Die Mutter einer Fünftklässlerin wünscht, dass ich in einem Hörverstehen, in dem die Zahlen von 0-1000 auf Französisch verstanden werden sollen, die Rahmenbedingungen für ihre Tochter anpasse, z.B. den Zahlenraum auf 0-100 beschränke. Das Mädchen hat bisher keine reduzierten Lernziele und die Eltern möchten hinsichtlich Laufbahnentscheid die Option Sekundarniveau offen lassen, obwohl dies im Moment ausser Reichweite liegt.
Besteht im 5./6. Schuljahr eine Möglichkeit für reduzierte Anforderungen ohne riLz?
Besten Dank für eine Antwort, die ich den Eltern kommunizieren kann.
Ich fürchte, diese Anforderung zum Zahlenverstehen anfangs 5. Klasse schiesst übers Ziel und die Eltern sind zurecht verunsichert.
Im Magazin 5.1 steht bei Acitivité F als Lernziel Du lernst weitere Zahlen zu sagen und entdeckst, wie Zahlen gebildet sind. Das gibt einen spielerischen, entdeckenden Rahmen vor, welcher sich bei starken Lernenden gerne bis in den 1000er-Raum ausdehnen kann. Auf Seite 9 steht bei den Objectifs hellgrün viel anspruchsvoller Ich kann die Zahlen von 0 - 1000 verstehen und aussprechen. Komischer Widerspruch im Lehrmittel!? Was soll oder darf nun erwartet werden?
Im Berner Passepartout-Lehrplan Französisch steht auf S. 20 als Grobziel Hören Französisch fürs 5/6 Schuljahr Vertraute alltägliche Ausdrücke und einfache Sätze und Textsorten verstehen, wenn sehr deutlich und langsam gesprochen wird. Zahlen bis 1000 verstehen zu müssen passt nicht in das am Ende 5/6 zu erreichende Sprachniveau A 1.2. Wann und wie weit die Fähigkeiten fürs Verstehen und Sprechen von Französischen Zahlen vorausgesetzt wird, steht übrigens im Passepartout-Lehrplan gar nirgends.
Meiner Meinung sollte Zahlenverstehen auf diesem Niveau nicht im Stile einer gesonderten, prominenten Lernkontrolle geprüft werden, dann wird auch die Frage nach entsprechenden riLz überflüssig.
Was sind gemäss Lehrplan 21 im Fach Französisch auf der fünften Klasse angemessene Erwartungen?
Wie weit können Lehrpersonen die Anforderungen anpassen, ohne dass besondere Massnahmen, reduzierte Lernziele o.ä. vorliegen müssen?
Bei Punkt 1 schliesse ich mich R_Morgy Überlegungen weitgehend an, auch wenn ich Ihre Lernkontrolle in Form eines Hörverstehens nicht kenne. Für den Bereich Sprachhandeln, Hören gilt für die 5.-6. Klasse der Lehrplan Französisch S.26 (Achtung, hier wird nach Harmos gezählt, deshalb steht Schuljahr 7/8), am Ende derer das Niveau A2.1 angestrebt wird, und zwar geht es primär um ein Verstehen in einem Gesamtzusammenhang. D.h. bei einem Hörverstehen können einzelne Zahlen in einen Text eingebettet vorkommen, die Fragen zielen dann aber auf das Verstehen dieses Textes ab, denn das Lernziel/objectif im magazine 5.1 Seite 9 lautet ja «Ich kann einen kurzen, informativen Text verstehen» und «Ich kann einem kurzen Dokumentarfilm einzelne Informationen entnehmen». Beim Lernziel «Ich kann die Zahlen von 0 bis 1000 auf Französisch verstehen und aussprechen» handelt es sich wie im filRouge auf S.29 erklärt um ein Ressourcenziel, das im Sinne der Kompetenzorientierung nicht separat summativ beurteilt werden sollte. Im Sinne einer natürlichen Differenzierung im Unterricht kann dieses wie von R_Morgy angemerkt ehrgeizige Ressourcenziel angepasst werden, d.h. die Kinder können bei Bedarf auf Hilfen zum Verstehen und Aussprechen zurückgreifen.
Damit wären wir bei Punkt 2, dem Spielraum in der Beurteilung ohne von den Vorschriften zur Beurteilung abzuweichen. Dazu sagt die Umsetzungshilfe für Schulleitungen und Lehrpersonen: «Da sowohl die FLUT-Grundsätze bei der Beurteilung als auch Massnahmen zur inneren Differenzierung des Unterrichts den Lehrkräften weitgehende Möglichkeiten eröffnen, niederschwellig und in eigener Kompetenz den Unterricht und die Beurteilung individualisiert zu gestalten, sind in erster Linie diese einzusetzen. So können Lehrerinnen und Lehrer beispielsweise bei Texten, Aufgaben, Zeitvorgaben, der Art der Hilfsmittel oder der Lernkontrollen die individuellen Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler ohne spezielle Bewilligung der Schulleitung berücksichtigen.» (Abschnitt 2.3 des Merkblatts «Informationen zum Abweichen von der DVBS»). D.h. du hast hier durchaus Spielraum, ohne dass zu Massnahmen nach Art. 19 der DVBS oder reduzierten Lernzielen gegriffen werden muss, für welche die Schulleitung und Fachpersonen beigezogen werden müssen.