Kindergartenkind mit Aspergersyndrom

Seit einem halben Jahr begleite ich während 6 Wochenlektionen einen Jungen, bei dem das Aspergersyndrom diagnostiziert worden ist. Bald startet er in sein zweites KG-Jahr. Viele Verhaltensweisen und Auffälligkeiten wie sie generell beim Aspergersyndrom beschrieben werden, können wir bei ihm beobachten und an guten Tagen fügt er sich recht gut in die KG-Gruppe ein und ist allgemein kooperativ.

Was allen Beteiligten jedoch Sorgen bereitet ist, dass er während schwierigen Phasen häufig schlägt und „stüpft“. Ich glaube zu beobachten, dass es wie „zwei Arten“ von Schlagen gibt: einerseits reagiert er meistens mit schlagen und „stüpfe“, wenn er überfordert ist (Lärmpegel, Wirrwarr, Müdigkeit), in diesem Fall kann ich seine Reaktion einordnen und denke, das beste ist jeweils, ihn aus der Situation heraus zu nehmen.

Mir fällt aber auf, dass er ab und zu sehr gezielt, ich nenne dies „vorsätzlich oder berechnend“ andere Kinder schlägt. Die Kinder schlagen nie zurück. Einige weichen ihm aus, andere fühlen sich hilflos und haben Angst vor ihm. Auf meine Frage, was er denn sagen oder tun würde, wenn das andere Kind ihn auf die gleiche Weise schlagen würde, war seine Antwort „die mache das nid“.

Einerseits passiert Sozialisierung in einer Kindergruppe durch Ausloten von Grenzen wie auch Grenzen gesetzt bekommen (manchmal nach der Regel „wie du mir - so ich dir“), andererseits sind bzw. werden einige „Naturgesetze“ bei integriertem Unterrichten eines beeinträchtigten Kindes ausser Kraft gesetzt.

Die Zusammenarbeit von Kindergärtnerinnen, Eltern und mir als Betreuungsperson ist in diesem ersten halben Jahr sehr gut angelaufen. Wir alle fühlen uns manchmal überfordert in oben beschriebenen Situationen und sind sehr dankbar für praktische Hilfestellungen und Anregungen!

Liebe(r) Aare15

besten Dank für deinen ausführlichen Beitrag. Dieser wurde an die zuständigen Fachpersonen weitergeleitet. Wegen Ferienabwesenheiten musst du dich aber noch ein paar Tage gedulden.
Vielleicht hilft dir in der Zwischenzeit der angehängte Forschungsbericht der kant. Erziehungsberatung etwas.

Freundliche Grüsse
Radaktion Forum für Lehrpersonen

Liebe(r) Aare15
Besten Dank für deine Geduld, hier nun also meine Gedanken zu deinem Anliegen.

Ich kann sehr gut verstehen, dass das Verhalten des Schülers dir und anderen Beteiligten Sorgen bereitet und Fragen aufwirft. Deine differenzierten Beobachtungen haben dich schon auf eine ganz entscheidende Fährte geführt. Aggressives Verhalten steht bei Schülerinnen und Schülern mit Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) tatsächlich häufig in Zusammenhang mit Überlastung. Wenn weitere Aggressionen vermieden werden sollen, geht es hier, so wie ihr es offenbar schon in etwa praktiziert, um präventive Entlastung.

Was ist nun mit der zweiten „Sorte“ Aggressionen, die du beschreibst. Sie treten in einem anderen Kontext auf und könnten in Zusammenhang damit stehen, dass Kinder mit ASS manchmal in aggressiver Weise Kontakt zu anderen Kindern aufnehmen, weil ihnen keine alternativen Strategien zur Verfügung stehen, sie sich durch ein Verhalten anderer Kinder, ohne dass dies beabsichtigt ist, bedroht fühlen, oder sie ihrem Verhalten eine andere Bedeutung zuweisen als wir. Sie sehen andere Kinder raufen und denken, dass sei eine ganz legitime Form der Kontaktaufnahme. Hier könnte es also darum gehen, ihn darin zu unterstützen, soziale Situationen besser einzuordnen und ganz konkret neue Handlungskompetenzen aufzubauen, mit denen er erfolgreich mit den Mitlernenden interagieren kann.

www.phbern.ch/studiengaenge/sh/dienstleistungenIch würde Dir empfehlen, dich mit deinem Anliegen auch noch an die in deiner Region zuständige Beratungsperson der heilpädagogischen Fachberatung Pool 2 zu wenden
Es würde dich u.U. sehr entlasten, wenn du dich bei der Suche nach Erklärungs- und Lösungsansätzen auf eine kompetente Fachperson abstützen könntest. Ich wünsche dir, dass sich rasch wirksame Entlastungshilfen entwickeln lassen.

Liebe Grüsse
Adhei