Ich unterrichte als Heilpädagogin an einer 4. Klasse ein Mädchen (Spracherwerbsstörung, leichte Intelligenzminderung), welches integrativ beschult wird. Wir arbeiten lehrplannah mit gewissen Differenzierungen besonders im NMG und Deutsch. Sie ist fleissig und konzentriert, jedoch sehr unsicher. Letztes Jahr hat sie ein starkes Vermeideverhalten gezeigt, bei etwas schwierigeren Aufgaben. Dies konnten wir gemeinsam abbauen. Sie fragt viel nach (was ja grundsätzlich wünschenswert ist), aber meist kennt sie die Lösung, bzw. möchte, überspitzt gesagt, bei jeder Rechnung vom „Bigeli“, dass man ihr sagt ob es stimmt, bevor sie weitermachen kann. Gerade wenn die Lehrperson alleine ist mit 22 Schülerinnen und Schülern liegt es nicht immer drin, ihr diese Aufmerksamkeit zu schenken. Sie blockiert dann und kann auch nicht mit einer nächsten Aufgabe weitermachen, die sie evtl. lösen könnte.
Meine Interpretation: Sie ist unsicher, hat Angst vor Fehlern, evtl. auch Angst, dass auffällt, dass sie nicht auf dem gleichen Stand ist wie ihre Mitschüler*innen…
Ich würde gerne mit ihr Strategien einüben, damit sie selbstständiger arbeiten kann. Ich versuche beim Feedback z.b. ihr Arbeitsverhalten zu loben, statt die Richtigkeit der gelösten Aufgaben. Aber mir fehlen noch ein paar gute Ideen, wie ich unterstützen kann.
Hallo Honigkuchenpferdchen
Besten Dank für Deine spannende Frage. Als erstes ist zu erwähnen, dass ein Vermeidungsverhalten für das Individuum etwas Gutes ist. Die Person erkennt in einer Aufgabenstellung, dass die Aufgabe nicht einfach so zu lösen ist, sondern eine gewisse Herausforderung darstellt. Nun kommt dazu, dass die Person im Verlaufe der Zeit Erfahrungen mit herausfordernden Situationen gesammelt hat. Werden die Aufgaben trotz den Herausforderungen gut gemeistert, so ist das eine intrinsische Belohnung und wir freuen uns über die gemachte Erfahrung, werden neugierig auf Neues. Können die Aufgaben nicht gelöst werden oder führen aus Sicht der Person nicht zu einem befriedigendem Ergebnis, so möchte die Person diese Erfahrung nicht mehr machen, sie vermeidet die Aufgaben. Aus der Perspektive der Person eigentlich ein gesundes Verhalten, denn sie schützt sich vor den nächsten negativen Erlebnissen.
Hier geben wir aber jetzt nicht auf und bieten folgendes an:
Kurze Sequenzen schaffen und Rhythmisieren damit die Konzentration gewährleistet ist.
Aufgaben mit höchster Erfolgsquote anbieten, damit die Motivation wieder ansteigt und Misserfolge vermieden werden.
Wenn das Kontrollbedürfnis nach jeder Aufgabe so hoch ist, ein System für Selbstkontrolle anbieten.
Deine Idee mit den Strategien zur Selbständigkeit ist prima. Hierbei bietet der TEACCH-Ansatz viele hilfreiche Ideen zum Thema Selbständigkeit. Die PHBern bietet hierzu auch Weiterbildungen an. Vielleicht hilft Dir auch ein Blick in das Buch: Herausforderung Regelschule – Plan B; Tuckermann; Häussler; Lausmann. Zuletzt gibt es unter Pädagogischer Dialog den Film: Hilfen für Orientierung und Integration. Du findest hier.
Vielleicht findest Du hier weitere Ideen, welche Dir weiterhelfen.
Ich wünsche Dir viel Erfolg und grüsse Dich freundlich
Segler