Weshalb wird der Klassenwortschatz aus Mille feuilles / Clin d’oeil je nach Lehrperson / Schule unterschiedlich vermittelt?
Liebe Schreibtischtäterin
Ich werde versuchen, deine Frage zu beantworten, indem ich verschiedene Kategorien von Wortschatz unterscheide:
Als „Klassenwortschatz“ bezeichnen die AutorInnen von Mille feuilles und Clin d’oeil den thematischen Wortschatz pro parcours, der im Prinzip verbindlich ist, da er für die Arbeit in den activités und der tâche benötigt wird. Er ist in der Revue unter „Unser Klassenwortschatz“ (Mille feuilles) respektive „Vocabulaire de classe“ (Clin d’oeil) abgebildet und müsste deshalb eigentlich von Lehrperson/Schule unabhängig sein.
Dazu kann noch zusätzlicher thematischer Wortschatz kommen, der von den AutorInnen des Lehrmittels als individueller Wortschatz gedacht ist. Die Lehrperson kann aber auch eine gewisse Steuerung vornehmen, indem sie z.B. die ganze Klasse einige Wendungen hinzufügen lässt, die sich bei der Bearbeitung des parcours aufdrängen. Dieser zusätzliche Wortschatz ist also schüler- oder auch klassenspezifisch, er wird sich aber meistens auf einige zusätzliche Ausdrücke beschränken. Von längeren zusätzlichen obligatorischen Wortlisten raten wir ab.
Drittens gibt es den Wortschatz-Bereich, den wir „langage de classe“ nennen, und der sich vom „Klassenwortschatz“, wie er von den Lehrmittel-AutorInnen definiert wird, unterscheidet. Es handelt um die Ausdrücke/Wendungen, welche die SchülerInnen und die Lehrperson brauchen, um sich im Klassenzimmer auf Französisch zu verständigen, z.B. Anweisungen (ouvrez le magazine), Spielwortschatz (c’est ton tour) u.ä. Also eine Art schulspezifischer Alltagswortschatz. Dieser ist in jeder Revue unter „Consignes“ und „Nous parlons français!“ aufgeführt, kann/soll aber situativ von der Lehrperson und Klasse ergänzt werden, wenn sie feststellen, dass gewisse Ausdrücke, die sie brauchen, um sich im Klassenzimmer auf Französisch auszutauschen, fehlen. Dazu gehören auch das Alphabet, Zahlen, Farben, Zeitangaben (Uhrzeit, Wochentag, Monate, …), die vom Lehrmittel nicht systematisch eingeführt werden, die aber zum Schulalltag gehören und eine Basis bilden, die über die Schuljahre hinweg bedeutsam bleibt. Dieser „langage de classe“ wird sich von einer Lehrperson/Schule zur anderen nicht gross unterscheiden, da er sich ganz natürlich aus der Interaktion im Klassenzimmer ergibt. Dies bedingt aber, dass die Lehrperson dessen Bedeutung erkennt und mit der Klasse daran arbeitet, obwohl das Lehrmittel kaum dazu anleitet!
Und viertens gibt es noch so etwas wie einen allgemeinen (Alltags)Wortschatz, der in ausserschulischen Alltagssituation (z.B. einkaufen, telefonieren) zum Tragen kommt. Dieser Wortschatz kommt zwar teilweise in den magazines vor, ist aber über die parcours/Themen verstreut und wenig spürbar. Deshalb haben Lehrpersonen/Schulen diesen teilweise separat eingeführt und über altbekannte Rollenspiele geübt; hier kann es also zu gewissen Unterschieden zwischen Lehrpersonen/Schulen kommen. Die Rubrik „On bavarde“ in Clin d’oeil 8 nimmt nun solche Alltagssituationen auf und verweist auf den dazugehörigen Wortschatz.
Ich hoffe, meine Ausführungen haben deine Frage zumindest teilweise geklärt und freue mich auf eine Rückmeldung, auch in Form von Rückfragen!
Liebe coccinelle
Vielen Dank für diese ausführliche und hilfreiche Antwort. Ich hätte dazu noch eine Anschlussfrage: Auf was für Material können die Lehrpersonen zurückgreifen um die Schülerinnen und Schüler den Wortschatz üben zu lassen?“
Liebe Schreibtischtäterin
Vielen Dank für deine Rückfrage; ich werde zur Beantwortung nochmals von den verschiedenen Wortschatzkategorien, wie ich sie in meiner ersten Antwort skizziert habe, ausgehen.
Für den Klassenwortschatz gibt es den fichier électronique; am besten man lädt die neueste Version ab der Plattform von Clin d’oeil herunter und setzt diese ein (dort ist im Moment alles drauf von mf 3 bis cdo 8.2 und man kann auswählen): http://www.clin-doeil.ch/start/fichier. Zudem hat der Schulverlag verschiedene Spielideen, um mit dem klassischen Fichier (Wortkarten in Papierform) den Wortschatz zu wiederholen, zusammengestellt. Diese Ideen sind auch einzeln auf Postenkarten aufbereitet worden (auf der Mille feuilles-Plattform zu finden unter Lehrperson → Postenarbeit → Activités fichier → „Posten activités fichier“). Zusätzlich kann der Wortschatz auch z.B. via quizlet (quizlet.com) geübt werden (mit div. spielerischen Übungsformen), und mit quizlet kann man auch gut die Beziehung Schriftbild-Aussprache festigen. Der Wortschatz von mf/cdo ist dort bereits vorhanden, weil er bereits von diversen Lehrpersonen eingegeben wurde, muss man dann einfach schauen, ob bei der Eingabe keine Fehler passiert sind. Das gleiche gilt für diverse Wortschatzübungen, die von Lehrpersonen zu Mille feuilles / Clin d’oeil erstellt und z.B. unter learningapps.com zu finden sind.
Für den zusätzlichen thematischen Wortschatz müssen selber Karten (Papier oder elektronisch) erstellt werden, da dieser ja individuell resp. klassenspezifisch ist, das sollte aber von der Menge her sehr überschaubar sein.
Beim langage de classe trägt die Lehrperson – wie bisher auch mit Bonne Chance – die grösste Verantwortung. Das meiste, das man braucht, ist zwar in der Revue des jeweiligen Schuljahres aufgeführt, die magazines bieten aber wenig Übungsmöglichkeiten an. Deshalb liegt es an der Lehrperson, solche immer wieder einzubauen, am besten über kleine Rituale beim Einstieg (wie man das im Kindergarten/anfangs Prim mit den Kinder macht), über kleine Spiele etc. Denn dieser Wortschatz ist nicht im fichier électronique erfasst. Hingegen findet man den langage de classe aus der Revue als Text in Form von Sprechblasen in pdf-Format ausdruckbar fürs Klassenzimmer sowie die dazugehörigen mp3-files zum Anhören und Nachsprechen, alles herunterladbar auf der Plattform von Mille feuilles unter dem Reiter „Lehrperson“ und dann „Downloads“ plus das jeweilige Magazine auswählen → letzte Rubrik „Revue“. Und dann ist es natürlich wichtig, dass der Unterricht so weit als möglich in der Zielsprache (Französisch) stattfindet, so dass dieser Wortschatz über die tägliche Anwendung im Schulalltag aufgenommen wird.
Betreffend des Alltagswortschatzes ist, wie oben erwähnt, in Clin d’oeil 8 neu die Rubrik „on bavarde“ erfasst und leitet zum Üben via Rollenspiele an, diese können auch auf der 7. Klasse eingesetzt werden. Auf der Primarstufe wird dieser Wortschatz nicht separat erfasst und geübt, Grundlegendes wie z.B. „sich und seine Familie und Hobbies vorstellen“ kommt jedoch vor (parcours „Je me présente“ in Mille feuilles 3), und andere Dinge wie z.B. ein Hotelzimmer auf Französisch buchen betreffen Situationen, die nicht zum Alltag eines/r Primarschülers/in gehören.
Es sind also bereits ziemlich viele Hilfsmittel vorhanden, und das Thema Umgang mit Wortschatz inkl. Übungsmöglichkeiten wird in der Passepartout-Weiterbildung (Kurse und Praxistreffs) eingehend behandelt.
Ich hoffe, du bist ob der Vielfalt an Möglichkeiten er- und nicht entmutigt und hast evtl. sogar etwas Neues darin für dich entdeckt… Bin auch gespannt auf weitere Tipps zum Thema Wortschatz üben!
Hallo Schreibtischtäterin
Ich unterrichte an der Oberstufe seit 20 Jahren mit Bonne Chance und jetzt im ersten Druchgang mit dem neuen Lehrmittel und habe als Vorbereitung die entsprechende Weiterbildung besucht.
Auf deine erste Frage möchte ich in Kürzestform sagen:
Weil das neue Lehrmittel viel weniger didaktisiert ist als etwa Bonne Chance. Vereinfacht gesagt wird hauptsächelich das WAS vorgegeben, das WIE ist den Lehrpersonen überlassen. Im Fil Rouge gibt es zwar didaktische Hinweise, aber die sind eher theoretischer Art.
Also muss/darf/soll jede Lehrperson selber entscheiden, was sinnvollerweise genau mit dem Klassenwortschatz zu machen ist. Und da gehen die Meinungen und Handhabungen eben auseinander.
www.quizlet.com Auf deine zweite Frage möchte ich empfehlend hinweisen auf
Das ist in erster Linie eine Lernplattform, auf welcher User tausende von Lernsets erstellen und veröffentlichen, mit denen auch andere User üben können. Von Mille Feuilles und Clin d’oeil findet man fast alles. Allerdings in allen möglichen Varianten, weil nicht der Schulverlag dort den Wortschatz zur Verfügung stellt. (Beim neuen Englischlehrmittel tut es der Klettverlag löblicherweise) Das Positive ist, dass es auch Quizlet-Apps für iPad, iPhone, Tablet und jedes Smartphone gibt. Damit können Schülerinnen und Schüler auf ihren Geärten üben. Auch unterwegs und offline und mit Audio und spielerisch. Und wenn ich mir einen Quizlet-Lehreraccount leiste (jährlich etwa 40$), kann ich meinen Klassen die Lernsets tadellos geordnet zur Verfügung stellen. (Manche kann ich 1:1 übernehmen, andere will ich leicht abändern und manchmal will/muss ich ein Lernset ganz selber eintippen). Und jetzt kommt der für mich effektivste Nutzen: Ich kann mit einem Lehrer-Account einsehen, ob meine Schülerinnen und Schüler auch tatsächlich üben, wie oft sie üben und wo sie Fehler machen. So kann mir niemand bloss vormachen, regelmässig Klassenwortschatz zu üben. Wenn du konkret meine Lernsets sehen möchtest, maile mir an morg@bluewin.ch, dann verweise ich dich auf meinen Quizlet-Account.
Beste Grüsse
R_Morgy
Die ursprüngliche Frage bleibt für mich noch nicht ganz beantwortet:
Ich unterrichte an der Mittelstufe und ich habe leider bis jetzt noch keine verbindliche Angabe darüber gefunden, in welcher Qualität die SuS an der Oberstufe dann den Klassenwortschatz beherrschen sollen. Sollen sie ihn einfach verstehen oder schriftlich perfekt von Deutsch ins Französisch übersetzen können?
Die gleiche Frage gilt für mich auch bezüglich „consignes“ und „nous parlons français“. Soweit ich beobachten kann, wird das sowohl in der Mittelstufe als auch in der Oberstufe sehr unterschiedlich gehandhabt.
Lieber Anonymer
Bitte entschuldige die späte Antwort, und danke fürs Nachhaken, denn die Handhabung in der Praxis ist tatsächlich sehr vielfältig. Gehe ich richtig in der Annahme, dass du als Mittelschullehrperson wissen möchtest, ob das, was du von deinen SchülerInnen verlangst bezüglich Wortschatz, anschliessend für die Oberstufe genügt?
Ich gehe mit R_Morgys Feststellung, dass Mille feuilles/Clin d’oeil wenig(er) didaktisiert, einig, und es gibt auf jeden Fall einen gewissen Handlungsspielraum für die Lehrperson. Andererseits gibt es durchaus auch Grenzen, wenn man den Lehrplan und die hinter dem Lehrmittel stehende Didaktik ernst nimmt: Das „einfach verstehen“ reicht sicher nicht aus, das „schriftlich perfekt von Deutsch ins Französisch übersetzen können“ liegt aber auch ziemlich weit daneben, da es nicht darum geht, irgendetwas zu übersetzen (weder Einzelwörter noch ganze Sätze), und auch die Perfektion steht nicht im Vordergrund. Es gilt die Kompetenzorientierung, d.h. die Schülerinnen und Schüler müssen den Wortschatz in einem Kontext anwenden können, z.B. um eine tâche am Ende eines parcours zu lösen (Bsp. Cdo 7.1: eine Erfindung beschreiben).
Grundsätzlich sollten die die Schülerinnen und Schüler den Klassenwortschatz bis am Ende eines parcours sowohl rezeptiv als auch produktiv beherrschen, mündlich und schriftlich, d.h. dieser muss gelernt und in verschiedenen Formen geübt werden, auch im Hinblick darauf, dass die Aussprache und die Schreibweise möglichst korrekt sind (letzteres ist ein Prozess, der in der 3. Klasse mit korrektem Abschreiben beginnt). Diese Wörter können im Rahmen einer formativen Beurteilung auch abgefragt werden (mündlich und/oder schriftlich), damit die SuS eine Rückmeldung dazu erhalten, wo sie in ihren Wortschatzlernen stehen. Eine summative Beurteilung hingegen sollte hingegen möglichst in Form einer komplexen Aufgabe erfolgen, welche die SuS zu lösen haben. Dafür werden sie in der Regel mehrere Fertigkeiten (Hören, Lesen, Sprechen, Schreiben) benötigen und verschiedene Sprachmittel (Wortschatz, Grammatik, …), d.h. der Wortschatz wird nicht separat überprüft, aber ohne Wortschatz werden die SuS die Aufgabe nicht lösen können. Solche Prüfungsaufgaben werden vom Schulverlag in Form der „summativen Lernkontrollen“ zur Verfügung gestellt, und sowohl bei der Beurteilung dieser Lernkontrollen als auch bei der Beurteilung der tâches (Produktebeurteilung) braucht es Kriterienraster, die auch den Wortschatz berücksichtigen: Ist der Wortschatz soweit vorhanden, dass der/die SuS die Aufgabe lösen kann (d.h. Text mündl/schriftl. versteht und/oder mündl/schriftl. produzieren kann)? Ist der Wortschatz mehr oder weniger präzis, reichhaltig, korrekt (geschrieben/ausgesprochen)? Der Schulverlag stellt solche Raster sowohl für die summativen Lernkontrollen als auch für die tâches zur Verfügung, und auf dem Fächernet finden sich auch beispielhaft Kriterienraster für die Beurteilung einer tâche.
Soweit mal die Idee über eine kürzere Zeitspanne (ein Parcours). Wie steht es nun über eine längere Zeitspanne aus, also z.B. wenn die Schülerinnen und Schüler nach vier Jahren Französisch in die Sekundarstufe kommen? Da ist es doch sehr wahrscheinlich, dass sie Wörter des Klassenwortschatzes, die sie länger nicht mehr benutzt haben, wieder vergessen haben. Deshalb: Für die Lehrperson bedeutet dies, dass der Wortschatz repetiert werden muss, und zwar am besten auf spielerische Art (dazu z.B. die Fichier-Spiele). Weil dies aber im zeitlich gegebenen Rahmen nur begrenzt möglich ist, kann auch eine Gewichtung vorgenommen werden; einige Wörter im Klassenwortschatz sind zwar für die Bearbeitung des Inputs oder der tâche des parcours x wichtig, sind aber nicht unbedingt von hohem Gebrauchswert und können die Schülerinnen und Schüler getrost wieder vergessen. Anderen Ausdrücken hingegen (wie z.B. „j’aimerais un/une…“) werden die Schülerinnen und Schülerinnen immer wieder begegnen und gehören zum Grundwortschatz. Diese Gewichtung vorzunehmen ist mit ein wenig Erfahrung nicht schwierig, als Orientierungshilfe kann jedoch neu auch die Übersicht verschiedener Themen benutzt werden, die man in der Revue zu Clin d’oeil 8.1. unter der Rubrik „Je parle français!“ findet, dort ist bei jedem Thema (z.B. „sich vorstellen“) angegeben, in welchen parcours (von Mille feuilles 3 bis Clin d’oeil 8) man dazu Wortschatz findet (s. Anhang zu meiner Antwort).
Was die „consignes“ und die Ausdrücke der Rubrik „nous parlons français“ betrifft, gilt das gleiche, d.h. das Ziel ist die Anwendung dieses Wortschatzes in einem sinnvollen Kontext. Die „consignes“ sollen ja ermöglichen, die Anleitungen im Lehrmittel (schriftlich/mündlich) sowie die Anweisungen der Lehrperson zu verstehen, aber auch MitschülerInnen Anweisungen zu geben und deren Anweisungen zu verstehen. Bei „nous parlons français“ geht es darum, Kommunikationssituationen v.a. im Klassenzimmer auf Französisch bestreiten zu können (verstehen und antworten). Dieser Wortschatz ist zentral, damit der Unterricht möglichst auf Französisch stattfinden kann, denn sonst werden sowohl die Lehrpersonen als auch die SuS immer wieder auf die Schulsprache zurückgreifen (müssen), um sich zu verständigen, und auch eine selbständige Arbeit mit dem Lehrmittel wird kaum möglich sein. Deshalb sollte dieser Wortschatz unbedingt gelernt und in verschiedenen Formen angewendet werden, eine Überprüfung erfolgt aber oft ganz natürlich im Unterricht: Ob es einem Schüler/einer Schülerin möglichst oft gelingt, Anweisungen zu verstehen oder sich auch in Gruppenarbeit auf Französisch zu verständigen, ist für die Lehrperson relativ leicht festzustellen.
Wenn nun also z.T. (wie vernommen) in den ersten Wochen der 7. Klasse gleich mal eine Maxi-Prüfung durchgeführt wird, in welcher der ganze Klassenwortschatz von Milles feuilles 3-6 abgefragt wird, und dann noch jedes Wort orthografisch perfekt geschrieben, ist das für alle Betroffenen frustrierend, widerspricht der Didaktik und dem Lehrplan, und auch dem gesunden Menschenverstand. Natürlich interessiert es mich als Lehrperson der Sek 1, wo meine neue Schülerinnen und Schüler stehen, aber ich würde z.B. darauf schauen, wie sie sich (inkl. Familie, Hobbies) vorstellen können, ob sie meine Anweisungen verstehen, ob sie einem authentischen Text die wichtigsten Informationen entnehmen können… Und wenn ich sie etwas schreiben lasse, dann schaue ich in erster Linie darauf, ob sie die Aufgabe verständlich umsetzen können (= genügend), und dann vor dort ausgehend in welcher Qualität, was mir wiederum Hinweise darauf gibt, woran der/die einzelne SchülerIn v.a. arbeiten muss. Ich will ja die SchülerInnen in erster Linie motivieren, weiterhin Französisch zu lernen, und das geschieht eher nicht, indem ich ihnen zu verstehen gebe, dass sie nichts können. Das gleiche gilt übrigens auch für den Übergang Sek I → Sek II: Meine Erwartungen an die Schülerinnen und Schüler orientieren sich am Lehrplan der vorangehenden Stufe (denn dieser ist verbindlich, im Gegensatz zu meinem Wünschen), und ich hole meine SchülerInnen und Schüler dort ab, wo sie stehen, wenn ich sie „mitnehmen“ will.
Nun hoffe ich, dass meine Erläuterungen die bisherigen Antworten soweit ergänzt haben, dass die Frage für dich befriedigend beantwortet ist. Gerne kannst du bei Bedarf nochmals nachhaken, und evtl. auch kurz erklären, vor welchem Hintergrund deine Frage entstanden ist; das hilft mir dann, die Antwort gezielter auf deine Situation hin zu formulieren.
Liebe Coccinelle
Merci für diese ausführliche Antwort. Du liegst mit deiner Annahme durchaus richtig, so von wegen Mittelschullehrperson und so.
Für mich ist es nachvollziehbar, dass die SuS den definierten Wortschatz (mots de classe, consignes, nous parlons français) „im gegebenen Kontext anwenden können“. Ich bin froh, um diese Formulierung und werde sie gegenüber interessierten Eltern, SuS … und auch KollegInnen künftig anwenden.
Ich übe mit meinen SuS in 3-Wochen-Etappen am Wortschatz (3 Wo mdc, 3 Wo consignes, 3 Wo npf) und mache dann eine formative Lernkontrolle. Kinder und Eltern ersehen aus meinen Beurteilungsformularen, dass diese Tests keinen direkten Einfluss auf die summative Beurteilung hat.
Es bleibt das Problem, dass das „Wörtlilernen“ landauf landab unter Lehrpersonen sehr verschieden gehandhabt wird. Analog könnten wir auch noch von den Verben reden.
Das macht einen sehr schlechten Eindruck gegenüber der Öffentlichkeit und leistet der an sich tollen neuen Fremdsprachendidaktik einen Bärendienst.
Lieber Anonymer
Vielen Dank für deine Rückmeldung. Was mich noch Wunder nähme, da du den Wortschatz über formative Beurteilung kontrollierst: Lernen deine Schülerinnen und Schüler den Wortschatz trotzdem (das wird ja oft von Lehrpersonen, welche weiterhin auf benotete Wörtlitests setzen, in Frage gestellt), und wie steht es mit der Akzeptanz bei den Eltern? Wenn ich das richtig heraushöre/-lese, scheint sich ja euer Kollegium in der Handhabung der Beurteilung nicht ganz einig zu sein?
Wir können in unseren Weiterbildungskursen leider auch nicht mehr machen als aufzuzeigen, wie das Wortschatzlernen und -beurteilen gemäss Passepartout gemeint ist, und darauf hinzuweisen, dass man sich zumindest innerhalb der Schule auf eine einigermassen einheitliche Praxis einigen sollte, die man dann auch so den Eltern gegenüber kommunizieren kann. Veränderungsprozesse dauern halt immer recht lange, aber für Lehrpersonen und Schulen, welche den Lehrplan 95 (inkl. Beurteilungsgrundsätzen) effektiv umgesetzt haben, ist der Weg Richtung Passepartout weniger weit als für andere.
Früher habe ich die Tests summativ, mit Note gemacht, jetzt formativ, ohne Note. Ich stelle schon fest, dass die Resultate zum Teil viel „schlechter“ sind.
Persönlich traure ich aber nicht den Zeiten nach, in denen wir mit Wörtlitests die fleissigen Akademikerkinder aufs Podest gestellt haben.
Bezüglich Eltern, da nehme ich wahr, dass nur ein kleiner Teil von ihnen es heute vermisst, mit ihren Sprösslingen Wörtli zu büffeln. Wer Entzugserscheinungen hat, hat im Rahmen des Wochenplans die Möglichkeit, dies zu tun. Im besten Fall sogar spielerisch mit den Spielformen, welche ich ihnen am Elternabend mitgegeben habe.
Und ich glaube, dass die Eltern auch realisieren, dass ein grosser Wortschatz den Kindern hilft, bei den anderen Lernzielkontrollen besser abzuschneiden.
Was vielleicht auch noch zu sagen ist, dass ich die drei verschiedenen Sammlungen (mots de classe, consignes, nous parlons français) nie portioniere. Ich sage nie: Auf den Tag X lernt ihr diese 20 Karten, sondern sie arbeiten an der ganzen Beige. Also haben die SuS zu Beginn gar keine Chance, gleich alles zu können.
Es gibt Eltern, die das zu Beginn nicht verstehen, dann sage ich ihnen, dass es halt auch etwas illusorisch ist, dass die SuS diese 20 Karten auch noch dann beherrschen, wenn sie in der Zwischenzeit noch X weitere 20er-Portionen gelernt haben. Das entspannt sehr, wenn die SuS ohne diesen Druck mit den „jeux fichiers“ dahinter gehen.
Da ich in unserem Schulhaus alleine den Fremdsprachenunterricht bestreite, kann ich glücklicherweise relativ selbständig meinen Weg suchen, tausche aber immer gerne mit KollegInnen meine Erfahrungen aus.
Ein Knackpunkt ist dann, was meine SuS auf der Oberstufe dann bieten können - im Vergleich zu den SuS der umliegenden Schulen. Das muss ich noch ein bisschen herausfinden, das lässt sich auch noch nicht abschliessend sagen, ich gehe davon aus, dass mit der Zeit ein bisschen mehr Oberstufen-Lehrpersonen auf den Geschmack der neuen Fremdsprachendidaktik kommen.
Nachträglich ein Zusatz zum Thema „Alltagswortschatz“: Der Schulverlag hat unterdessen ein Dokument mit dem Namen „Alltagswortschatz Französisch in Mille feuilles und Clin d’oeil“ auf der Webseite von Mille feuilles (unter „Lehrpersonen“ → „Didaktische Aspekte“) sowie von Clin d’oeil (unter „Clin d’oeil 8“ → „Didaktische Aspekte“) aufgeschaltet, das sowohl den Begriff klärt als auch darauf hinweist, wo sich was dazu im Lehrmittel befindet. Ich hänge es Interessierten untenstehend an.