Meine Schulleitung wird immer diktatorischer. Sie bestimmt zunehmend Dinge, die in unseren Unterricht eingreifen. Was kann ich machen ?
Eine Frage, die hier aus der Praxis gestellt wird, die so nicht ganz einfach zu beantworten ist. Trotzdem versuche ich, einige grundsätzliche Überlegungen zu formulieren.
In den letzten Jahren wurde die Position der Schulleitungen gestärkt. Immer mehr soll diese als eine klare Führung erlebt werden. In grossen Schulen führen immer mehr auch Schulleitungen, die keine oder nur eine kleine Unterrichtsverpflichtung wahrnehmen. Dieser Entwicklung schauen Lehrpersonen mit gemischten Gefühlen entgegen. Einerseits entlastet eine gute Führung die Arbeit von Lehrpersonen, sie fühlen sich gestärkt, unterstützt und getragen. Andererseits verlieren sie an Entscheidungsmacht und Flexibilität, sie müssen den Vorgaben der Schulleitung Folge leisten.
Dieser zweite Aspekt bereitet vor allem Lehrpersonen mit langjähriger Schulerfahrung Schwierigkeiten. Sie sind sich nicht gewohnt, geführt zu werden. All die Jahre war klar, dass sie alleine Entscheide treffen und „den Karren“ auch alleine ziehen. Viele haben das mit Herzblut und Erfolg über Jahre so gelebt. Nun müssen sie sich plötzlich an Vorgaben halten, die Schulleitungen ohne Absprache mit dem Kollegium treffen. Das kann dann sehr schnell als ein diktatorisches Eingreifen in den Schulalltag wahrgenommen werden.
Hier sind die erfahrenen Lehrpersonen gefordert. Sie müssen den Wandel von der grossen beruflichen Freiheit zum Geführt-Werden annehmen lernen und erkennen, wo sie nach wie vor Freiheiten finden und leben können.
Dies ist aber nur ein möglicher Nährboden, der zur gestellten Frage führen kann.
Es gibt verschiedene Führungsstile, von kooperativ bis zu sehr autoritär. Und da kann es tatsächlich passieren, dass eine Schulleitung „diktatorisch“ wirkt. Wenn dem so ist, ist es wichtig, dass die Lehrperson möglichst schnell das Gespräch mit der Schulleitung sucht. Hin und wieder höre ich ängstliche Stimmen: Wird er mir dann nicht kündigen? Nein, ein Gespräch, in dem vom eigenen Unbehagen erzählt wird, darf nie ein Kündigungsgrund sein.
Wenn dieses Gespräch nichts verändert, kann es Sinn machen, sich im Kollegium umzuhören, ob andere den Führungsstil auch als diktatorisch erleben. Als nächster Schritt könnte ein weiteres Gespräch als Gruppe mit der Schulleitung verlangt werden. Dabei darf es nicht um Schuldzuweisungen gehen, sondern wichtig ist, dass Beobachtungen geschildert, die eigene Betroffenheit erwähnt und Wünsche für eine neue Zusammenarbeit aufgezeigt werden.
Verweigert eine Schulleitung einen solchen Schritt, so könnte das Gespräch mit der Schulkommission, dem Inspektorat oder schlussendlich auch mit der Gewerkschaft LEBE in Betracht gezogen werden.
In der Hoffnung, dass dieser letzte Schritt in den Berner Schulen möglichst selten angewendet werden muss, wünsche ich Ihnen als Fragesteller viel Klärung und hoffe, dass andere betroffene Lehrpersonen ihre Wege und ihre Erfahrungen hier veröffentlichen werden.
Kashgar