Ich bin mehrere Wochen krankgeschrieben (grundsätzlich 100% belastbar, Krankschreibung aufgrund Risikogruppe). Die Stellvertretungslehrpersonen haben teilweise wenig Kenntnisse meiner Stufe, der Lehrmittel bez. Inhalte. Wie detailliert bin ich verpflichtet die einzelnen Lektionen vorzubereiten und mit Ihnen zu besprechen?
Besten Dank für die Rückmeldung.
Freundliche Grüsse
Liebe mountaingoat
Herzlichen Dank für Ihre Frage, die sich auch andere krankgeschriebene Lehrpersonen immer wieder stellen. Sie fragen nach Ihrer Verpflichtung gegenüber der Stellvertretungsübergabe. Im Wort «Verpflichtung» schwingt die Frage nach der rechtlichen Grundlage mit. Deshalb habe ich Ihre Frage dem Rechtsdienst weiter geleitet.
Gerne gebe ich bereits eine Antwort aus der systemischen Perspektive und gebe Ihnen Gedanke zum gelingenden Miteinander im Schulbetrieb mit.
Es gibt viele verschiedene Lebensumstände, die zu einer Krankschreibung führen. Liegt eine Lehrperson mit einer starken Grippe im Bett, wurde sie wegen eines Herzinfarktes in das Spital überwiesen oder fällt wegen Burnout-Symptomen von heute auf morgen aus, so wird es ihr kaum möglich sein, sich um die Übergabe der Stellvertretung kümmern zu können. Gerade im Falle eines Burnouts ist es oft heilsam, wenn die betroffene Person sich ganz vom Schulgeschehen zurückziehen kann.
Steht aber eine Operation an oder es zeichnet sich ab, dass die Erschöpfung zu einer längeren Auszeit führen wird, so macht es Sinn, die Stellvertretung gut geplant zu übergeben. Was nun «gut» bedeutet liegt im Ermessen der Lehrperson. Vielleicht reicht es, der Stellvertretung die Lehrmittel und die Liste der zu behandelnden Themen zu übergeben. Vielleicht besteht auch bereits eine detaillierte Planung, die abgegeben werden kann. Letztendlich liegt es auch im Interesse der abgebenden Lehrperson, dass der Unterricht weiterhin gut gewährleistet ist und sie nach ihrer Krankheitsabwesenheit die Klasse in einem geordneten Zustand übernehmen kann.
Da Sie grundsätzlich 100% belastbar sind, scheint es möglich zu sein, dass Sie die Stellvertretungsperson aus der Ferne bestmöglich unterstützen, damit eine gewisse Qualität des Unterrichts gewährleistet ist. Was aber «bestmöglich» bedeutet liegt wiederum in Ihrem Ermessen.
Nun hoffe ich, dass ich Ihnen Ihre Frage habe beantworten können. Gespannt bin ich, wie der Rechtsdienst dazu Stellung nehmen wird.
Mit freundlichen Grüssen
Kashgar
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Liebe(r) mountaingoat,
aus Deinen Ausführungen ergibt sich nicht eindeutig zu wie viel Prozent Du krankgeschrieben bist. Wegen Deinem Hinweis auf die «Risikogruppe» bin ich in der Folge jedoch davon ausgegangen, dass Du aktuell mit einem Arztzeugnis zu 100% krankgeschrieben bist.
Insgesamt besteht in solchen Angelegenheiten leider oft eine gewisse Unsicherheit. Ziel muss es freilich immer sein, dass kranke Arbeitnehmende gar nicht oder nur so viel arbeiten, wie dies nach ihrer gesundheitlichen Situation sinnvoll ist. Dabei hat die Arbeitgeberin einerseits die Pflicht kranke Arbeitnehmende nach Hause zu schicken bzw. von der Arbeit abzuhalten, sofern und soweit diese ansonsten sich selbst oder Dritte gefährden würden. Weiter muss sie auch ein Betriebsklima bzw. eine Arbeitsorganisation schaffen, in dem bzw. in der Krankmeldungen grundsätzlich möglich sind. Man spricht von der sog. Fürsorgepflicht der Arbeitgeberin (vgl. hierzu BVR 2007, 538 ff., E.4.4, und Art. 4 Bst. g des Personalgesetzes des Kantons Bern vom 16. September 2004 [PG; BSG 153.01]). Andererseits sind die Arbeitnehmenden – als Ausfluss ihrer Treuepflicht – dazu verpflichtet, die berechtigten Interessen der Arbeitgeberin in guten Treuen zu wahren. Oder wie es in Art. 55 PG formuliert wird: «Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind verpflichtet, die Interessen des Arbeitgebers zu wahren und ihre Aufgaben gegenüber der Bevölkerung und dem Arbeitgeber rechtmässig, gewissenhaft, wirtschaftlich und initiativ zu erfüllen.» Dazu gehört, bei Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit zu einer möglichst raschen Genesung beizutragen und bei wieder erlangter (Teil-)Arbeitsfähigkeit die Arbeitsleistung unverzüglich wieder aufzunehmen (vgl. zum Ganzen PÄRLI/HUG/PETRIK, Arbeit, Krankheit, Invalidität: Arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Aspekte, 1. Aufl., Bern 2015, S. 273 f. und 282 f.).
Dazwischen gibt es nun verständlicherweise einen grossen Graubereich, wo einzelfallweise entschieden werden muss. Mitunter stellt sich dabei vielfach auch die Frage, ob – wie es in der Praxis häufig vorkommt – ein Arztzeugnis ohne spezifische Angaben sämtliche Tätigkeiten des Berufsauftrags einschliesst und die Lehrperson entsprechend gar nichts machen darf/muss oder ob bestimmte Tätigkeiten des Berufsauftrags, wie z. B. eben das «präpen», dennoch zumutbar sind. Zur Klärung beitragen kann, wenn die Ärztinnen und Ärzte hierzu eine Spezifizierung ihres Arztzeugnisses vornehmen und präzise ausweisen, auf welche Tätigkeiten sich die 100%-ige Arbeitsunfähigkeit jeweils bezieht. Wenn Du schreibst, dass Du «grundsätzlich 100% belastbar» bist, schwingt das Pendel meiner Ansicht nach tendenziell eher in Richtung Zumutbarkeit des «präpen» aus. Allenfalls mit geeigneten Sicherheitsmassnahmen wegen Deinem Risikogruppen-Status.
Liebe Grüsse, der schlaue Bison
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