Doppelter Lohn

Liebes Forum,

Ich habe mir Gedanken zu Stellvertretungen und Halbklassen gemacht.

Angenommen, eine Lehrperson unterrichtet und übernimmt zusätzlich die Stellvertretung einer abwesenden Lehrperson.
Sie selbst unterrichtet nun zur gleichen Zeit an zwei Klassen. Kann sie dafür doppelt Lohn bekommen? Aus meiner Sicht geht das nicht, ich finde es irgendwie „unmoralisch“. Eine klare Antwort habe ich im LAG (bzw. LAV) nicht gefunden.

Es drängen sich noch mehr Fragen auf. Wie würde es beispielsweise aussehen, wenn der Unterricht im Halbklassenunterricht stattfindet (oder Teamteaching)?
Angenommen, eine Lehrperson übernimmt beim Teamteaching die ganze Klasse. Könnte sie eine höhere Entschädigung geltend machen?

Mich würde vor allem die Argumentation aufgrund der gesetzlichen Grundlagen interessieren. Ich freue mich auf Antworten.

Mit freundlichen Grüssen
Samuel Bärtschi

Lieber Samuel

Nach Art. 10 Abs. 1 Bst. b der Verordnung vom 28. März 2007 über die Anstellung der Lehrkräfte (LAV; BSG 430.251.0) erfolgt die Anstellung von Stellvertretungen befristet. Gemäss Art. 11a LAV regelt die Erziehungsdirektion (heute: Bildungs- und Kulturdirektion [BKD]) die Entstehung, die Dauer, das Gehalt und die Beendigung von Anstellungen für Stellvertretungen abweichend von der LAV. Hierzu hat die BKD die Direktionsverordnung vom 15. Juni 2007 über die Anstellung der Lehrkräfte (LADV; BSG 430.251.1) erlassen.

Gemäss Art. 5 Abs. 1 LADV werden Stellvertreterinnen und Stellvertreter, deren Anstellungsverhältnis für bis zu einem Monat eingegangen wird, im Einzellektionenansatz gemäss den Ansätzen im Anhang 1 zur LADV («Beiträge in Franken pro gehaltene Lektion») entschädigt. Stellvertreterinnen und Stellvertreter, deren Anstellungsverhältnis für mehr als einen Monat eingegangen wird, werden für die Zeit, die sie für die Stellvertretung aufwenden müssen, «mit einem Monatsgehalt entschädigt, das demjenigen der übrigen im Monatsgehalt angestellten Lehrkräfte entspricht» (Art. 5 Abs. 2 LADV). Eine Bezahlung des «doppelten Lohns» kann ich unter diesen Umständen nicht erkennen.

Sodann ist «Co-Teaching» gemäss Art. 10a Abs. 1 der Verordnung vom 19. September 2007 über die besonderen Massnahmen in der Volksschule (BMV; BSG 432.271.1) eine klassenorientierte Massnahme, bei der zwei Lehrkräfte den Unterricht gemeinsam vorbereiten, durchführen und auswerten sollen. Im hypothetischen Fall, dass Co-Teaching sozusagen nur auf dem Papier eingesetzt, faktisch aber eine Lehrperson die ganze Klasse übernehmen würde, wäre in erster Linie die angeordnete Massnahme als Ganzes in Frage zu stellen. Dass die «fleissige» Lehrperson einen höheren Lohn verlangen könnte, halte ich für ausgeschlossen.

Liebe Grüsse, der schlaue Bison

Lieber schlauer Bison

Vorab bedanke ich mich für deine Ausführungen. Gerne möchte ich noch konkreter werden.

Das mit den Anstellungsbedingungen ist mir bekannt. Mit „doppeltem Lohn“ meinte ich insbesondere: Eine Lehrperson unterrichtet in einer Lektion gleichzeitig zwei Lektionen und möchte dabei doppelt entschädigt werden. Für die Lektionen „Co-Teaching“ leuchtet mir deine Argumentation ein. Die Massnahme könnte grundsätzlich infrage gestellt werden, wenn eine Lehrperson zusätzlich den Lohn von der kranken Kollegin möchte. Könnte ein ähnliches Argument beigezogen werden, wenn es um „normale“ Lektionen geht?

Liebe Grüsse
Samuel Bärtschi

Lieber Samuel,

ich verstehe nicht ganz, was Du mit folgendem Satz genau meinst: „Eine Lehrperson unterrichtet in einer Lektion gleichzeitig zwei Lektionen“. - Wie kann ich mir das vorstellen?

Liebe Grüsse, der schlaue Bison

Lieber schlauer Bison

Ich meine es wortwörtlich.

Fall 1: Eine Lehrperson unterrichtet RZG und beaufsichtigt parallel eine Prüfung in F.
Fall 2: Der Unterricht findet normalerweise in Halbklassen statt. Notfallmässig werden die Halbklassen (2 Lektionen) zusammengelegt. Genau eine Lehrperson unterrichtet die Klasse (beiden Halbklassen).
Fall 3: In einer „Co-Teaching“-Lektion fällt eine Lehrperson aus. Eine Lehrperson übernimmt die Lektion.

In allen Fällen unterrichtet die Lehrperson „doppelt“ und möchte nun für ihren zusätzlichen Aufwand entlöhnt werden. Ich bin mir bewusst, dass das sicher nicht geht. Trotzdem würde mich das theoretische Argument interessieren. Ich hoffe, meine Gedanken sind verständlich.

Liebe Grüsse
Samuel Bärtschi

Ich denke, es wäre theoretisch möglich, dieselbe Lektion zwei Mal bezahlt zu bekommen. Einmal als reguläre Lehrperson der Halbklasse 1 und einmal als Stellvertretung für die Lehrperson der Halbklasse 2.

Dass der Kanton dies für zulässig hält, ist meiner Meinung nach ausgeschlossen. Aber: Woher soll er die Umstände kennen? Hier müsste die Schulleitung, welche die Stellvertretung bewilligt einschreiten.

Warum sollte die LP eigentlich nicht doppelt bezahlt werden? Sir übernimmt ja auch spontan mehr Arbeit - springt ein für eine abwesende LP. Was würde passieren, wenn niemand mehr einspringen würde?

Wenn wir solche Vertretungen übernehmen, arbeiten wir also einfach so kostenlos - weil es von uns erwartet wird?

Lieber Samuel,

ich denke, dass man hier in erster Linie damit argumentieren müsste, dass die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber in der Schweiz dazu verpflichtet sind, Lohn zu entrichten, der nach Zeitabschnitten bemessen (Zeitlohn) oder als Leistungs- bzw. Akkordlohn ausgestaltet ist (vgl. Art. 319 Abs. 1 OR). Das bernische Personalrecht (inkl. Lehrpersonenanstellungsrecht) ist hier keine Ausnahme: Grundsätzlich wird Zeitlohn („Monatslohn“) entrichtet, wobei es einen individuellen Gehaltsaufstieg nach Massgabe der periodischen Leistungs- und Verhaltensbeurteilung („MAG“) gibt (Leistungslohn); für Lehrpersonen gibt es freilich keine (gehaltsrelevante) Leistungs- und Verhaltensbeurteilung.

Ich würde mithin sagen, dass eine Lektion eine Lektion bleibt, auch wenn sie - warum auch immer - ausnahmsweise mal „intensiver“ ausfällt bzw. „anstrengender“ ist als im Regelfall.

Liebe Grüsse, der schlaue Bison