Neue Schülerin besser integrieren

Liebes Forum

Seit den Sommerferien hat meine 3. Klasse eine neue Mitschülerin. Alle sind nett zu ihr, jedoch findet sie trotzdem nicht so richtig Anschluss. Die Pausen verbringt sie oft alleine. Und wenn einmal selbst Partner gewählt werden dürfen, findet sie als letztes jemanden. Sie selbst ist eher zurückhaltend, geht aber auch ab und zu auf andere zu. Diese Kinder spielen dann auch mit ihr, wenn sie von sich aus fragt. Richtige Freundschaften sind noch nicht entstanden, da die anderen Kinder bereits ihre Freunde haben und sich nicht sehr um sie bemühen.

Die Schülerin hat mir zuerst gesagt, dass sie zufrieden sei. Jedoch hat sie nun nach den Herbstferien dennoch geäussert, dass sie traurig ist und nicht immer alleine sein möchte. Sie fände es auch in Ordnung, dass ich dies in der Klasse im Klassenrat mit allen bespreche. Nun bin ich unsicher, wie ich das angehen soll.
Wie spreche ich das Thema mit der Klasse an, damit es auch gewinnbringend ist? Ist das Besprechen mit der ganzen Klasse überhaupt sinnvoll oder eher kontraproduktiv? Ich möchte nicht, dass sie dadurch noch mehr in die Rolle der Aussenseiterin gesteckt wird. Und wie könnte ich der Schülerin sonst noch helfen, damit sie Anschluss findet und nicht so oft alleine sein muss?

Liebe lehrerin123

Danke für Ihre Frage und Ihre Gedanken.
Zuerst möchte ich Ihnen rückmelden, dass ich mich sehr für Ihre Drittklässlerin freue, dass sie so eine aufmerksame und zugewandte Lehrerin hat!
Umziehen, in einer neuen Klasse wieder eine Gruppeoder sogar Freundinnen finden, gehört für Kinder zu den einschneidenden Ereignissen in ihrer Schulbiografie.
Umso mehr freut es mich, dass Sie in gutem Kontakt mit dem Mädchen sind und Ihre Schülerin in diesem Prozess begleiten.
Sie haben einen Klassenrat installiert, so denke ich, die Klasse ist sich gewohnt, zusammen über ein Thema zu sprechen. Mit diesen regelmässigen Gesprächsrunden kann sich eine Kultur etablieren, in der sich das einzelne Kind persönlich äussern kann, ohne zu befürchten, ausgelacht zu werden. Das ist eine gute Grundlage.
Ich denke, ich würde das Thema auf einer weitergefassten Ebene mit allen Kindern ansprechen, so dass der Fokus nicht auf der neuzugezogenen Drittklässlerin liegt. Einstiege könnten sein: Wie geht es mir? Gehe ich gerne zur Schule? Was macht es aus, dass ich gerne in die Schule komme? Was ist der Grund, dass ich nicht gerne in die Schule komme? Wie geht es mir in meiner Klasse? Was macht es aus, dass es mir gut geht? Wie kann ich gut lernen? Gibt es etwas, das ich mir von anderen wünsche? Sind wir eine «gute Klasse»? Was ist «eine gute Klasse?» Was kann jede/jeder dazu beitragen, dass wir eine «gute Klasse» sind? usw
Diese Fragen schaffen Raum, so dass verschiedene Anliegen und Sichtweisen dargelegt werden können, das Bedürfnis der Drittklässlerin, Freundinnen zu haben, kann dann einer von unterschiedlichen Wünschen sein.
So oder so, ich würde die Schülerin ermutigen, selbst für ihren Wunsch zu sprechen.

Weiter habe ich mich gefragt, ob Sie sich mit den Eltern über das Befinden ihrer Tochter ausgetauscht haben? Wie erleben diese ihr Kind? Was erzählt sie daheim? Wie war es für sie am alten Ort? Trauert sie noch um die Verluste von Freundinnen? Wie unterstützen die Eltern ihr Kind im Knüpfen neuer Beziehungen? Macht das Mädchen irgendwo mit? Darf sie Freundinnen einladen?
Vielleicht könnte auch dieses Nachfragen das Gefühl des Kindes stärken, aufgehoben und wahrgenommen zu sein. Dies wiederum könnte Ihrer Schülerin die nötige Sicherheit geben, weiterhin mutig auf Mitschülerinnen zuzugehen.

Weiterhin gutes Gelingen
Niesen

Liebe Lehrerin 123
Interessante Frage, finde sehr gut, dass sie das Problem ernst nehmen und sich Gedanken machen.
Meine spontanen Gedanken: Sie stehen in einem sogenannten Viereckvertrag: Sie selbst, die neue Schülerin, die Klasse und die Eltern der neuen Schülerin. Welche Vereinbarungen bestehen bereits? Gegenseitige Erwartungen der verschiedenen Gruppen mit regelmässigen Rückmeldungen. Hat die Schule ein Leitbild für alle Klassen?
Gehen Sie einen zeitlich definierten Sondervertrag mit der Schülerin ein. 1-2 Kurzgespräche pro Woche zu festgelegtem Termin, wo sich die Schülerin über ihre Situation äussern kann. Unter vier Augen. Ziel: Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung, die Schülerin erhält bedingungslose Zuwendung von Ihnen, und zusätzlich eine Struktur. Nach ihren Wünschen fragen, und wie sie diese Wünsche umsetzen kann, welchen Beitrag sie dazu leistet.
Auflockerungsspiele mit der Klasse, mit wechselnden Gruppen. Regelmässige Befindlichkeitsrunden in der Klasse: wie fühle ich mich heute, Aufstellungen im Klassenzimmer: 10er Skala: Belastung, Wohlbefinden, Konflikte.

Freundlliche Grüsse
jomali