Hallo zusammen
Wie sieht es aus, wenn religiöse Zeichen im Schulhaus aufgehängt oder aufgestellt werden?
Im Schulzimmer (also für Schülerinnen und Schüler zugängliche Räume)? im Lehrerzimmer (oder andere für Schülerinnen und Schüler nicht zugängliche Räume)?
Gibt es da Regelungen?
Danke für die Antwort
Liebe/r Minumi
Besten Dank für deine Frage, die bei uns angekommen ist.
Wir haben sie intern der zuständigen Expertin/dem zuständigen Experten weitergeleitet. Eine Antwort folgt so bald als möglich.
Herzliche Grüsse, Kashgar
Liebe(r) Minumi
Hinsichtlich der Verwendung von Insignien durch die Schule hat das Bundesgericht im Jahr 1990 das Anbringen eines Kruzifixes im Schulzimmer einer Primarschule als im Widerspruch zur staatlichen Neutralitätspflicht stehend gewertet. Es begründete dies damit, das Symbol könne – insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Schüler religiös noch nicht mündig waren – den Eindruck erwecken, die Lerninhalte würden durch die Schule christlich geprägt vermittelt (vgl. BGE 142 I 49, E. 4.4 und BGE 116 Ia 252, E. 7 und 8, auf Deutsch übersetzt in: Pra 81 [1992] Nr. 72, S. 271 ff.). Das Bundesgericht differenziert – von der Lehre durchaus kontrovers diskutiert – bei Kruzifixen danach, wo sie sich befinden: Sind sie im Klassenzimmer aufgehängt, verstossen sie gegen die religiöse Neutralität der Schule, weil dadurch der Unterricht in unzulässiger Weise mit dem römisch-katholischen Bekenntnis identifiziert wird. Befinden sich die Kruzifixe aber ausserhalb des eigentlichen Unterrichtsortes, bspw. im Gang oder im Speisesaal, so können sie als erlaubtes Symbol der abendländisch-christlichen Kultur begriffen werden.
Liebe Grüsse, der schlaue Bison
Hallo - danke erstmals für die Antwort. Wie sieht es dann bei Symbolen anderer Religionen aus? Die Antwort bezieht sich ja vor allem auf christliche Symbole, da diese in unserer Kultur verankert sind. Was ist aber mit hinduistischen, buddhistischen oder islamischen Symbolen? Da würde das Argument mit der Verankerung in der Kultur ja nicht greifen und würde ja dann doch die religiöse Neutralität beeinträchtigen. Oder nicht?
Liebe Grüsse
Liebe(r) Minumi
Das Bundesgerichtsurteil BGE 142 I 49, E. 4.4 enthält einen aktuellen Überblick über die wichtigsten bisher im Kontext der öffentlichen Schule behandelten Fallkonstellationen zum Verwenden religiöser Symbole durch die Schule selbst. Erwähnt wird einerseits der oben genannte Kruzifix-Fall (BGE 116 Ia 252). Andererseits wird auf den Kopftuch-Fall (BGE 123 I 296) verwiesen, in dem das Bundesgericht unter dem Gesichtswinkel der religiösen Neutralität der Schule – in ausdrücklicher Parallele zum Kruzifix-Fall sowie unter Bezugnahme auf die laizistische Tradition des Kantons Genf – einer zum Islam konvertierten Primarlehrerin untersagte, während des Unterrichts ein Kopftuch zu tragen.
Weitere Fälle, in denen eine öffentliche Schule im Schulhaus oder sogar im Klassenzimmer andere (hinduistische, buddhistische oder islamische) Insignien aufgehängt bzw. aufgestellt und damit gegen die religiöse Neutralität der Schule verstossen hätte, sind nicht ersichtlich. Mit Blick auf die bisherige Bundesgerichtspraxis könnte dies aus meiner Sicht höchstens dann gegen die religiöse Neutralität der Schule verstossen, wenn es sich dabei um so starke oder prominent bzw. zahlreich platzierte religiöse Symbole handelt, dass der Unterricht in unzulässiger Weise mit dem entsprechenden (hinduistischen, buddhistischen oder islamischen) Bekenntnis identifiziert wird. Dies dürfte jedenfalls nicht leichthin anzunehmen sein.
Liebe Grüsse, der schlaue Bison
Besten Dank schlauer Bison!
Die BKD verfügt über einen Leitfaden zum Umgang mit kulturellen und religiösen Symbolen und Traditionen in Schule und Ausbildung, in dem Antworten auf die an Schulen auftauchenden gängigsten Fragen zu finden sind.
Hallo SchlauerBison. Ich habe da eine Anschlussfrage zum erwähnten Kopftuchverbot.
An unserer Schule unterrichten immer mehr Kolleginnen aus dem extrem christlichen Milieu. Eine Kollegin zeigt das auch deutlich gegen aussen, indem sie wadenlange Röcke, schwarze Schnürschuhe und Haarknoten (Pfürzi) trägt. Also die „Uniform“ ihrer eigenen religiösen Gemeinschaft.
Diese Attribute wirken genauso plakativ wie ein Kopftuch. Lässt sich aus dem Bundesgerichtsurteil zum Kopftuch auch etwas zu solchen Kleidern ableiten?
Besten Dank und ebensolchen Gruss.
Frank
Lieber Frank,
die zitierten Bundesgerichtsentscheide beziehen sich immer auf Einzelfälle und dürfen somit nicht unbesehen generalisiert werden. Der vielbeachtete und -zitierte Genfer Fall bezog sich ausschliesslich auf die (damalige) Situation im Kanton Genf, weshalb er nicht ohne weiteres auf die heutige Situation im Kanton Bern übertragen werden kann. Dies vor allem deshalb nicht, weil der Kanton Genf über eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für das Kopftuchverbot an Schulen verfügt, während der Kanton Bern im Volksschulgesetz lediglich die konfessionelle Neutralität der Schule (die bereits von der Bundesverfassung verlangt wird) ganz allgemein verankert hat (vgl. Art. 4 VSG/BE).
Zu Deiner Frage: Entscheidend ist, ob die betreffenden religiösen Symbole oder „Attribute“ dazu geeignet sind, den berechtigten Eindruck zu erwecken, dass der Unterricht dem entsprechenden Bekenntnis folgt oder unterliegt, wobei dies nicht leichthin angenommen werden darf. - Die von Dir beschriebenen „Uniformen“ scheinen mir diese Grenze jedenfalls (noch) nicht zu überschreiten.
Liebe Grüsse, der schlaue Bison
Hab besten Dank für die Antwort!