Totale Überforderung

Meine Lieben,
dies ist meine fünfte Woche an meiner neuen IF-Stelle.

Ich bin für 16 Lektionen angestellt.
3 Lektionen halte ich frei für Fachgespräche.
13 Lektionen bleiben mir für 30 Kinder, die ich zu betreuen habe, an zwei Standorten.

27 Kinder habe ich bisher mit BESMath und SLRT erfasst.
(Manche Kinder in beiden Bereichen.)
32 Erfassungsbogen sollte ich auswerten und eine Förderplanung daraus ableiten.

Daneben habe ich Fachgespräche (heute 3 Stunden) mit der Integrationsgruppe, Gespräche mit der EB, zahlreiche Gespräche über den Mittag und nach dem Unterricht mit Lehrkräften, die dringend Hilfe anfordern. Und dann die Telefongespräche mit den Eltern, die sich um ihre Kinder sorgen, Gespräche mit der IF-Lehrkraft der Oberstufe, Lehrerkonferenzen, interne Weiterbildung und Mail-coaching von Lehrkräften.
An einer Klasse unterrichte ich während zwei Lektionen in der Woche. Über 12 Wochen leite ich ein Klassenprojekt an. Damit bleiben mir noch 11 Lektionen.

Nicht, dass ich es nicht gerne tun würde :wink:
Und, es ist auch nicht so, dass ich nicht nein sagen kann.

Bloss, ich arbeite 100%, eh ich’s mich versehe.

Und dabei habe ich noch längst nicht die Hälfte meiner Erfassungen auswerten können!!!

Da ich neu an dieser Stelle bin und vorher keine ausgebildete Heilpädagogin da war, muss ich auch noch meinen neuen Arbeitsplatz aufbauen, Material beschaffen, Material herstellen und Formulare kreieren.

Nun, ich denke, da muss ich durch.
Eine neue Stelle in Angriff zu nehmen bedeutet logischerweise einen Mehraufwand.

Bloss: Wie gehe ich mit all den Anfragen um, die ich auf keinen Fall mehr bewältigen kann???
Wie soll ich 30 Kinder während 11 Lektionen unterrichten?
Wenn ich mir einen groben Überblick verschaffe, dann sehe ich, dass ich keine homogenen Gruppen bilden kann.
Ich werde drei Kinder in einer Gruppe haben und die Unterrichtszeit in mindestens zwei Phasen teilen müssen.
Was bringt dann meine Intervention noch?
Und die Kinder, die Strategietraining brauchen? Normalerweise erarbeite ich mit ihnen ausserhalb der Klasse Strategien, die wir dann in der Klasse einüben. Wie mache ich das mit Kindern aus drei verschiedenen Klassen?

Und wann gehe ich in die vier Kindergärten, die mich für eine Abklärung angefragt haben???

Ich sollte keine Warteliste führen.
Das möchte ich auch nicht.

Wenn ich vor einer Lehrkraft stehe, die mir die Probleme mit einem Kinder schildert, und ich kenne ein paar Lösungen, dann bitte, erklärt mir mal, was ich dann tun soll!

Also: Ganz sachlich:
Ich muss so viele Kinder in so wenig Lektionen betreuen, dass für das einzelne Kind kaum etwas übrig bleibt. Und dies während einer Lektion pro Woche.

Wir könnten auch noch über die Gründe dieser Situation diskutieren.
Ich kenne sie:

  • die Lehrkräfte sollten besser ausgebildet sein.
  • wir sollten mehr Lektionen zur Verfügung haben.

Und trotzdem: Auch wenn wir alle KbF’s auflösen. Dieser Ort ist mit unglaublich vielen Dramen und Problemen belastet.
Weder die Lehrkräfte noch mehrere ausgebildete IF’s könnten den Bedarf decken.

Und trotzdem will ich nicht aufgeben.
Es MUSS eine Lösung geben!

Bitte helft mir!
Ich bin froh, um jeden Gedanken und um jeden Hinweis!

P.S: Wenn ich so weiterfahre laufe ich direkt in ein Burnout.

Wie kann ich diese unglaublich komplexe und extrem fordernden verschiedenen Aufträge gescheit unter einen Hut bringen?

Mit lieben Grüssen,
in hoffnungsvoller Erwartung,
Malena

Liebe Malena,
Du meldest Dich dieses Mal nicht nur mit einer hoch komplexen Fragestellung, sondern auch mit einem doch recht deutlichen Signal, dass Du persönlich an die äusserten Grenzen Deiner Belastbarkeit geraten bist. Es ist sehr gut und wichtig, dass Du das selbst realisierst und um die entsprechende Unterstützung bittest.
Damit, liebe Malena, halte ich einen Punkt für erreicht, an dem Du besser nach Formen des Supports suchst, die über die Möglichkeiten des Lehrpersonenforums hinausgehen. Ich empfehle Dir deshalb, Dich doch mit den fachlichen und persönlichen Fragen Deines aktuellen Beitrags im Forum direkt mit Priska Hellmüller am Institut für Weiterbildung der PH Bern: priska.hellmueller@phbern.ch in Verbindung zu setzen. Du findest durch sie persönlich und/oder durch ihre Vermittlung gewiss die Gesprächspartnerinnen und – partner, die Du jetzt brauchst.

Mit guten Wünschen möchte ich mich damit für dieses Mal von Dir verabschieden.
Adhei

Liebe Adhei,

ich habe nachdem ich meinen Beitrag hier geschrieben habe auch gleich Kontakt mit meinem Coach aufgenommen, der mir schon einmal geholfen hat.
Nun geht es mir wieder gut.
Ich habe Lösungen für meine Situation gefunden und stehe auch in Verbindung mit Priska Hellmüller.

Ich habe meine Situation hier beschrieben, weil ich hoffte, mit anderen HeilpädagogInnen in Kontakt zu treten, die eine ähnliche Situation erleben oder bereits erfolgreich bewältigt haben.
Ich würde mich freuen, wenn sich jemand melden würde.
Der Austausch mit Menschen, die am selben Thema arbeiten ist sehr wertvoll.

Für deine engagierte und kompetente Arbeit danke ich dir herzlich, liebe Adhei,

mit lieben Grüssen,

Malena

Liebe Malena
Sie wünschen sich Kontakt mit Heilpädagoginnen für einen Austausch unter Fachpersonen, welche in einer ähnlichen Situation wie Sie stehen. Ich möchte Sie gerne auf ein Angebot des IWB hinweisen: Das Angebot „Praxisbegleitung für Berufseinsteigende“ bietet die Möglichkeit, ca. alle 2 Monate in einer festen Gruppe Fragen aus dem Schulalltag zu reflektieren und zu klären. Zusammen können konkrete Handlungsmuster für diverse Schulsituationen erarbeitet und gegebenfalls geübt werden. Gemeinsam kann das eigene Rollenbewusstsein in dieser ersten Berufsphase reflektiert, gefestigt und weiterentwickelt werden.
Falls Sie Interesse an diesem Angebot haben, melden sie sich doch bis Mitte Oktober per Mail unter folgender Adresse: isabel.profe-bracht@phbern.ch
Herzliche Grüsse Europa