Planung im Kindergarten

Seit 4 Jahren arbeite ich als Klassenlehrperson in einem Kindergarten (nicht im Kanton Bern). Beim Planen des Unterrichts fühle ich mich nach wie vor sehr verloren. Auch besuchte Weiterbildungen, Gespräche mit anderen Lehrpersonen oder Austauschgruppen haben das nicht geändert. Ich gelange immer wieder an den Punkt, dass ich mit der Planung unzufrieden bin und das Gefühl habe, überhaupt keinen Plan vom Planen zu haben. Ich zweifle dann als Folge oftmals an meiner eigenen Kompetenz.

Da ich mich verloren fühle, finde ich das Formulieren von konkreten Fragen herausfordernd. Ich versuche es mit den folgenden Fragen:

Jahresplanung: Während meiner ganzen dreijährigen Ausbildung an der PHBern war das Erstellen der Jahresplanung nie ein Thema. Ich frage mich deshalb, wie ich die Jahresplanung angehen soll. Anhand welcher didaktischen und fachwissenschaftlichen Überlegungen erstelle ich eine Jahresplanung? Wie gehe ich realistisch mit der Fülle des Lehrplans um?
Während den letzten Jahren habe ich verschiedene Herangehensweisen ausprobiert (bsp. Jahresplanung NMG aus Kinder begegnen Natur und Technik als roter Faden, wobei mir dann mit der Zeit die Themen etwas zu eintönig wurden)

Grobplanungen: Jeweils für das aktuelle Quintal plane ich eine grobe Planung. Dazu sammle ich bsp. aus Lehrmitteln verschiedene Unterrichtsideen. Danach erstelle ich eine wirklich grobe Verlaufsplanung, die ich dann im Verlaufe des Quintals immer wieder anpasse, ergänze und abändere.
Ich finde es schwierig und eintönig, ganz alleine eigene Ideen für den Unterricht zusammenzutragen oder gar zu entwickeln. Leider ist das gemeinsame Planen im Team (noch) nicht gewünscht. Hat jemand eine Idee, wie ich das für mich wieder ansprechender gestalten könnte?
Weiter frage ich mich, wie viele Kompetenzen ich schwerpunktmässig mit den Kindern erarbeiten kann. Ich finde es schwierig, auch hier Schwerpunkte zu setzen. Anhand welcher Kriterien wähle ich die Schwerpunkte aus? Ich habe an der PH eher gehört, dass alles wichtig ist und ich hörte kaum etwas dazu, wie ich fächerübergreifend realistisch mit der grossen Menge an Kompetenzen umgehen soll.

Ich bin sehr auf eure Rückmeldung gespannt.
Liebe Grüsse
uniuni

Liebe*r uniuni

Mein erster Gedanke nach der Lektüre Ihrer Frage war: Und wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Unterricht?
Meine Vermutung ist, dass Sie grösstenteils zufrieden sind, denn Sie äussern dazu keine Fragen und Zweifel. Sie haben wohl eine gute Beziehung zu den Kindern Ihrer Klasse und bieten Ihnen ein tolles Umfeld mit vielen und vielfältigen Lernmöglichkeiten.

Anton Strittmatter, ehemaliger Leiter der pädagogischen Arbeitsstelle des Schweizerischen Lehrervereins (LCH) hat im Vereinsorgan Bildung Schweiz 1/2002 geschrieben:
„Der Beruf [der Lehrperson] ist als ein prinzipiell unvollkommen gelingendes Unternehmen darzustellen – als eine Aufgabe für forschende, experimentierende, sich ständig evaluierende, sich am Gelingen freuende, ständig sich fortbildende Menschen.“

Ich denke, Sie machen im Sinne Strittmatters viel richtig und gut.
Sie forschen nach neuen Wegen, Sie sind experimentierfreudig, besuchen Weiterbildungen, tauschen sich mit Kolleginnen und Kollegen aus und Sie evaluieren die Wirkung Ihrer Massnahmen selbstkritisch und nehmen wenn nötig Anpassungen vor.
Ich frage mich, wie es mit den beiden weiteren Aspekten steht. Wie nehmen Sie Gelingendes wahr? Was spiegeln Ihnen die Kinder?
Was haben Sie in den letzten vier Jahren dazugelernt? Welche (vielleicht kleinen) Elemente aus Weiterbildung und Austausch haben Sie erfolgreich umgesetzt? Was ist schon automatisiert? Feiern Sie Ihre Erfolge?
Wie gehen Sie mit der Unvollkommenheit des Unterrichts um, mit der Tatsache, dass Sie als Lehrperson immer noch mehr machen könnten? Wie gehen Sie mit Ihren eigenen und übernommenen Erwartungshaltungen um? Kann gut für Sie auch gut genug sein?

Suchen Sie das Gute in Ihrer Planung. Was macht Sie sicher? Orientieren Sie sich am Gelingenden, bauen Sie auf Ihren Erfolgen auf und optimieren Sie Ihre Planung in kleinen Schritten. Lassen Sie sich Zeit, Ihre eigene Form zu finden und freunden Sie sich mit dem Gedanken an, dass Sie sie gar nicht finden müssen, sondern immer wieder neue Wege und Ansatzpunkte finden dürfen.

Sie wünschen sich in einem Team zu planen und schreiben, dass an Ihrer aktuellen Schule (noch) niemand dazu bereit ist. Das „noch“ finde ich wichtig, lassen Sie nicht „lugg“, thematisieren Sie Ihren Wunsch klar und deutlich an einer offiziellen Konferenz, suchen Sie die Unterstützung ihres Anliegens durch die Schulleitung. Wenn sich wirklich (noch) niemand finden lässt, fragen Sie ehemalige Studienkolleginnen oder –kollegen oder schreiben Sie Kindergärtnerinnen in umliegenden Gemeinden an. Wer weiss, vielleicht meldet sich nach ihrem erneuerten Wunsch ja auch jemand hier im Forum mit dem gleichen Anliegen.

Im Anhang finden Sie Dokumente, die Ihnen eine Orientierungshilfe sein können. Die Schrift „Unterricht kompetent planen“ (als Auszug angehängt) vermittelt einen knappen, übersichtlichen und umfassenden Einblick von der einfachen Unterrichtsskizze über die Lektionsvorbereitung zur differenzeierten Planung langfristigen Unterrichtseinheiten. Die Checklisten sind als Anregung gedacht und zeigen, dass auch Planungsprofis sich immer wieder neue Fragen stellen können.

Vielleicht finden Sie auch im Fächernet der Kultur- und Bildungsdirektion des Kantons Bern hilfreiche Hinweise, die Sie sicherer machen können.

Ich hoffe, dass Sie sich nach meinen Ausführungen und mit den Hilfsmitteln weniger verloren fühlen.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg auf Ihrem weiteren Weg
mars

Liebe*r mars

Vielen herzlichen Dank für die umfassende Antwort!

An den meisten Tagen bin ich mit meinem Unterricht im Grossen und Ganzen zufrieden. Ich habe den Eindruck, dass die Kinder sehr gerne zu mir in den Unterricht kommen und sich wohl fühlen. Eltern melden mir an Elterngesprächen zurück, dass die Kinder sehr gerne in den Kindergarten kommen und am liebsten auch an den freien Tagen den Unterrichten besuchen möchten. Während meinem dritten Berufsjahr besuchte mich eine Praxislehrperson. Sie hat mir rückgemeldet, dass sie die Klassenatmosphäre wunderbar gefunden hat.
An anderen Tagen fühle ich mich unzufrieden. Meistens passiert das, wenn an einem Tag gefühlt gar nichts funktionieren wollte oder ich mich mit einer anderen Lehrperson vergleiche.

Das Zitat von Anton Strittmatter und die dazu gestellten Fragen gefallen mir gut. Folgende Punkte nehme ich für mich heraus:

  • Umgang mit den eigene/übernommenen Erwartungshaltungen (Stichwort Perfektionismus)
  • Unvollkommenheit als ständiger Begleiter im Berufsalltag und damit verbunden den Blick auf das Gelingende lenken
  • Realistische Ziele setzen (nicht übernehmen, schrittweise)

Gerade hatte ich noch ein Gespräch mit meiner Stellenpartnerin, welche aus dem Mutterschaftsurlaub zurückkommt. Wir haben vereinbart, dass wir bei der nächsten Planung die Nachmittage zusammen planen werden. Ich habe das Gefühl, dass sich eine Zusammenarbeit im Team schrittweise verstärken könnte.

Vielen Dank für die hochgeladenen Dateien.

Ich wünsche Ihnen ebenfalls alles Gute und bedanke mich nochmals für den Gedankenanstoss.

Liebe Grüsse
uniuni