Franzwörtli lernen mit einer LRS

Ich unterrichte an einer 4. Klasse Französisch. In der Klasse hat es Kinder, die unter den erschwerten Bedingungen einer LRS arbeiten (z.T. zusätzlich zu einem ADHS). Ich gebe den Kindern wöchentlich 8 neue Karteikarten (bereits bedruckt auf dickerem Papier), die sie auf die nächste Woche lernen sollen.
Ich sehe zwar, dass diese Vorbereitung für diese Kinder noch zu wenig ist, weiss aber nicht, was ich am besten zusätzlich vorbereiten/bearbeiten kann, um es für sie einfacher zu machen.
Neu habe ich angefangen, die Wörtli aufzunehmen und sie zur Verfügung zu stellen. Dabei spreche ich ganz langsam, einmal französich, dann deutsch, dann 1x französisch, 1xso wie man es schreibt, 1xfranzösisch und nochmals deutsch (ergibt ca. 3 Min).
Hier meine Fragen:
Ist es sinnvoll, ihm die Karten mit Silbenbögen (in deutsch und französisch) zu ergänzen? Ist das Aufnehmen der Wörtli hilfreich? Kennen Sie gute Lernmethode, die beim Lernen mit einer LRS und eines ADHS helfen könnten?
Vielen Dank.

Hallo danizweiacker

Ich bin ein grosser Freund des Online-Lerntools „Quizlet“ https://quizlet.com - auch für Jugendliche mit Schwächen. Es kann kostenfrei auf Computer, Tablet oder Smartphone verwendet werden. Es hat unter anderem die Funktion, zu lernende Wörtli vorsprechen zu können - in (fast immer) korrektem, schönem Französisch. Je nach Schwäche der Kids kann man vorgeben, in welchem Modus geübt werden soll. Lernen - Karteikarten - Schreiben. Es gibt schon viele erfasste Lernsets für Mille Feuilles. Gerade deswegen muss man als Lerhperson die Lernsets (kontrollieren und) auswählen und vorgeben, mit denen geübt werden soll. Mit einem Lehrerkonto können Kurse mit den ausgewählten Lernsets für die Klassen angeboten werden und dazu der Überblick gehalten werden, wie viel gelernt wird und wo Fehler gemacht werden. Vielleicht wäre das etwas…

Guten Nachmittag R_Morgy

Vielen Dank für den Tipp. Quizlet kenne ich, bin aber nicht sehr überzeugt davon. Es hat nicht wie z.B. bei Phase6 die Möglichkeit, zu lernende Wörter aus einem Pot auszuwählen und wenn man ein Wort sehr gut kann (nach 6Phasen) ins Archiv zu befördern. Ich werde es aber trotzdem mal versuchen.
Wie sieht es mit anderen Hilfestellungen aus (ohne Elektronik)? z.B. mit den Silbenbogen? Gibt’s etwas Empfehlenswertes/Unterstützendes?

Guten Tag danizweiacker

Sie haben schon einige Massnahmen bereitgestellt, die Kinder mit LRS und auch ADHS helfen können - vorausgesetzt, die Kinder haben gelernt, wie sie mit den Karten und den Audiodateien arbeiten müssen, um sich erfolgreich die Wörter zu merken. Bevor Sie weitere Unterstützungsmassnahmen ergreifen (auf die Silbenbogen gehe ich unten noch ein), helfen möglicherweise einige grundsätzliche Überlegungen: Was braucht es, damit ein Kind ein Französischwort bzw. ein Redemittel mündlich verwenden kann? Was braucht es ausserdem für die korrekte Rechtschreibung (und wann ist die wichtig)?
Die beiden Ziele von Anfang an miteinander zu verknüpfen, ist eine grosse Herausforderung, gerade auch für Kinder mit LRS. Ausserdem ist die korrekte Rechtschreibung im Lehrplan für die ersten Jahre ja noch nicht vorgesehen. Es lohnt sich für das Sprachlernen trotzdem, wenn sich die Kinder mit der Verschriftung von Französisch auseinandersetzen. Es lohnt sich aber auch, gerade beim Wortlernen, Ziele differenziert anzustreben.
Also, was braucht das Kind, damit es Wörter bzw. Redemittel produktiv verwenden kann (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

  • Das Kind hat die Wörter / Redemittel in Handlungszusammenhängen erfahren und ihre Bedeutung erfasst. Später genügt die deutsche Übersetzung, um die Bedeutung aufzurufen. Die Wörter sollten also im Unterricht in Handlungszusammenhängen erarbeitet werden, bevor sie in die Lernkartei kommen.
  • Das Kind hat die Wortform klar erkannt und abgespeichert. Hier hilft es, das Wort oft in guter Aussprache zu hören (Ihre Audioaufnahme ist für diesen Schritt sehr hilfreich!). Schrift kann dabei helfen, die Abfolge der Laute zu analysieren und sich zu merken. Wenn das Wort noch gar nicht gespeichert ist, können die Hinweise zum korrekten Schreiben (also so aussprechen, wie man es schreibt) jedoch verwirrend sein, weil das die Vorstellung davon, wie das Wort klingen soll, durcheinanderbringen kann.
  • Das Kind hat das Wort selber häufig ausgesprochen und weiss dabei, was es bedeutet. So wird das Wort automatisiert. Spiele, bei denen die Wörter häufig verwendet werden oder die Arbeit mit einer Lernkartei sind dazu sehr geeignet.
  • Das Kind weiss, wozu es diese Wörter lernt. Motivation ist zentral, und Erfolgserlebnisse sind der Schlüssel zu weiterem Erfolg.

Wenn das Kind die Wörter nicht nur beim Abfragen, sondern auch in neuen Situationen verwenden können soll, dann braucht es sogar noch mehr.

  • Das Kind hat das Wort in verschiedenen Kommunikationszusammenhängen gehört (und eventuell gelesen) und erkannt, wann und wie man es gebrauchen kann. Und es hat das Wort selber in verschiedenen Zusammenhängen gebraucht.

Und schliesslich soll das Kind die korrekte Schreibweise lernen, entweder mit auswendig lernen (hohe Belastung für die Merkfähigkeit) oder mit Regeln, wie man Französisch korrekt schreibt. Beides ist für Kinder mit LRS aufwändig und anspruchsvoll. Diese Ebene sollte aber nicht ausschlaggebend dafür sein, dass die Kinder von sich denken, dass sie keine Wörter – oder noch schlimmer – kein Französisch können. Eventuell wäre deshalb auch ein Nachteilsausgleich zu bedenken.

Es ist also wichtig jeweils zu definieren, welche Ziele die Kinder beim Wortlernen schrittweise erreichen sollen.
Die Silbenbogen, die Sie vorschlagen, können hilfreich sein, um die Wörter zu rhythmisieren und so die Wortform zu klären (wenn sie gut eingeführt sind). Das kann beim Abspeichern helfen. Damit die Kinder die Wörter auch produktiv verwenden können und erst noch in neuen Situationen, dazu braucht es auch die anderen erwähnten Aspekte. Das alles braucht viel Zeit und Ausdauer.
Meine Antwort ist etwas lange geworden, ich hoffe, sie hilft trotzdem weiter!
Herzliche Grüsse

Mirandolina

Guten Abend Mirandolina
Eine wohltuende Antwort. Damit kann ich arbeiten. Vielleicht frage ich später nochmals nach. Vielen Dank.

Schülerinnen und Schüler haben verschiedene Möglichkeiten, in ihrer PLE Lernkarten selbst zu produzieren oder ihr eigenes WLL zu betreiben.

Freundliche Grüsse
Beat Rüedi
c/o LERNEN UNTERWEGS