Ich bin seit längerer Zeit krank geschrieben und habe nun eine Einladung zu einer Untersuchung von einem Vetrauensarzt erhalten. Ich soll einen Termin vereinbaren und eine Vollmacht unterschrieben an den Arzt senden. In der Vollmacht würde ich den Arzt ermächtigen, dass er Auskünfte und Akten von meinen Ärzten einholen darf, und entbindet diese von der Schweigepflicht (soweit es für das Gutachten geeignet und erforderlich scheint).
Muss ich diese Vollmacht unterschreiben? Brauche ich Rechtsschutz?
Nun habe ich vor kurzem erfahren, dass ich schwanger bin. Dies möchte ich noch nicht weitergeben, solange ich noch nicht in der 12. Woche bin (in ca. 2,5 Wochen), vor allem weil ich Anfang des Jahres bereits ein Baby in der 8. Woche verloren habe. Noch dazu, fühle ich mich absolut nicht geschützt als Schwangere in der Schule. Niemand kennt langfristig die Auswirkungen auf mich und mein Ungeborenes durch COVID 19. Ich weiss, dass es zum Beispiel in Deutschland für schwangere Lehrpersonen ein Beschäftigungsverbot gibt, da das Risiko zu hoch ist (dies galt auch schon immer während der Influenza Zeit).
Ich bin ratlos, was ich tun soll und was meine Rechte sind und dankbar für jede Hilfe.
Besten Dank für deine Frage, die bei uns angekommen ist.
Wir haben sie intern der zuständigen Expertin/dem zuständigen Experten weitergeleitet. Eine Antwort folgt so bald als möglich.
Danke für dein Verständnis und herzliche Grüsse,
die Redaktion
Lehrpersonen im Kanton Bern, die infolge Krankheit oder Unfall vorübergehend arbeitsunfähig werden, erhalten grundsätzlich eine Gehaltsfortzahlung für einen definierten Zeitraum ausbezahlt (Art. 33 Abs. 1 der Verordnung über die Anstellung der Lehrkräfte [LAV; BSG 430.251.0]).
Bei länger dauernden Abwesenheiten bietet die Bildungs- und Kulturdirektion des Kantons Bern (im Folgenden: BKD) ein Case Management an. Das Case Management leitet in Absprache mit der Schulleitung und der betroffenen Lehrkraft Massnahmen ein, um die Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess zu unterstützen (Art. 35a Abs. 1 LAV). Sodann darf die Abteilung Personaldienstleistungen des Amtes für zentrale Dienste der BKD bei einer Arbeitsunfähigkeit durch Krankheit oder Unfall eine vertrauensärztliche Untersuchung anordnen (Art. 35a Abs. 3 LAV; vgl. ebenfalls die digitale Wissensplattform „Personal- und Gehaltswesen Lehrpersonen“ der BKD: https://wpgl.apps.be.ch > Vorgehen und Modalitäten bei Krankheit).
Die BKD stützt sich insbesondere bei der Überprüfung der Gehaltsfortzahlung auf das Ergebnis der Begutachtung durch den Vertrauensarzt. In Anbetracht der mir vorliegenden Informationen ist eine solche Einladung zur vertrauensärztlichen Untersuchung – mindestens auf den ersten Blick – nicht als rechtsmissbräuchlich einzustufen. Gestützt auf Art. 33 Abs. 6 LAV sind darüber hinaus die Einstellung der Gehaltsfortzahlung und Rückforderung des Gehalts möglich, „wenn eine Lehrkraft sich weigert, sich durch eine Vertrauensärztin oder einen Vertrauensarzt untersuchen zu lassen“. (Den Entscheid, ob in Deinem konkreten Einzelfall das Einschalten eines persönlichen Rechtsschutzes nötig ist, kann ich Dir freilich nicht abnehmen.)
In der aktuellen COVID-19-Lage gehörst Du als schwangere Lehrerin zur Risikogruppe. Dein Arbeitgeber muss Dich am Arbeitsplatz bestmöglich vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus schützen (vgl. Mutterschutzverordnung). Im Schreiben vom Oktober 2020 an das Schulinspektorat verweist das Amt für Kindergarten, Volksschule und Beratung der BKD für die Umsetzung der Mutterschutzverordnung bei schwangeren Lehrerinnen unter besonderer Berücksichtigung der COVID-19-Pandemie auf ein Gutachten des Instituts für Arbeitsmedizin.
Das Gutachten soll Schulleiterinnen und Schulleitern dazu dienen, mit einer schwangeren Lehrerin deren Arbeitsplatzrisiken im gemeinsamen Gespräch sofort nach Bekanntgabe der Schwangerschaft zu eruieren und mit ihr die Schutzmassnahmen zu erörtern (vgl. die Schutzmassnahmen auf S. 7 ff. des Gutachtens). Auch wenn Du Deinen Arbeitgeber grundsätzlich nicht über die Schwangerschaft informieren musst (es besteht keine Informationspflicht), könnte es – im Falle einer Rückkehr in die Schule – zum Wohle Deiner Gesundheit bzw. Deines ungeborenen Kindes empfehlenswert sein, Deinen Arbeitgeber rasch zu informieren, damit die Schutzmassnahmen sichergestellt werden können.