Anerkennung

Hallo zämmä

Seit zwei Jahren lebe ich nun in der Schweiz. Es war bis jetzt eine spannende und auch aufreibende Zeit für mich. Zunächst habe ich meine deutschen Staatsexamen anerkennen lassen und mich dann auf freie Stellen beworben. Eine Vollzeitstelle war nicht in Aussicht und so nahm ich eine Stellvertretung nach der anderen an und lernte mehr und mehr über das für mich neue Schulsystem im Kanton Bern. Nun arbeite ich mit einem kleinen Pensum an einer wirklichen tollen Schule, leider aber wieder nur als Jahresvertretung für eine Kollegin, die Mutter geworden ist, und leider auch nur in eins von meinen drei studierten Fächern. Für mich ist dies auf Dauer natürlich sehr belastend keine zufrieden stellende Aussicht auf eine feste Anstellung zu haben. Mir gefällt es in der Schweiz gut und ich möchte gerne weiterhin hier als Lehrerin arbeiten, jedoch stellt sich für mich immer mehr die Frage, ob ich hier wirklich eine berufliche Chance habe.
Hat jemand von euch vielleicht ähnliche Erfahrungen, kann mir Ratschläge zur Weiterbildung oder Qualifizierung geben?
Es ist so, dass ich wirklich sehr gute Zeugnisse und auch Berufserfahrung vorweisen kann, ich aber trotzdem nicht einmal zu Vorstellungsgesprächen eingeladen werde, manchmal sogar nicht von Schulen, mit denen ich vorher schon in telefonischen Kontakt stand und die sehr an meiner Person interessiert erschienen.

Es grüsst herzlichst Karin

Hallo Karin,
fand deinen Beitrag sehr interessant. Ich bin eine deutsche Lehrerin, arbeite noch in Deutschland, überlege in die Schweiz zu gehen und würde dir gerne noch ganz viele Fragen stellen, wie z.B welche Fächer unterrichtest du, an welcher Schule hast du in Deutschland gearbeitet, was findest du in der Schweiz gut…

Liebe Karin

Ich verstehe sehr gut, dass Sie diese Situation zunehmend als belastend wahrnehmen und ich finde es toll, dass Sie die Erfahrungen Ihrer Kolleginnen und Kollegen erfragen, die in einer vergleichbaren Situation sind. Ich hoffe, dass Schweizer Leserinnen und Leser, ausländische Kolleginnen auf Ihren Beitrag aufmerksam machen werden. Laut Medienberichten gibt es ja einige Lehrkräfte mit einem ausländischen Diplom an Schweizer Schulen.
Mir gingen beim Durchlesen Ihres Beitrags spontan folgende zwei Gedanken durch den Kopf:
• Es ist doch Zufall, dass halt immer eine Person als geeigneter eingeschätzt wurde. Und die wirklich passende Traumstelle wartet noch auf Sie.
• Ist an der Bewerbung etwas fehlerhaft, dass Sie nach mündlichem Interesse nicht zur Vorstellung eingeladen werden?
An Ihrer Stelle würde ich bei den Anstellungsbehörden nachfragen, um die Gründe der Absage zu erfahren. So können Sie Ihre Bewerbung optimieren.
Vielleicht interessiert Sie auch diese Diskussion im Forum zu einem ähnlichen Thema:
Link

Ich wünsche Ihnen für Ihre weiteren Bewerbungen alles Gute und hoffe, dass sich viele Ihrer Kolleginnen an der Diskussion beteiligen werden.

Mit freundlichen Grüssen
mars

Hallo Patricia

Gerne gebe ich dir Auskunft :slight_smile: Die Schweiz an sich gefällt mir sehr gut. Die Menschen begegnen einen freundlich und hilfsbereit. Jedoch solltest du dir bewusst machen, dass du hier Ausländerin bist. Zunächst musste ich lernen, die Mundart zu verstehen. Ich habe alle gebeten, mit mir ständig Mundart zu reden und habe zudem noch ein Kurs belegt. Der Kurs in der VHS hat mich aber nach einiger Zeit ziemlich gelangweilt, weil recht trocken. Am Besten ist der direkte Kontakt mit Kollegen, Nachbarn, Leuten in Vereinen. Für die Integration finde ich das persönlich ziemlich wichtig und auch natürlich für die Verständigung und Beziehung zu den Schülern und Eltern.

In Deutschland habe ich in NRW und Berlin an Grundschulen die Fächer Mathematik, Deutsch und Sport unterrichtet (weil studiert). Da ich noch 1-2 Semester Religion und Naturwissenschaften studierte, habe ich diese Fächer hier ebenfalls für das Primarlehrpatent anerkannt bekommen. Meine Laufbahn verlief dann hier folgendermassen, dass ich querbeet Klassen 1-9 in Sport, NMM (Natur, Mensch, Mitwelt = Sachkunde), BG (Bildnerisches Gestalten), Flöten, Musik, Deutsch, Mathe unterrichteten durfte. Eine riesige Chance, mal in andere Fächer rein zu schnuppern und sich natürlich auch durch Fortbildungen weiter zu qualifizieren. Die PH bietet hier ein gutes Angebot oft nur für einen kleinen Materialkostenbeitrag. Du merkst dann schnell, in welchen Stufen und Fächern du dich wohl fühlst und welche du in Zukunft lieber meiden möchtest. Das ist aber natürlich kein Muss, es kommt eben drauf an, wo und wofür du dich bewirbst.

Bei den Bewerbungen solltest du auf andere Rechtschreib- und Formatregeln achten (z. B. ss anstatt ß, kein Komma nach der Anrede etc.). Zudem sind in der Schweiz Referenzen von Schulleiter/innen erwünscht. Ausformulierte Zeugnisse, die deine Arbeit an der letzten Schule und deine Lehrerpersönlichkeit beschreibt sind ebenfalls vorteilhaft. Für eine genauere Beratung würde ich aber in die PH oder ins BIZ gehen. (Im BIZ war ich - meine Unterlagen sind ok, aber es gibt bestimmt noch andere Möglichkeiten, so dass du vielleicht einen besseren Start hinlegst als ich:-)).

Ich habe an einem Oberstufenzentrum als Fachlehrerin und in einer Dorfschule als Klassenlehrkraft in Teilung eine Mischklasse (4.5.6.) unterrichtet. Da muss ich sagen, dass ich es in der Dorfschule etwas schwer hatte, von Kollegen, Eltern und auch dann natürlich Schülern als vollwertiges Mitglied der Schule akzeptiert zu werden und es traten grosse Probleme auf - zum einem aus der Schulsituation heraus, aber auch dass man mir mit Vorbehalte als Deutsche gegenüberstand, leider.

An der jetzigen Schule fühl ich mich jedoch sehr herzlich aufgenommen. Die Arbeitsvorraussetzungen, wenn du dann angestellt bist, sind sehr sehr gut. Vertretungsstunden werden voll bezahlt. Du wirst vorher gefragt, ob du vertreten möchtest und kannst. Schulleitungen haben ein offenes Ohr für deine Bedürfnisse und unterstützen dich sehr engagiert. Kollegen fahren nicht so die Ellenbogen aus und sind Teamplayer. Zudem habe ich das Gefühl, nicht nur von den Lehrplänen sondern auch in der Praxis mehr inhaltliche und individuelle Freiräume zu bekommen. Einige Lehrmittel wie z.B. in Math oder Franz sind einheitlich, ansonsten kannst du frei wählen (soweit ich mitbekommen hab). Auch gefällt mir, nicht ständig kontrolliert, bevormundet und unter zeitlichen Druck durch Vergleichsarbeiten zu geraten. Meinen Fähigkeiten wird Vertrauen geschenkt und mein Engagement wird gewürdigt.

Soweit meine Wahrnehmung und Tipps für dich;-) Aber die Fachleute hier in der PHBern können dich da bestimmt auch gut beraten und ansonsten wirst du selbst merken, dass es auch ein bisschen ein kalter Sprung ins Wasser ist, ins Ausland zu gehen und dort in einem fremden Schulsystem zu unterrichten und sich gleichzeitig in seiner neuen Umgebung zurechtfinden zu müssen. Wie gesagt, eine spannende Sache.

Ich wünsche dir viel Neugierde und Aufgeschlossenheit für das Neue, das dich hier in der Schweiz erwarten wird. Ein tolles Land, in das man sich schnell verlieben und an das man sich auch reiben kann. Es kommt eben auch auf die eigene Einstellung an.

In welcher Schulstufe möchtest du denn unterrichten? Und soll es auch in den Kanton Bern gehen?

Es grüsst herzlich Karin

Vielleicht noch interessant für dich:
1 Lektion = 1 Unterrichtsstunde a 45 Minuten, 50 % sind ca. 14 Lektionen
Du kannst dich auf verschiedene Prozente bewerben. Dann kann es sein, dass du nicht alle Tage in der Woche unterrichtest. Du wirst nach deinen Qualifikationen und Berufserfahrung auf eine Gehaltsstufe eingestuft.
Stellen sind öffentlich ausgeschrieben. Auf der Seite www.be.ch kannst du diese gut finden.

Danke Mars für deine Tipps

Meine Unterlagen habe ich bereits überprüfen lassen. Einzelne Schulen hatte ich noch einmal angerufen, um eine Rückmeldung zu erhalten. Als Grund wurden die grosse Anzahl der Bewerber/innen auf eine Stelle angegeben. Manchmal wollten sie zurück anrufen, taten es dann aber nicht. Ziemlich mühsam.