Korrekte Gewichtung der 4 Sprachbereiche

Hallo zusammen

Vor einigen Jahren durchleuchtete der Schulinspektor an unserem Oberstufenzentrum die Beurteilungspraxis und wir mussten in der Folge einiges ändern. Am erstaunlichsten war für uns die korrekte Gewichtung der 4 Teilbereichen in den Fremdsprachen! Viele von uns gewichteten damals in alter Manier den Bereich „Schreiben“ doppelt. Und dann machte uns der Inspektor darauf aufmerksam, dass wir damit völlig an den verbindlichen Vorgaben des Lehplans vorbei schiessen.

Tausche ich mit mit Lehrpersonen anderer Schulhäuser aus, merke ich, dass noch vielerorts gewichtet wird, wie es eigentlich nicht erlaubt wäre. Also stelle ich dieses Thema mal hier ein!

Im angehängten Bild sieht man visuell die Vorgabe zur Gewichtung im Lehrplan auf Seite FRE4.

Wenn das Bild die „Vorgabe der Gewichtung“ der vier Fertigkeiten ist, so muss sich auch die Beruteilung dem unterodnen. Die drüber geschriebenen, roten Prozentzahlen sind die die genauen Werte, auf die wir uns an unserer Schule geeinigt haben:

Hörverstehen: 35%
Sprechen 30%
Lesen 20%
Schreiben 15%

Bin gespannt auf Meinungen!

R_Morgy

Das Bild konnte dem Beitrag nicht angehängt werden. Hier ist es:
http://oszt.ch/bilder/Teilbereiche.jpg

Liebe R_Morgy
Ihre Frage bedarf einer Expertenantwort. Ich leite sie an die Beurteilungsexperten Fremdsprachen in unserem Passepartout-Team weiter. Ich bitte Sie um etwas Geduld, das kann einige Tage dauern.
Inzwischen, amitiés
artemisia

Vielen Dank, bin gespannt auf die Experten. Der Beitrag war allerdings gar nicht als Frage gedacht, sondern eher als Gedankenanstoss, weil ich weiss, wie viele von uns Lehrpersonen anders gewichten bei der Beurteilung. „Schreiben doppelt“ ist ist weit verbreitet…

Liebe Morgy
Hier nun die Antwort der Beurteilungsexperten:
Grundsätzlich gilt für die Beurteilung alles, was im LP 95 steht. Rezeption vor Produktion, mündlich vor schriftlich.
Das Aufteilen der Fertigkeiten in unterschiedlich grosse Anteile ist heikel, wenn es um die Beurteilung geht. Die Gewichtung, wie sie der LP 95 in FRE 4 angibt gilt vor allem für den Unterricht. Im LP 95 FRE 1 steht für „Schreiben“: Sachverhalte, sowie eigene Absichten, Meinungen, Gedanken und Gefühle schriftlich ausdrücken.
Im Anfängerunterricht, gemäss gemeinsamem europäischen Referenzrahmen GER stehen beim Schreiben und Sprechen Inhalt und Bedeutung im Vordergrund (Das Niveau gilt für alle Volksschülerinnen und -schüler).
Das bedeutet, dass das orthographisch, grammatikalisch korrekte Schreiben im Anfängerunterricht eine untergeordnete Rolle spielt. Wichtig sind gemäss LP 95 das Uebermitteln von Inhalt und Bedeutung.
Beurteilung und Evaluation basiert auf den Grundsätzen des Beurteilungsmosaiks. Aus dieser Tatsache schliessen wir, dass die Noten nicht per Durchschnitt, sondern als umfassendes, auf verschiedene Beobachtungen und Evalutationen basierendes Urteil der Lehrkraft ermittelt werden. Wenn das bei der Beurteilung berücksichtigt wird, kann das Schreiben ebenfalls gleichwertig mit einem Viertel Anteil an der Note berücksichtigt werden.
Im neuen Lehrplan Passepartout (und an dem soll sich ja der jetzige Fremdsprachenunterricht orientieren), gibt es bei der Hierarchisierung der Fertigkeiten eine deutliche Verschiebung: Lesen/Hören vor Sprechen vor Schreiben. Die Betonung der rezeptiven Fertigkeiten entspricht den klaren Erkenntnissen des Fremdsprachenerwerbs.
Ich hoffe, dass diese Darstellung zu Eurer Diskussion im Team einen Beitrag leistet,
mit lieben Grüssen
artemisia

Guten Tag artemisia

Danke fürs Nachfragen bei den Experten und hier einstellen. Ich finde das immer toll, wie gut das Experten-Einbeziehen hier im Forum klappt!

Grundsätzlich gilt für die Beurteilung alles, was im LP 95 steht. Rezeption vor Produktion,
mündlich vor schriftlich.
Das Aufteilen der Fertigkeiten in unterschiedlich grosse Anteile ist heikel,
wenn es um die Beurteilung geht.
Die Gewichtung, wie sie der LP 95 in FRE 4 angibt gilt vor allem für den Unterricht.

Ich nehme diese Aussagen zur Kenntnis, möchte jedoch anmerken, dass sich die Aussage „Das Aufteilen der Fertigkeiten in unterschiedlich grosse Anteile ist heikel“ meiner Meinung nach nicht aus dem LP 95 ableiten lässt. Im Gegennteil, denn dort steht ja explizit auf Seite FRE3: „Bei der Beurteilung werden alle vier Fertigkeiten berücksichtigt. Die Gewichtung erfolgt gemäss den beiden Grundsätzen mündliche vor schriftlichen Fertigkeiten und rezeptive vor produktiven Fertigkeiten“. Es geht also um die Gewichtung bei der Beurteilung, und nicht bloss und die Gewichtung beim Unterrichten.

Beurteilung und Evaluation basiert auf den Grundsätzen des Beurteilungsmosaiks.
Aus dieser Tatsache schliessen
wir, dass die Noten nicht per Durchschnitt, sondern als umfassendes,
auf verschiedene Beobachtungen und
Evalutationen basierendes Urteil der Lehrkraft ermittelt werden.

Da bin ich gleicher Meinung, denn auch das Beurteilungsmosaik und seine Handhabung sind uns vorgegeben. Der Durchschnitt von irgendwelchen Berechnungen soll nicht nach irgend einer Formel automatisch zu einer bestimmen Note im Beurteilungsbericht führen.

Wenn das bei der Beurteilung berücksichtigt wird, kann das Schreiben ebenfalls gleichwertig
mit einem Viertel
Anteil an der Note berücksichtigt werden.

Das sehe ich anders und bin der Meinung, dass sich ein Expertenurteil der Lehrpersonen nicht über die Angaben des Lehrplans hinwegsetzen darf, welcher eine bestimmte Gewichtung vorgibt.

Im neuen Lehrplan Passepartout (…)

Ich bin mir bewusst, dass mit dem Lehrplan 21 dereinst auch die Beurteilungspraxis ändern wird, aber bis auf weiteres ist noch der Lehrplan 95 verbindlich. Und zudem enthält der Lehrplan 21 ja bisher noch keine Aussagen zur Beurteilung.

Freundliche Grüsse
R_Morgy, ein „er“ übrigens

Inzwischen ist der Fremdsprachen-Lehrplan ersetzt worden durch den Passepartout-Lehrplan.
http://www.erz.be.ch/erz/de/index/kindergarten_volksschule/kindergarten_volksschule/lehrplaene/volksschule.html

Das oben genannte Gewichtungs-Thema bezog sich auf den Fremdsprachenteil vom Lehrplan 95.