Mutter wünscht mehr Förderung

Guten Abend

Ich habe in meiner 5. Klasse einen Jungen, welcher die 2. Klasse übersprungen hat.
Die Mutter wünscht jetzt, dass er mehr gefördert wird. Zu Hause wird sehr viel gemacht, kontrolliert und geübt.

Er arbeitet bereits an einem Forscherthema „schwarze Löcher“.
Was kann ich alles vorschlagen? Was könnte ich alles anbieten? Was können die Eltern selber übernehmen?

Vielen Dank für die Hilfe und lieber Gruss
Nadinska

Liebe nadinska
deine Frage ist angekommen und in Bearbeitung. Wir bitten dich noch um etwas Geduld.
Vielleicht findest du hier in der Zwischenzeit brauchbares Material: http://www.begabungsfoerderung.ch/
Herzliche Grüsse
Redaktion des Forums für Lehrpersonen

Liebe Nadinska

Ich empfehle dir bei deinem Schüler Compacting und Enrichment anzuwenden. Compacting heisst, den Unterrichtsstoff zu verdichten. Bevor du ein Thema im Unterricht durchnimmst, machst du mit ihm (evtl. noch mit anderen SuS) einen Vortest zum kommenden Thema. Der Vortest sollte die gleichen Lernziele aufweisen wie der Test, den du nach dem Thema machen würdest. Anhand dieses Testes weisst du, wie viel der Schüler zum kommenden Thema schon weiss. Alle Inhalte, die er bereits beherrscht, muss er nicht mit der Klasse mitmachen. Dieser Vortest hilft dir, sein Können besser einzuschätzen. Des weiteren hilft er dir, den Eltern klar aufzuzeigen, was ihr Sohn bereits beherrscht und was nicht.
Die frei gewordene Zeit wird für Enrichment gebraucht. Enrichment bedeutet Anreicherung. Das heisst der Schüler setzt sich mit Lernzielen zum Thema auseinander, welche anspruchsvoller und auf einem höheren Niveau anzusiedeln sind. Diese müssen nicht lehrplanrelevant sein. Am einfachsten gelingt dir das mit Hilfe der bloomschen Taxonomie.
Das tönt anspruchsvoll, ist es aber nicht. Man braucht nur etwas Übung dazu.
Die PHBern bietet einen Kurs zu diesem Thema an (Begabungsförderung im Schulalltag).
Ich kann dir auch das Buch „Besonders begabte Kinder in der Regelschule fördern“ von Susan Winebrenner sehr empfehlen, es zeigt Praxisbeispiele zur Umsetzung auf. Das Buch kann im Institut für Weiterbildung und Medienbildung ausgeliehen werden.
Wegen der Förderung zu Hause: Hier wäre es interessant zu wissen, was der Junge in seiner Freizeit macht. Wenn ein Kind in der Schule unterfordert ist, ist es wichtig, wenn er Hobbies hat, welche ihn fordern. Das wäre die Aufgabe der Eltern; herauszufinden, was ihn interessieren könnte.

Bei weiteren Fragen stehe ich dir gerne zur Verfügung.
Liebe Grüsse
K. Wirz, Fachperson für Begabungs- und Begabtenförderung

Vielen Dank für die Tipps. Ich schaue über die Auffahrt dieses Thema genauer an und werde mich (wahrscheinlich) noch einmal melden.
Freundlicher Gruss
Nadinska

Liebe Nadinska
Liebe Expertin

Beim Lesen des Newsletters der PHBern bin ich an Ihrer Frage und Antwort zur Begabtenförderung hängen geblieben. Es beeindruckt mich, wie Sie sich einsetzen und ich finde auch toll, dass es in der Zwischenzeit so gute Materialien und Unterstützung für Lehrpersonen gibt.
Gerne will ich noch einen anderen Aspekt einbringen.
Als unser Sohn in der 3. Klasse war, hat uns sein Klassenlehrer hingewiesen, wir sollten ihn bezüglich Hochbegabung abklären lassen. Wir sind beide Lehrer, hatten zu dieser Zeit auch eigene Erfahrungen mit hochbegabten Kindern in der Klasse und im Bekanntenkreis.
Wir haben uns eine Abklärung lange überlegt und uns als Eltern dagegen entschieden. Ich finde es anspruchsvoll für ein Kind, mit dem Etikett „ Hochbegabung“ in der Schule unterwegs zu sein: Kinder brauchen eine hohe Sozialkompetenz, um als „deklarierte Hochbegabte“ unter gleichaltrigen Kindern klar zu kommen, dies gehört nach meiner Erfahrung nicht zwingend zur einer Hochbegabung. Es gibt auch Lehrpersonen, die nicht gut damit umgehen können und keine Lust haben, sich auf das Thema einzulassen, so wie Sie, Nadinska. Das kann dann etwa so tönen:„Der soll doch mal einen anständigen Hefteintrag machen, seine sieben Sachen in Ordnung halten und die Wörtli lernen, bevor ich ihm noch Zusatzstoff aufbereite…“

Als Lehrpersonen sind wir auch Pädagoginnen. Das ermutigt mich, für eine Kindheit meiner Schülerinnen und Schüler einzustehen, wo auch Langeweile und Leerzeiten Platz haben.
Sie schreiben, dass die Eltern viel üben und lernen. Frau Wirz beendet ihre Hinweise auch mit den Eltern, das finde ich wichtig.
Für mich ist anreichernd, wenn Kinder Erfahrungen über das schulische Wissen hinaus machen können, daheim auch eigene Projekte und Gestaltungsraum haben, und nicht von einem Fördertermin zum nächsten gebracht werden. Darauf würde ich Eltern auch hinweisen.
Die Zeit der Kindheit ist kurz und kostbar.

Mit dem Kassenlehrer haben wir damals abgemacht, dass er unserem Sohn von Zeit zu Zeit offene Aufgaben gibt, dass wir in Kontakt bleiben, wenn er den Eindruck hat, er hänge ab und langweile sich.
Daheim haben wir durchgesetzt, dass unser Sohn ein Instrument spielt, dass er regelmässig übt und dran bleibt in einem Bereich, wo es ihm nicht grad in den Schoss fällt. Er selber wollte intensiv Sport machen, er hat sich für Computer interessiert, sich einen Ferienjob gesucht und aus den verschiedenen Komponenten einen PC zusammengebaut. Wir haben darauf geachtet, dass er ausserhalb der Schule immer mehr Zeit mit anderen Kindern verbringt, als am Computer tüftelt und spielt.

Später, im Gymer ist er mal nach Hause gekommen und hat uns gefragt, ob er eigentlich hochbegabt sei. Er habe da so eine Seite im Internet gefunden und einen Test gemacht…:slight_smile:

Also kurz, nicht mehr desgleichen, vielleicht auch etwas ganz anders.

Mutter