In letzter Zeit gerate ich öfters in Diskussionen, ob und was eine abnehmende Stufe von der Abgebenden erwarten darf. Also z.B. ob eine LP der 1. Klasse von der LP aus dem KiGa erwarten darf, dass die Kinder alle bis 20 zählen können. Oder dass eine LP aus der Sek I im Französischunterricht von der 6. Klasse fordern darf, dass alle SuS die Verben avoir und être fehlerfrei konjugieren und anwenden können. Ich argumentiere dann, dass die Lernziele vom LP 21 gegeben sind, stosse dabei aber immer wieder mal auf Kritik. Im Lehrplan sowie in der DVBS finde ich nichts dazu. Wer weiss da mehr?
Liebe/r Nanine,
die Frage, welche Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern beim Übergang zwischen Zyklen erwartet werden dürfen, muss immer im Kontext der am Zyklusende definierten Ziele des Lehrplans21 betrachtet werden.
Klare Orientierung: Ziele des Lehrplans 21 am Zyklusende
Der Lehrplan 21 definiert, dass die Schülerinnen und Schüler am Ende eines Zyklus bestimmte Kompetenzen entwickelt haben sollen – nicht zwingend davor.
- Fremdsprachen im Zyklus 2: Am Ende des Zyklus 2 (nach der 6. Klasse) steht im Lehrplan: „können beim Sprechen und Schreiben einige einfache grammatische Strukturen verwenden, machen dabei aber noch Fehler (z. B. Konjugationsformen wichtiger Verben, Personalpronomen in Subjektstellung, einfache Fragen mit Fragewort).“
Dies bedeutet, dass Schülerinnen und Schüler avoir und être sowie andere wichtige Strukturen zwar anwenden können sollen, aber Fehler in der Konjugation oder Grammatik weiterhin zulässig sind. Perfektion wird ausdrücklich nicht gefordert. - Mathematik im Zyklus 1: Analog dazu steht für Mathematik im Zyklus 1: „können im Zahlenraum bis 20 von beliebigen Zahlen aus vorwärts und rückwärts zählen.“ Dieses Ziel ist für das Ende des Zyklus 1 formuliert, nicht für den Abschluss des Kindergartens allein.
Bedeutung der Progression
Die Kompetenzbeschreibungen des Lehrplans 21 sind auf eine schrittweise Entwicklung über mehrere Jahre ausgelegt. Dabei gilt:
- Die abgebende Stufe ist dafür verantwortlich, die Grundlagen für die Kompetenzziele am Zyklusende zu legen.
- Die übernehmende Stufe übernimmt die Verantwortung, diese Kompetenzen bis zum Zyklusende weiterzuentwickeln.
Das Ziel ist nicht, dass alle Schülerinnen und Schüler bei jedem Stufenübergang einheitlich das gleiche Niveau erreicht haben, sondern dass die Kompetenzen am Ende des Zyklus erkennbar und erweiterbar sind.
Zusammenarbeit zwischen Stufen für realistische Erwartungen
Damit Übergänge gelingen, braucht es:
- Klare Absprachen: Lehrpersonen der betroffenen Stufen sollten sich über die Ziele des Lehrplans und den Entwicklungsstand der Schülerinnen und Schüler austauschen.
- Fokus auf Zyklusziele: Die Diskussion über Erwartungen sollte sich konsequent an den Kompetenzbeschreibungen am Zyklusende orientieren. Dabei ist zu betonen, dass der Lehrplan individuelle Fehler und Entwicklungsschritte bewusst einkalkuliert.
- Akzeptanz von Differenzen: Lehrpersonen der übernehmenden Stufe sollten verstehen, dass nicht alle Schülerinnen und Schüler zum Zeitpunkt des Übergangs dieselben Teilziele gleich sicher beherrschen. Diese Vielfalt ist Teil eines förderorientierten Systems.
Ich hoffe, das hilft dir weiter!
Liebe Grüsse
Carambar