Milles feuilles nur für starke SuS

Hallo miteinander
Wie kann man gegen die mancherorts offenbar verbreitete Meinung, „Milles feuilles“ sei nur für starke SuS, argumentieren?
Konkret: In meiner dritten Klasse gibt es einen lernschwachen Schüler mit auditiver Beeinträchtigung, sprich, er nimmt über die Ohren viel weniger auf als die „durchschnittlichen“ SuS, so lautet die offizielle Diagnose. Es wurde nun eine Speziallehrkraft u.a. für ihn eingestellt. Ihrer Meinung nach sei aber das Milles feuilles nicht geeignet für den lernschwachen Schüler. Ich hingegen bin anderer Meinung: mit dem Lehrmittel lässt sich prima differenzieren. Und da wir nun gemeinsam am „Karren“ ziehen, in Bezug auf diesen Schüler, brauche ich auch ihre Unterstützung im Sinne einer positiven Einstellung, denn bei diesem spürbaren Widerstände gegen das Lehrmittel kann ja nur schwer etwas Gutes dabei rauskommen, wie ich befürchte. Es kommt mir vor wie eine Self-Fulfilling-Prophecy meiner Spez.lk, gegen die ich plötzlich „anzukämpfen“ habe. Daher zunächst folgende Fragen:

  1. Wenn doch gerade in der dritten Klasse das Hörverständnis im Vordergrund steht, heisst das doch nicht, dass Milles feuilles für einen Schüler mit auditiver Beeinträchtigung nicht geeignet ist?
  2. Was haltet ihr davon: Ich plane ganz einfach für die 4. Klasse, für besagtes Kind einen Plan aufzustellen, auf welchen diejenigen Seiten des Magazins zu finden sind, die für das Kind zu bearbeiten sind (analog der Wochenpläne, die es ja auf er Plattform schon gibt), hier werde ich die Activités weglassen, bei denen es ums Hören und Nachsprechen geht, oder solche Sequenzen alleine planen, sprich das betroffene Kind mit Spez.lehrkraft.
    (Die Eltern des Kindes begleiten ihr Kind natürlich auch sehr eng und wollen wissen, was es in der Schule zu tun hat. Ich habe schon ein paar Male Aufträge für besagtes Kind weggelassen, weil sie für ihn nicht geeignet sind, und beim nächsten Mal kam er und hatte alles mit Hilfe der Mama gehabt.)
    Danke für die wertvolle Unterstützung!

Liebe Helena

Ich gehe nur kurz auf deine allgemeine Frage „Mille feuilles nur für starke SuS?“ ein; auf deinen konkreten Fall (Schüler mit auditiver Beeinträchtigung) sollte meine Kollegin, die kürzlich ein Mille feuilles-Angebot für Audiopädagogen durchgeführt hat, noch eine Rückmeldung geben.
Das Hauptargument, weshalb sich Mille feuilles für verschiedene SuS eignet, ist dasjenige der natürlichen Differenzierung, d.h. es gibt im Lehrmittel sehr viele offene Angebote (Aufgabenstellungen und Materialien), aus denen die Lernenden auswählen können. Die gesteuerte Differenzierung hingegen beinhaltet Massnahmen, welche von der Lehrperson ausgehen - diese kann/soll natürlich die durch das Lehrmittel bereits ermöglichte Differenzierung ergänzen.
Im Handbuch „Mille feuilles - Neue fremdsprachendidaktische Konzepte“ ist dem Thema Differenzierung ein ganzes Kapitel gewidmet, das auch durch verschiedene Beispiele aus Mille feuilles illustriert wird, falls du dazu mehr Hintergrundinformationen möchtest.

Liebe Helena

Differenzierung ist das A und O für Schülerinnen und Schüler mit Lernschwierigkeiten. Das Lehrmittel bietet bei vielen Aktivitäten Zugänge für verschiedene Lerntypen an, was allen Schülerinnen und Schülern zugute kommt, für Kinder mit Lernschwierigkeiten aber besonders wichtig ist. In der 3. und 4. Klasse stehen die meisten Lesetexte auch als Audiotext zur Verfügung. Die Audiotexte dienen als Verstehensstrategie und sind entsprechend langsam und deutlich gesprochen. Im Vordergrund steht für deinen kognitiv schwachen Schüler mit auditiver Beeinträchtigung die Teilhabe am Unterricht, an der Tâche, am gemeinsamen Tun in der Französischlektion. Wichtig sind darum gute sprachliche Modelle, eine einfache und klare Lehrerinnensprache, handlungsbegleitendes Sprechen, damit der Schüler einfache Strukturen, die er gelernt hat, wiedererkennt. Unterstützung bieten auch Visualisierungen und ein bewusster Umgang mit Schrift. Für die Produktion gilt es, genügend Redemittel zur Verfügung zu stellen, sei es gross geschrieben auf Plakaten oder mit Sprechblasen auf dem Pult des Schülers. Ich stelle immer wieder fest, dass Schülerinnen und Schüler mit Lernschwierigkeiten auch anspruchsvollere Aufgaben lösen können, wenn sie nach Interesse wählen dürfen: Motivation ist neben gezielten Differenzierungsmassnahmen ein entscheidender Erfolgsfaktor.

Ich hoffe, die Ausführungen bestärken dich in deinem lösungsorientierten Ansatz.