Konflikt mit Schulleitung

Liebes Forum

Seit 10 Jahren arbeite ich an einer Oberstufenschule als Realklassenlehrer. Bis vor zwei Jahren hat mir diese Arbeit auch Spass gemacht. Dann wurde an unserer Schule ein neuer Schulleiter gewählt. Er hat unser Team bald einmal in zwei Lager eingeteilt: in die ihm genehmen und ihm nicht-genehmen Lehrpersonen. Zum zweiten Lager gehöre auch ich.

Nach seinen Unterrichtsbesuchen notiert er viele Kleinigkeiten, die ihm nicht passen, Positives erwähnt er grundsätzlich nicht. Stehen schwierige Elterngespräche an, so verweigert er seine Unterstützung mit den Worten «Du hast ja viel Erfahrung darin.» Und meine letzten zwei Anträge für einen Kurzurlaub (IPB-Bezug) lehnte er kommentarlos ab. Zwei weitere Lehrpersonen aus dem Kollegium erleben es genauso. Aus Gesprächen mit jüngeren Kolleginnen kann ich belegen, dass er mit den Lehrpersonen aus dem ersten Lager einen ganz anderen Umgangston hat.

Bevor ich in Betracht ziehen muss, diese Anstellung zu kündigen - was mir äusserst schwer fallen würde, da ich im Kollegium und im Dorf gut integriert bin – möchte ich vom Forum Ideen erhalten, was ich in dieser Sache unternehmen könnte.

Mit freundlichen Grüssen
Ratsuchender

Liebe/r Ratsuchende/r

Unterrichten ist ein Beziehungsberuf. Verschlechtern sich Beziehungen, gefährdet dies die Arbeitszufriedenheit. Diese einfache Gleichung bezieht sich auf all die verschiedenen Beziehungen innerhalb der Schule, auch die zwischen den Lehrpersonen und der Schulleitung. Und diese scheint bei Ihnen von Beginn weg problematisch zu sein. Gut, dass Sie vor dem letzten Schritt der Kündigung andere Wege finden wollen. Gerne schreibe ich einige auf:

  • Um eine Auslegeordnung zu machen, könnten Sie sich bei einer Beratungsperson der PHBern melden. In einem Gespräch erhalten Sie ein Gehör für Ihre Geschichte mit dem Schulleiter und erhalten professionelle Unterstützung für mögliche Schritte.
  • Sie suchen das Gespräch mit der Schulleitung. Dabei schildern Sie in einem ersten Schritt Ihre Beobachtungen objektiv: nur negative Rückmeldungen, keine Unterstützung bei Elterngesprächen und kommentarloses Verweigern der Urlaubsgesuche. Dann benennen Sie Ihr Gefühle dazu: ich bin verunsichert, fühle mich nicht gestützt, unerwünscht an dieser Schule. Abschliessend können Sie um die Sichtweise der Schulleitung bitten. So werden Sie schnell merken, wie er die Beziehung zu Ihnen sieht.
  • Sie schliessen sich mit den anderen Lehrpersonen des zweiten Lagers zusammen. Gemeinsam verfassen Sie ein Schreiben an die Schulleitung mit ihren Beobachtungen und bringen den Wunsch an, dies einmal mit einer externen Moderation zu besprechen.
  • Sie wenden sich an die Schulkommission und bitten um Klärung.
  • Falls Sie den Eindruck haben, dass die Schulkommission zu sehr Partei ist, können Sie sich auch direkt an das zuständige Inspektorat wenden.

Hier finden Sie zudem das Papier der Bildungs- und Kulturdirektion Beratungsangebote für Lehrpersonen und Schulleitungen zur Prävention und Lösung von Konflikten.
Es zeigt auf, an welche Stelle Sie sich mit welchen Fragen wenden können.

Nun wünsche ich Ihnen viel Mut, die Beziehung mit der Schulleitung zu klären.

Mit freundlichen Grüssen
Kashgar

Guten Tag,

Ich schliesse mich zu 99% der Rückmeldung von Kashgar an. Das 1% verleitet mich aber zu diesem Kommentar.
Der letzte Satz der Empfehlungen kommt bei mir recht komisch an. Meines Erachtens gibt es einen Dienstweg, der sollte an jeder Schule bekannt sein. Je nach dem wie die Schulkommission vor Ort aufgestellt ist, gehört sie dazu oder nicht. Als Anstellungsbehörde der Schulleitung würde ich davon ausgehen, dass praktisch in jedem Fall die Schulkommission in einem solchen Fall nach dem Gespräch mit der SL die erste Anlaufstelle wäre. Die Aussage „Wenn Sie der Meinung sind die SchuKo ist zu sehr Partei“ legitimiere, den Dienstweg nicht einzuhalten, ist für mich sehr problematisch.
Gleiches wäre ja, wenn Eltern mit einer Lehrperson nicht einverstanden sind und dann nach dem Motto „Die Schulleitung deckt eh die Lehrperson“ direkt zum Inspektorat gehen. Das ist nicht nur unprofessionell sondern auch unfair und eine gute Inspektorin / ein guter Inspektor müsste dringend auf den Dienstweg verweisen.

Ich attestiere auch einer Schulkomission, dass sie professionell arbeitet und in einem solchen Fall „nicht Partei ist“ sondern das Anliegen der Lehrperson ernst nimmt wenn die von der SchuKo angestellte SL in Kritik der Lehrperson (oder gar eines Teils des Kollegiums) steht.

Drum - mit ganz Vielem in der Rückmeldung von Kashgar bin ich einverstanden - ich würde es Ihnen genau so empfehlen. Ich würde Ihnen aber nicht empfehlen den Dienstweg zu verletzen, ich denke das wäre kontraproduktiv.

Freundliche Grüsse
Maienkaefer

Lieber Ratsuchender
Gut finde ich, dass Sie Ihre Situation öffentlich darstellen.
Sie können davon ausgehen, dass ihr grundsätzliches Problem weit verbreitet ist im aktuellen Schulsystem.
Hier ein kurzer Textausschnitt aus der Bildungs-und Kulturdirektion des Kantons Bern:
„Definition und Ziele der Personalführung
Ein zentraler Bestandteil des Berufsauftrags der Leitungsperson ist die Personalführung. Die Leitungsperson stärkt Menschen und fördert ihr Potenzial. Motivation, Zufriedenheit und Leistungsbereitschaft der Lehrpersonen sollen erhalten und entwickelt werden“.
Diesem Berufsauftrag wird Ihre Schulleitung klar nicht gerecht.
Und hier können Sie ansetzen: Sie haben Anrecht auf eine Personalführung, die Sie in ihrer beruflichen Tätigkeit stärkt, fördert und motiviert. Notieren Sie ihre Beobachtungen und Erfahrungen und formulieren Sie ihre ergänzenden Erwartungen an die Schulleitung. Beispiele: Ihre Erwartungen an qualifizierte, professionelle Unterrichtsbesuche, wirksame Unterstützung in schwierigen Elterngesprächen.
Als Einzelperson, gemeinsam mit Kollegen, ev mit Anwesenheit einer Vertretung der übergeordneten Schulkommission, des Inspektorats oder der Bildungs-und Kulturdirektion des Kantons Bern. Entscheidend wird sein, dass Sie ein ausgewogenes Machtverhältnis schaffen können. Denn:
Als einzelne Lehrperson haben Sie im bestehenden System ‚geleitete Schulen‘ wenig bis kein institutionelles Gewicht.
Ihre Anstellungsbehörde ist jedoch verpflichtet, Ihnen einen Arbeitsplatz anzubieten, an dem Sie ihren anspruchsvollen beruflichen Auftrag gesetzeskonform umsetzen können. Immerhin bezahlt von der Öffentlichkeit.
Mit freundlichen Grüssen
jomali

Aus:
Leitfaden zur Standortbestimmung und Zielvereinbarung im Rahmen des Mitarbeiterinnen- und Mitarbeitergesprächs (MAG) für Schulleiterinnen und Schulleiter

Ich unterstütze den Einwand von maienkaefer zu den ansonsten sehr guten Tipps von Kashgar.

Die Umgehung des Dienstwegs kann der betroffenen Lehrperson auch als Fehler angelastet werden, was unbedingt zu vermeiden ist.

Vor dem Gang zur Schulkommission oder zum Schulinspektorat würde ich aber auf jeden Fall zuerst das Gespräch mit der Schulleitung suchen. Ich denke, er oder sie sollte die Chance erhalten, sich zu den Vorwürfen zu äussern und die Gelegenheit zu einer Verbesserung der Situation zu ergreifen. Erst wenn das nichts bringt, würde ich weiter gehen.