändern braucht Mut, aber ich möchte was ins Rollen bringen, mit Hoffnung auf Verbesserungen.

Ich werde die Tipps befolgen und meine Kollegin aufmuntern, sich beraten zu lassen.

Liebe Grüsse
Blueblue

Guten Tag Blueblue

Herzlichen Dank für Ihre Rückmeldung. Ich wünsche Ihnen gutes Gelingen und Mut für die nötigen Schritte.

Liebe Grüsse
Kashgar

Gerne machen wir an dieser Stelle auf zwei Beiträge aufmerksam, in denen Prof. Dr. Alexander Wettstein, Dozent an der PHBern, Auskunft gibt zum Thema „Mobbing“:

  • Was genau ist Mobbing und wie geht man dagegen vor? Beitrag im Radio BeO
  • Mobbing an Schulen, Beitrag im Sonntagsblick vom 3. März 2019

Freundliche Grüsse,
Die Redaktion

Mensch, das ist ja schlimm. Aber ich finde das super, dass es dir nicht egal ist. Ist es nicht traurig, dass andere wegschauen, weil sie Angst haben müssen, ihren Job zu verlieren… Schade!

Lieber jacobhansjurgen
Mein Beitrag stammt ja vom März 17.
Meine Kollegin und ich haben beide diese Schule verlassen. Leider war es für uns nicht möglich, die Situation zu verbessern. Es war für mich so schlimm geworden, dass ich vor der Schule oft weinte.
Im neuen Team wurde ich mit offenen Armen freundlich empfangen. Was mir besonders auffällt, ist, dass ich hier auch von den SuS der anderen Klassen respektiert werde. Am alten Arbeitsort war das Überqueren des Pausenplatzes ein Spiessrutenlauf. Als ich die Klassenlehrerinnen damals um Hilfe bat, sagten sie, dass sie dies nicht ändern können.
Stellt euch vor, was für eine Wohltat. Die Schüler unterbrechen ihr Fussballspiel und grüssen mich freundlich. Für mich ist das eigentlich ein normales Verhalten aber offenbar trifft man das nicht überall so an.
Meine Kollegin ist leider noch auf Stellensuche.
In der Schulleitung an unserer ehemaligen Schule gab es noch einen Wechsel. Die Hoffnung besteht, dass dadurch das Klima im Team besser wird.
Jedenfalls freue ich mich wieder täglich auf meine Arbeit, so wie es sein sollte.
Freundliche Grüsse
Blueblue

Guten Tag Blueblue
Sehr erfreulich, dass du eine neue Stelle gefunden hast, wo man dich und deine Arbeit respektiert.
Ebenso erfreulich, dass du den Lehrberuf nicht aufgegeben hast, wie das heute unter ähnlichen Umständen häufig geschieht: Rund 20% der Berufseinsteigenden sind nach 5 Jahren nicht mehr im Lehrberuf tätig.
Deine Darstellung weist auf verschiedene Schwachstellen der aktuellen öffentlichen Schule hin (da spreche ich als Lehrer und Supervisor, der in vielen Kollegien im Kt. Bern gearbeitet hat): die bernische Schullandschaft ist extrem heterogen. Sie reicht von Kollegien, in denen Lehrpersonen wenig bis keine Unterstützung erhalten, bis sie ein Burnout erleiden mit mehrmonatigem Ausfall, - bis zu Kollegien, die eine gemeinsam erarbeitete Zielsetzung haben, die sie im Alltag beobachtbar umsetzen, mit regelmässigen selbstkritischen Standortbestimmungen. Wie du antönst, sind heute die geleiteten Schulen ein grosses, weitgehend ungelöstes Problem. Es handelt sich um ein Führungsmodell aus der Privatwirtschaft, das sich schlecht auf die öffentliche Schule übertragen lässt. Es ist hierarchisch gegliedert, top down, von oben nach unten, Lehrpersonen sind abhängig von ihrer Schulleitung, sie gehen in die Überanpassung, fühlen sich nicht ernst genommen, resignieren, ziehen sich zurück, aus leider oft berechtigter Angst vor negativen Folgen. Die Schulleitungen ihrerseits stehen unter enormem Erwartungsdruck von vorgesetzten Behörden, Eltern, dem Kollegium und Lernenden. Was dann? Eine grundsätzliche Überarbeitung der Rahmenbedingungen der öffentlichen Schule drängt sich auf. Und nicht vergessen: für die Umsetzung des Integrationsartikels verlangte der Lehrerverband 40 Millionen Franken, der Grosse Rat bewilligte 12 Millionen. Ungenügende finanzielle Ressourcen als weiteres ungelöstes Problem.
Bleibt zu wünschen, dass deine Kollegin von damals auch eine Stelle in einem motivierenden Kollegium findet.