Beschwerde der Klasse über Unterricht einer Lehrperson

Als Schulleiter habe ich von einer Klasse in einem sauber und höflich formulierten Schreiben eine offizielle „Beschwerde“ über eine Lehrperson erhalten. Diese unterrichtet die Klasse in einer Fremdsprache.

Im Wesentlichen schreiben sie darin, dass:

  • sie nicht mehr profitieren können bzw. zu wenig gefördert werden
  • die LP Aussprachfehler mache
  • die Sprache der Lehrperson qualitativ nicht gut sei
  • Lernkontrollen unverständlich oder falsch formuliert seien
  • die Lehrperson der Klasse mehrmals gesagt habe, dass deren Leistungen keinem Gymerniveau entspreche und die SuS nun das Gefühl haben, dass sie nicht gut genug seien

Für mich ist das eine schwierige Situation, da ich nicht sicher bin, ob ich das überhaupt beurteilen kann oder wie ich das mit der Lehrperson besprechen soll.

Wer hat Ideen und Tipps?
Vielen Dank im Voraus :slight_smile:

Lieber Manuel,

Da die Klasse offenbar sorgfältig und fundiert das Gespräch mit Ihnen sucht, sollte sie ernst genommen werden und eine adäquate Antwort erhalten.

Dabei ist es wichtig, die Klasse auch in die Pflicht zu nehmen. Hat die Klasse das Gespräch mit der Lehrperson bereits gesucht? Daher ist die erste Frage an die Klasse: „Habt ihr mit der Lehrperson gesprochen, weiss diese von eurer Kritik?“ Wenn das nicht der Fall ist, soll die Klasse dies machen. Erst wenn das nicht wirkt oder unbefriedigend verläuft, soll die Schülergruppe erneut an die Schulleitung gelangen.

Wichtig ist es, dass Sie vorher noch auf die Lehrperson zugehen und das Gespräch mit dieser suchen. Es ist wichtig, dass die Lehrperson nicht den Eindruck erhält, die Schulleitung diskutiere hinter ihrem Rücken mit Schülerinnen und Schülern über sie. Inhalte dieses ersten Gesprächs könnten sein:

  • Die Lehrperson auf faire Art im Voraus zu informieren.
  • Sicherstellen, dass die Lehrperson den Schülerinnen und Schülern gegenüber angemessen und konstruktiv reagiert.
  • Die sachlichen Vorwürfe an sich thematisieren, mit dem lösungsorientierten Fokus: „Was kannst du tun, was müssen die Schülerinnen und Schüler beitragen, um eine allseitige Zufriedenheit zu erreichen?“

Nach einiger Umsetzungszeit ist eine Standortbestimmung angezeigt, als Zwischenauswertung oder als erfolgreicher Abschluss. Es geht dabei darum, Verbindlichkeit auf beiden Seiten zu schaffen. Beide Seite sollen erleben, dass Sie als Schulleitung Wert auf die Qualität des Unterrichts legen und in die Pflicht nehmen, wer immer dazu etwas beitragen kann. Dies würde auch allfälligen haltlosen Vorwürfen vorbeugen.

Herzliche Grüsse,
Horizont

Lieber Manuel
Schwierige Situation auf verschiedenen Ebenen:
Fachkompetenz der Lehrperson umstritten. Lehrerwahl ohne genaue Überprüfung der fachlichen Qualitäten?
Beim heutigen Lehrermangel nachvollziehbar, Tendenz zunehmend.

Fach durch anderes Fach ersetzen, bis kompetente Lehrperson gefunden. Ansonsten laufen unnötige Psychospiele ab zwischen LP und SuS.

Beziehungsebene:
Negative Zuschreibungen durch LP heute nicht mehr zulässig. Auftrag: Fördern und Fordern, aber sicher nicht stigmatisieren und diskriminieren.

Defizite in der beruflichen Kompetenz der LP, die nicht auf Kosten der SuS ausgetragen werden dürfen.

Beratung/Coaching der LP in Richtung Stufen-und Fachwechsel.

Herzliche Grüsse
jomali

Herzlichen Dank Horizont!

Merci auch dir Jomali!
Rein formell stimme ich dir voll und ganz zu.
Das Problem ist, dass in Sachen Vertrauen, Beziehungsarbeit und Kollegiumsstimmung wohl alles zerrüttet ist, wenn Schulleiter*innen so harsch einschreiten. Selbst mit viel Fingerspitzengefühl bleibt am Ende Misstrauen zurück, welches nicht so schnell wieder gekittet werden kann.
Ansätze sehe ich jedoch - danke für den Hinweis - bei den negativen Zuschreibungen: solche Themen lassen sich sehr wohl und relativ einfach gleich mit dem ganzen Kollegium diskutieren.
Und ja: wirklich gut qualifizierte, teamfähige, engagierte und motivierte LP zu finden ist nicht mehr so einfach!
Beratung/Coaching: stets eine gute Sache - habe ich schon oft empfohlen :slight_smile: