Personaldossier

Lieber Bison

Gemäss Art. 328b OR des Datenschutzgesetzes kann der Arbeitnehmer (Lehrperson) vom Arbeitgeber (Schulleitung) eine Kopie vom physischen wie digitalen Personaldossier einfordern. Dies habe ich von der Schulleitung bekommen.

Nun würde ich gerne aufräumen: Von Art. 328b OR leiten sich auch ein Berichtigungs- und ein Vernichtungsrecht ab. Ich habe eine Frage zum Vernichtungsrecht: Können alle Daten vernichtet werden, die älter als 5 Jahre sind? Was darf vernichtet werden? Was versteht man unter „alles, was nicht mehr gebraucht wird“?

Herzlichen Dank

Parigi

Liebe Parigi
In meinen Augen ist es so:
Daten können gelöscht werden, sobald alle einschlägigen Aufbewahrungsfristen abgelaufen sind und kein weiterer Nachweis- oder Rechtsbedarf (keine Streitigkeiten bei Kündigung, Arbeitszeugnissen,… oder Lohnausgleichsansprüche etc.) besteht.
Im Kanton Bern sind dies für Personaldossiers 5 Jahre.
LG Manuel

Lieber Manuel

Vielen Dank für deine Antwort. Wenn es sich um ein Personaldossier handelt, welches geschlossen wird, weil die Lehrperson ihre Anstellung beendet, dürften es vielleicht 5 Jahre Aufbewahrungsfrist für das Personaldossier sein, wie das Informationsblatt der PHBern nennt: https://www.bildungbern.ch/uploads/Engagement/Beratung/Ratgeber-dt-neu-ueberarbeitet/Ratgeber-Personaldossier-2024.pdf

Zu meiner Frage zurück: Im Zusammenhang mit dem Personaldossier habe ich folgende Weisung gefunden:

Von Art. 328b OR sowie von DSG (Datenschutzgesetz) leiten sich für das Personaldossier folgende Grundsätze ab:
• Alle im Personaldossier einer Arbeitnehmerin bzw. eines Arbeitnehmers enthaltenen Daten müssen einen Bezug zum Arbeitsverhältnis haben.
• Die Bearbeitung der Daten durch den Arbeitgeber muss nach Treu und Glauben erfolgen.
• Der Inhalt des Personaldossiers muss dem datenschutzrechtlichen Verhältnismässigkeitsprinzip entsprechen.
• Nicht mehr benötigte Daten müssen gelöscht werden.
• Der Arbeitgeber darf keine heimlichen Daten über den Arbeitnehmenden sammeln (sog. «Schattendossiers»).
• Der Arbeitnehmerin bzw. dem Arbeitnehmer steht ein jederzeitiges und nicht näher zu begründendes Einsichtsrecht am vollständigen Personaldossier zu.
• Der Arbeitnehmerin bzw. dem Arbeitnehmer steht ein Berichtigungs- und Vernichtungsrecht zu. Das Berichtigungsrecht betrifft nur Tatsachen, aber grundsätzlich keine Werturteile.
• Der Arbeitnehmerin bzw. dem Arbeitnehmer steht das Recht auf eine vollständige Kopie des Dossiers zu.
• Der Arbeitgeber muss Einsichtsgesuchen in das Personaldossier innerhalb von 30 Tagen seit Eingang des Begehrens um Einsicht Folge leisten.

Verzeihung, es ist immer etwas kompliziert bei mir, danke, liebe Grüsse

Parigi

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Liebe(r) parigi

Für Lehrpersonen des Kantons Bern findet gemäss Art. 1 Abs. 2 des Gesetzes vom 20. Januar 1993 über die Anstellung der Lehrkräfte (LAG; BSG 430.250) das allgemeine kantonale Personalrecht Anwendung, wo der Lehreranstellungsgesetzgebung und weiterer Spezialgesetzgebung keine Regelung entnommen werden kann. Die Anstellungsbehörde führt das Personaldossier und bewahrt es sicher auf. Die Anstellungsbehörde von Lehrpersonen der Volksschule und des Kindergartens ist die Schulkommission oder im Falle eines entsprechenden Gemeindeerlasses die Schulleitung (Art. 7 Abs. 2 LAG).

Die Bildungs- und Kulturdirektion (BKD) des Kantons Bern äussert sich in ihrer «Wissensplattform Personal- und Gehaltswesen Lehrpersonen» ausführlich zum Führen von Personaldossiers (abrufbar unter Führen von Personaldossiers); mitunter auch zu den für Lehrpersonen im Kanton Bern anwendbaren rechtlichen Grundlagen, zur Frage, was ins Personaldossier einer Lehrperson gehört, und zum Einsichtsrecht der Lehrperson in ihr Personaldossier.

Sodann verweist die Wissensplattform ebenfalls auf die Weisung «Führung und Archivierung von Personaldossiers» des Personalamts (abrufbar unter https://www.pa.fin.be.ch/content/dam/pa_fin/dokumente/de/weisungen/Weisung_Fuehrung_und_Archivierung_von_Personaldossiers.pdf). Danach wird das Personaldossier als Hauptdossier und Nebendossier geführt. Anhang 1 der Weisung enthält auch eine Übersicht, welche Dokumente ins Haupt- und welche ins Nebendossier gehören, sowie nachfolgende Hinweise:

  • Das Hauptdossier umfasst alle grundlegenden Mitarbeitendendaten. Die dort abgelegten Unterlagen haben längerfristigen Charakter und verbleiben während der ganzen Anstellungsdauer im Personaldossier. Soweit sie nicht archivwürdig sind (Art. 2 ArchG), müssen diese Personaldaten fünf Jahre nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses vernichtet werden. Nicht besonders schützenswerte Personaldaten können im Interesse der Betroffenen länger aufbewahrt werden (Art. 6 Abs. 3 PV).

  • Das Nebendossier umfasst Unterlagen, die für die personalrechtlichen oder organisatorischen Zwecke nur temporär benötigt werden. Der zuständige Personaldienst hat während laufender Anstellung das Nebendossier mindestens alle 5 Jahre einer Triage zu unterziehen und nicht mehr aktuelle oder nicht mehr benötigte Unterlagen (bspw. alte Arztzeugnisse) zu vernichten (Art. 19 Abs. 1 KDSG).

  • Bei Arbeitszeugnissen ist von einem erhöhten Interesse der Betroffenen an der längerfristigen Nachvollziehbarkeit von Leistung und Verhalten auszugehen. Insoweit kommt den Zeugnissen und Bestätigungen nach Art. 50 PG in Bezug auf die Aufbewahrungsfrist eine gewisse Sonderstellung zu. Es wird deshalb empfohlen, diese gleich der Praxis bei privaten Arbeitsverhältnissen 10 Jahre aufzubewahren.

Liebe Grüsse, der schlaue Bison

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Lieber Schlaue Bison

Die ausführliche Antwort werde ich sehr gerne genau studieren, herzlichen Dank, ich finde dies ja wunderbar, dass es diese Möglichkeit gibt, im Forum Fragen stellen zu können und dass man dann auch kompetente Antworten bekommt, nochmals danke sehr

Parigi

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Lieber Schlauer Bison

Vielen Dank für deine ausführliche Antwort auch von meiner Seite!

Ich hätte gleich noch eine Anschlussfrage zum Personaldossier:
Ist es korrekt, dass Lehrpersonen gemäss kantonalem Datenschutzgesetz und gemäss der Personaldatenbekanntgabeverordnung verlangen dürfen, dass ihnen das Personaldossier in digitaler Form (z.B. als PDF) zugestellt wird?

Vielen Dank und liebe Grüsse
Manuel

Lieber Manuel

Meiner Ansicht nach äussert sich weder das kantonale Personalrecht, die kantonale Lehreranstellungsgesetzgebung noch die kantonale Datenschutzgesetzgebung eindeutig zur Frage, ob das Personaldossier für die Einsicht zwingend in Papierform oder elektronisch (z. B. als PDF) übergeben werden muss. In allgemeiner Weise regelt aber Art. 11 Abs. 2 Bst. b der Datenschutzverordnung des Kantons Bern vom 22. Oktober 2008 (DSV; BSG 152.040.1) immerhin, dass die Auskunftserteilung auf elektronischem Weg erfolgen „kann“, wenn die verantwortliche Behörde angemessene Massnahmen getroffen hat, um die persönlichen Daten der betroffenen Person bei der Auskunftserteilung vor dem Zugriff unberechtigter Dritter zu schützen. Sodann können und sollen gemäss Art. 5 der Verordnung vom 11. Januar 2023 über die digitale Verwaltung (DVV; BSG 109.111) eigentlich alle Personalprozesse der „Behörden“ (vgl. hierzu Art. 4 Abs. 1 des Gesetzes vom 7. März 2022 über die digitale Verwaltung [DVG; BSG 109.1]) digital ausgestaltet werden. «Mitglieder und Angestellte von Behörden verkehren in Personalangelegenheiten mit den Behörden digital» (Art. 5 Abs. 1 DVV). «Dies gilt auch für die Begründung, Änderung und Beendigung eines Arbeitsverhältnisses» (Art. 5 Abs. 2 DVV). Wichtig: Für die Regeln von DVG und DVV sind aber die aktuell laufenden Übergangsfristen zu beachten.

Liebe Grüsse, der schlaue Bison

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