bvSA int.: Warum ist keine Wiederholung eines Schuljahres möglich?

Ich habe ein Kind mit neuer ASS- inkl. ADHS-Diagnose in der Klasse. Es war ein langer Weg und Prozess, welcher bereits zu Beginn der 1.Kl. startete. Leider konnten wir aus diversen Gründen erst seit den Sportferien mit der heilpädagogischen Begleitung starten. Das Hauptproblem ist, dass das Kind sehr oft die Schule verweigert und gar nicht anwesend ist und zuhause viel Überforderung herrscht. Zudem ist er im Bereich der überfachlichen Kompetenzen noch sehr kleinkindlich unterwegs. Sonderschule als passender Ort steht noch im Raum. Die Regelschule wäre aber sicherlich das Ziel und wenn das Kind da wäre, auch durchaus im Rahmen des Möglichen.
Aus unserer Sicht als KLP, SL und IF würde vieles für eine Wiederholung des 2. Schuljahres sprechen: Weniger Lektionen, bekannte Strukturen und Inhalte, fast 50% des Unterrichts gefehlt bisher, keine weitere Fremdsprache, Stärkung des Selbstwertes und richtiger Start mit Begleitung der Heilpädagogin, Kind wird erst Ende Mai noch acht, …
Eine Abklärung bei der Inspektorin hat aber ergeben, dass mit dem Status bvSA keine Wiederholung stattfinden darf. Ich möchte dies gerne verstehen. Warum wird nicht der individuelle Fall geprüft? Ist es eine Kostenfrage…?

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Liebe Zouberfrou

Besten Dank für deine Frage, die bei uns angekommen ist.
Wir haben sie intern der zuständigen Expertin/dem zuständigen Experten weitergeleitet. Eine Antwort folgt so bald als möglich.

Herzliche Grüsse,
Kashgar

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Liebe Zouberfrou
Besten Dank für die Anfrage bezüglich einer Wiederholung der Klasse für ein Kind mit bVSA int Status. Leider ist es für uns nicht möglich dazu konkret Stellung zu nehmen, da uns die Details nicht ausreichend bekannt sind. Wir sehen, dass dieser Fall komplex ist und verschiedene Bereiche angesprochen werden. Dennoch möchten wir zu den einzelnen Punkte kurz Stellung nehmen:

Die Fachberatung Autismus der PHBern verhält sich bei Vorschlägen zur Klassenwiederholung zurückhaltend. Denn nicht die Wiederholung an sich schafft das ideale Umfeld für ein Kind aus dem Autismus-Spektrum (AS), sondern vielmehr eine klare Struktur und eine angepasste, visuelle Darstellung von Abläufen, Zusammenhängen und Lerninhalten. Ist dies gegeben, steht einem Wechsel der Klasse in der Regel nichts im Weg, sofern die erlernten funktionalen Routinen auch im neuen Umfeld angewendet werden. Nicht das Kind muss sich anpassen, sondern die Umwelt passt sich dem Kind an.

Eine Schulverweigerung bei Kindern aus dem AS ist oft ein Signal von Überforderung. Menschen aus dem AS nehmen ihre Umwelt anders und intensiver wahr, daher kann selbst eine vermeintlich ruhige Umgebung zu Reizüberflutung führen. Die Reduktion von Reizen wie Licht, Lärm, Gerüchen u.a., sowie eine vorübergehende Anpassung des Pensums könnten hierbei helfen. Ein langsamer und gezielter Aufbau des Pensums kann äusserst hilfreich sein und grössere Fortschritte bringen als das Ausloten der Grenzen des Möglichen. Allerdings haben wir auch gelesen, dass die Eltern überfordert sind und daher möglicherweise ein höheres Pensum wünschen.

In Bezug auf das Volksschulgesetzt des Kantons Bern haben wir keine spezifischen Bestimmungen zur Wiederholung von Schulklassen im Zusammenhang mit bVSA gefunden. Wir sind jedoch zuversichtlich, dass die zuständige Inspektorin über ein entsprechendes Argumentarium verfügt, und empfehlen Ihnen daher, sich direkt an sie zu wenden.

Wir wünsche gutes Gelingen!

Herzlich
Segler

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Super, vielen Dank für die informative Antwort.

Freundliche Grüsse

Zouberfrou :blush:

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Liebe Zouberfrou

Mich irritiert die Aussage der SI. Das Volksschulgesetz (LexWork) hält in Artikel 21 g explizit fest:
**1 Die Zeit für das Durchlaufen der Volksschule für Kinder mit Bedarf an verstärkten sonderpädagogischen Massnahmen ist im Einzelfall vom Entwicklungsstand der Schülerin oder des Schülers und der anschliessenden Ausbildung abhängig. Sie dauert längstens bis zum vollendeten 20. Lebensjahr.
**2 Den Schülerinnen und Schülern werden periodisch Beurteilungsberichte ausgestellt. Diese sind Entscheidungsgrundlage für die weitere Schulung.

Weiter ist in der Direktionsverordnung (LexWork) unter Artikel 9 festgehalten:
**3 Wird kein anderslautender Entscheid gefällt, treten die Schülerinnen und Schüler ins nächstfolgende Kindergarten- oder Schuljahr über. Vorbehalten bleiben die Absätze 4 und 5.
**4 Am Ende des 2., 4., 5. und 6. Schuljahres auf der Primarstufe und am Ende des 7., 8. und 9. Schuljahres auf der Sekundarstufe I werden ein Beurteilungsbericht abgegeben und ein Entscheid über den Übertritt ins nächste Schuljahr gefällt.
**4a Im besonderen Volksschulangebot
a kann von Absatz 4 abgewichen werden,
b wird in jedem Schuljahr ein Förderbericht abgegeben.
**5 Im Weiteren werden Schullaufbahnentscheide gefällt, sobald es aufgrund der fachlichen oder überfachlichen Kompetenzen, aufgrund des Entwicklungsstands oder aufgrund anderer Umstände angezeigt ist.

Aufgrund dieser gesetzlichen Grundlagen scheint eine Verlängerung des Zyklus 1 durchaus möglich, und im von dir beschriebenen Fall scheint dies auch sehr sinnvoll zu sein.

Mit liebem Gruss
chicas