Immer wieder werden wir in Lektionen des selbstorganisierten Lernens (SOL) mit alters- und niveaugemischten Klassen (7.-9. Klasse) von SchülerInnen um die Erlaubnis gebeten während der Arbeit mit Kopfhörern Musik hören zu dürfen. Die Argumente reichen von „selbstorganisiert, dann werde ich mir das ja wohl auch selber für mich passend organisieren können“ über „mit Musik kann ich den Arbeitslärm besser ausblenden“ bis „ich kann mich mit Musik besser konzentrieren, zu Hause lerne ich nur mit Musik“. Im Team (Klassenlehrpersonen der Doppelklasse und IF) haben wir uns darauf geeinigt, dass wir diesem Wunsch in der Regel nicht entsprechen. Ausnahmen gewähren wir einheitlich beim Ausmalen oder gestalterischen Arbeiten.
Da einige SchülerInnen trotzdem sehr hartnäckig diese Handhabung immer wieder in Frage gestellt haben, bin ich auf der Suche nach empirisch belegten Studien zur Arbeitsleistung beim Musikhören.
Sind wir vielleicht ein bisschen zu sehr beim Altbewährten hängengeblieben und Musik (vermutlich wären da auch noch der Musikstil relevant) wäre für die Schüler tatsächlich eher eine Hilfestellung als eine Störung? Komplexe Maththemen mit Musik erarbeiten? Französischübungen mit Musik? Klassenlektüre mit Musik lesen? Einiges scheint mir unmöglich, anderes eher denkbar…
Liebe teamplayer
Nachdem ich mich in meinen Jahren als Lehrperson immer wieder mit unterschiedlichsten Settings von selbstorganisiertem Lernen auf verschiedenen Stufen befasst habe, ist dieses Thema heute auch Teil meiner Arbeit im IWM.
In eurer Fragestellung sind bereits viele mögliche Antworten enthalten. Und ich denke: Sie haben alle ihre Richtigkeit und können auch wieder hinterfragt werden.
Grundsätzlich gerne Folgendes: Ihr arbeitet in einem sehr anspruchsvollen und zugleich vielfältigen Lernsetting und erwartet von den Schülerinnen sicherlich nicht nur zunehmend verbesserte Selbstorganisation sondern auch eine schöne Portion Selbstverantwortung. Selbstorganisiert heisst dann für mich auch selbst verantwortet in der Wahl der Lernstrategien. So gibt es auch unterschiedliche Strategien um zu Konzentration, Fokussierung und Aufmerksamkeit zu kommen. Musik hören kann eine solche Strategie sein. Für unsere „Ohren“ vielleicht eine etwas unübliche.
Ich könnte mir vorstellen, dass es noch interessant sein könnte, wenn Schülerinnen, die gerne zum Lernen ab und zu Musik hören möchten, selber durch Recherche ergründen würden, was denn für Musik und auch für welche Art von Musik spricht.
Logisch ist für mich, dass nicht gleich alle mit Musik beschallt werden und dass geklärt ist, wann die Phasen des „Lernens mit Musik“ (mit Kopfhörer) denn möglich sind.
Ihr fragt nach wissenschaftlichen Erkenntnissen. Entweder erbringen sie, wie schon gesagt, die interessierten SchülerInnen oder ihr taucht mal ein in die zwei Links, die ich euch unten aufgeführt habe. Hier werden ebenfalls Studien erwähnt. Ich höre mich in meinem Team noch um und melde mich noch einmal, wenn ich euch weitere konkrete Studien nennen kann.
Herzlichen Dank für deine Antwort, die wir sicher gerne für unseren weiteren Weg in dieser Frage heranziehen werden.
Besonders die Idee, interessierte Schüler durch Recherche zum Thema und die Auseinandersetzung mit ihren eigenen Lernstrategien zu Experten des eigenen Lernens zu machen, passt natürlich ausserordentlich gut zu unserer Vorstellung von gelungenem SOL - meine Stimme hat dieses Vorgehen schon mal.
Danke für die Links, die auf konkrete Studien verweisen. Ich hoffe Gelegenheit zu finden mich noch etwas intensiver bei Dr. E. Altenmüller oder Dr. Georgi Lozano einlesen zu können um dem im Studium begegneten Mozart-Effekt noch weitere Aspekte hinzufügen zu können.
Jeder Lernende sollte in seiner Lernbiografie beides eingehend und ehrlich ausprobiert haben: selbst organisiertes Lernen mit und solches ohne Musik. Die meisten Jugendlichen haben vor allem viel Erfahrung im Lernen mit Musik. Ich behaupt mal, dass es eine wichtige Aufgabe der Schule ist, ihnen Möglichkeiten schaffen um zu erfahren, ob nicht doch das Lernen ohne Musik effizienter für sie ist.
Ich glaube, nicht wenige Jugendliche meinen mit „ich lerne besser mit Musik“ nicht das Vorwärtskommen mit dem Lernstoff, sondern das Gefühl beim Lernen. Diese Spannungsfeld sollten wir Lehrpersonen auch mit ihnen thematisieren.
Wenn du dich für wissenschaftlich Erkenntnisse aus den Neurowissenschaften und der kognitiven Psychologie zur Frage des Lernens durch und mit Musik interessierst, empfehle ich dir das Buch „Macht Musik schlau?“ von Lutz Jäncke.
Das Buch sollte in seiner ersten Auflage sowohl in der Bibliothek vonRoll wie in der Mediothek des IWM verfügbar sein.
Die empirische Befundlage ist nicht eindeutig.
Fördernde Einflüsse von Hintergrundmusik wurden insbesondere für solche Musik berichtet, welche keine besonderen Aufmerksamkeitskapazitäten erfordert und nicht mit verbalen Leistungen (Sprache) interferiert. Die Wirkung des passiven Musikhörens hängt jedoch nicht nur von der gehörten Musik ab, sondern von einer Reihe weiterer Faktoren wie Musikbildung, Sensitivität in der Wahrnehmungsverabeitung, Erfahrung mit passivem Musikhören, Entspannung und emotionaler Wirkung der Musik.
Falls du gerne mehr Informationen zur Wirkung von Musik auf das Lernen erhalten möchtest, kannst du dich gerne bei mir melden.
Freundliche Grüsse
sfluri
Hallo ihr lieben
Wenn man so etwas technisch ausführen kann, warum nicht? Also meine Schüler dürften gerne auch allein mit Kopfhörern Musikhören aber wir müssten auch wenigstens einmal zusammen hören.
Ich kaufe mir Unterrichtsmaterial sehr oft online, zuletzt habe ich mir dieses Mediapaket https://www.lugert-shop.de/de/de-Bilder-einer-Ausstellung-Mediapaket geholt, dieses ist für so eine Art von Unterricht perfekt. Die Schüler können sich die Musik mit Kopfhörern selbstständig anhöre und dann die Aufgaben auf dem Arbeitsblatt lösen.
Im Mediapaket „Bilder einer Ausstellung“ bekommt man 30 kopierfähigen Arbeitsblättern, so lernen die Schülerinnen und Schüler Wissenswertes über das Werk, den Komponisten und den Künstler sowie über die einzelnen „Bilder“.
Wenn es um den Musikunterricht geht, dann bekommt man dort wirklich sehr gutes Unterrichtsmaterial, mit dem man ausgezeichnet arbeiten kann. Mich freut es immer sehr, wenn ich merke, dass meine Schüler Spaß haben und ihnen mein Unterricht gefällt.
Liebe Grüße
In der der Zeitschrift Gehirn und Geist, Ausgabe 5 2019, Seite 6 hat es einen interessanten kurzen Artikel zum Thema mit diesem Inhalt:
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Es wurde an der University of Central Lancashire eine Studie gemacht mit folgendem Ergebnis: Musikalische Untermalung scheint beim Problemlösen im verbalen Bereich hinderlich zu sein.**
Versuchs-Aufgabe der Studie: zu drei gezeigten Wörtern müssen Probanden jeweils ein viertes Wort finden, das sich mit allen drei sinnvoll verbinden lässt. Beispiel: gegeben sind dress, dial und flower. Gesucht ist ein Wort, das sich mit allen verbinden lässt. Lösungs-Möglichkeit: sun. Es entstehen damit sundress, sundial und sunflower, also Sommerkleid, Sonnenuhr und Sonnenblume.
Es gab drei Versuchsgruppen: 1) ruhiger Raum 2) Bibliothek mit Hintergrundsgeräuschen 3) Musik hören.
Ergebnis: Die musik-hörenden Personen schnitten schlechter ab. Und zwar unabhängig davon, ob instrumental, in Fremdsprache oder in Muttersprache. Auch ob die Probanden die Musik mochten oder nicht, hatte keinen Einfluss. Die Hintergrundsgeräusche der Bibliothek hatten keinen negativen Einfluss aufs Ergebnis.
Die Wissenschaftler vermuten, dass Klänge das verbale Arbeitsgedächtnis stören.
Die Quelle, welche im Gehirn-und-Geist-Artikel genannt wird, ist frei ferfügbar online und enthält die Details der Studie auf Englisch.