Kinder für Kunst begeistern

Hallo zusammen

Ich unterrichte BG an der Primarschule. Während die jüngeren Schülerinnen und Schüler jeweils mit Freude Künstler kennenlernen und bekannte Kunstwerke betrachten, kann ich die Schülerinnen und Schüler der 5.-6. Klasse nicht dafür begeistern. Vor allem für abstrakte Kunst zeigen sie kein Verständnis, da sie sich in der Phase befinden, in der das „möglichst reale“ oder auch Comic Zeichnen beliebter ist. Als wir beispielsweise Werke von Paul Klee oder Collagen von Hanna Höch betrachtet haben, konnten sie kaum glauben, dass das bekannte Künstler sind, da dies ja aussehe wie von einem kleinen Kind…

Hat jemand Tipps, wie man ihnen aufzeigen kann, dass Kunstgeschmack zwar subjektiv ist, diese Kunstwerke aber trotzdem grosse Bedeutung haben bzw. wieso auch abstrakte Kunst ihre Daseinsberechtigung hat? Beispielsweise Videos, Sachbücher oder Lehrmittel?

Danke!

Liebe BG-Lehrperson marik99

Danke für deine Frage!

Vom Verlag an der Ruhr gibt es ein Dossier, das heisst «20 x Künstler für 90 Minuten».

Das ist zwar ein Lehrmittel für die 1./2. Klasse, aber die Inhalte lassen sich durchaus für die 5. und 6. Klasse adaptieren. Manchmal ist es bei älteren Zyklus 2-Schüler:innen gar nicht so falsch, gerade bei Themen wie Kunstbetrachtung etwas einfacher einzusteigen.

Versuche doch mal, die Schüler:innen selber etwas abstrahieren zu lassen. Abstrahieren gehört zu den kunstorientierten Methoden, wie sie im BG-Lehrplan 21 beschrieben sind.

Lass die Schüler:innen vielleicht anhand von Beispielen selber herausfinden, was «abstrahieren» bedeuten könnte. Und gib ihnen dann die Möglichkeit, mit verschiedenen Verfahren wie z. B. Collagieren, Fotografieren (Nahaufnahmen können sehr abstrakt wirken), Malen und Zeichnen selber einen Gegenstand zu abstrahieren.

Gehe dabei von der Frage aus: Wie kann ein Gegenstand soweit verfremdet oder verändert werden, dass er nicht mehr erkennbar ist.

Ein anschauliches Beispiel hierfür ist die Serie des Apfelbaums von Piet Mondrian.

Du könntest auch mit Urs Wehrlis «Kunst aufräumen» arbeiten. Das Zerlegen von Bildern führt schlussendlich auch zu einer Abstraktion.

Um noch auf deine Frage zur «Daseinsberechtigung» einzugehen, komme ich auf eine Definition der Abstraktion zurück: Abstrahieren kommt vom Lateinischen abstrahere, was wegziehen, gewaltsam trennen oder abhalten bedeutet. Gegenstände oder Situationen werden in der abstrakten Kunst insofern verfremdet, dass die Darstellung vom Bildinhalt getrennt wird.

Die Fähigkeit, abstrakte Bilder «lesen» zu können, ist wichtig, wenn es um Bildbetrachtung und die visuelle Kommunikation geht. Ausserdem kann es zu einer coolen Challenge werden, die Titel zu erraten…

Wenn du mehr erfahren möchtest, kannst du dich gerne auch für eine Unterrichtsberatung Gestalten anmelden oder für den Kurs „Kreativität: Kreativ drauflos mit kunstorientierten Methoden“.

Vielen Dank für die hilfreiche Antwort!

Hallo Marik99

Kennst du das neue BG-Lehrmittel KUST & BILD für den Zyklus 2? Es ist sehr reichhaltig und ist ein im Kanton Bern empfohlenes Lehrmittel. Alle Unterrichtsvorhaben wurden in den Schulen ausprobiert und auch wenn ich bei einigen Vorhaben zuerst nicht sicher war, ob es ankommt, war ich jedes Mal überrascht, wie motiviert die Schüler:innen sind.

Nebst dem Buch und den Einlegekarten mit den Hinweisen zu den Lehrplankompetenzen gibt es auch eine frei zugängliche Website: https://www.kunstundbild.ch. Auf der Website findest du passend zu den Themen Links zu Kunstwerken. Hier wurde darauf geachtet auch zeitgenössische Arbeiten sowie Arbeiten von Künstlerinnen zu verlinken, denn Unterlagen zu van Gogh, Klee, Picasso, Hundertwasser etc. gibt es bereits anderorts (siehe Hinweis im anderen Post).

Bei Bildbetrachtungen (z.B. Klee, Hanna Höch) muss meiner Meinung nach auch der Kontext in denen diese Werke entstanden sind, mitberücksichtigt werden. Hanna Höch war zu ihrer Zeit als Frau mit ihren Collagen eine echte Pionierin. Weiter frage ich jeweils nach: Warum hast du das Gefühl, dass diese Arbeit auch ein Kind machen könnte? Was weisst darauf hin?

Und dann lohnt es sich natürlich selber tätig zu werden und z.B. Collagen herzustellen und diese dann neutral und beschreibend mit Collagen von Künstler:innen zu vergleichen. Was ist gleich? Was ist anders? Warum ist es anders? Was hat mich zu meiner Arbeit inspiriert? Was hat die Künslterin wohl zu ihrer Arbeit inspiriert? …

Ich wünsche dir viele farbenfrohe, kreative künstlerische Ideen für den BG Unterricht

‚Hat jemand Tipps, wie man ihnen aufzeigen kann, dass Kunstgeschmack zwar subjektiv ist, diese Kunstwerke aber trotzdem grosse Bedeutung haben bzw. wieso auch abstrakte Kunst ihre Daseinsberechtigung hat? Beispielsweise Videos, Sachbücher oder Lehrmittel?‘

Hallo Marik
Ein eindrückliches Beispiel zum Aufzeigen, dass Kunstgeschmack subjektiv und zeitabhängig ist, findest du im Schulhaus Wylergut in Bern,
Da wurde kürzlich ein offiziell als erhaltenswert eingestuftes Buchstabenalphabet im Auftrag des Gemeinderates der Stadt Bern zerstört und ins Historische Museum überführt, wo es später archiviert wird. Wäre interessant zu hören, was deine Schüler*innen dazu meinen.