Schulreifetest

Guten Tag

Ich bin daran für meine Schule diverse Diagnostikmaterialien zu bestellen. Neu werden wir ab Sommer 2020 auch IF-Lektionen im Kindergarten haben. Gerne würden wir einen Schulreifetest anschaffen.
Bis anhin habe ich nur Erfahrungen mit dem „Bereit für die Schule“ von PERSEN und dem DESK gesammelt. Beide überzeugen mich nicht völlig. Bei „Bereit für die Schule?“ sind keine Normen vorhanden und es bezieht sich auf Deutschland. Der DESK ist sehr ausführlich, benötigt aber auch sehr viel Zeit. Die Normen sind ebenfalls nur für Deutschland vorhanden.

Ich bin nun auf der Suche nach einem anderen Screeningverfahren. Es sollte mathematische/sprachliche Vorläuferfertigkeiten, Grafo- und Feinmotorik, sowie Sozial- und Arbeitsverhalten erfassen.
Gibt es ein empfehlenswertes Screening?

Guten Tag Frau/Herr Dobler

vielen Dank für Ihre Frage. Ich gehe davon aus, dass Sie einen „Schulreifetest“ für den Übertritt vom Kindergarten in die Primarstufe suchen?

Ich kann Ihnen zu dieser Frage für die Situation im Kanton Bern antworten.
Seit der Einführung des Lehrplans Kindergarten gilt im Kanton Bern, dass die Förderung der Schulbereitschaft auch Sache der Schule ist. Das heisst, Schulreifetests sind seit längerer Zeit nicht mehr empfohlen – genau aus den Gründen, die Sie selber erwähnen: Der Zeitaufwand ist gross, die Möglichkeit der Kinder während dieser Zeit ihre Kompetenzen zu erweitern in der Regel sehr klein.
Massgebend für die formative Beurteilung sind die Kompetenzbeschreibungen im Lehrplan 21. Aufgrund der formativen Beurteilung lassen sich auch Prognosen für den Übertritt in die 1. Klasse stellen – allenfalls wird ein individueller Schullaufbahnentscheid nötig.
Gern empfehle ich Ihnen die Applikation der BKD als unterstützendes Instrument zur formativen Beurteilung.

Ich hoffe, diese Antwort hilft Ihnen etwas weiter. Ansonsten stehe ich gerne für weitere Fragen zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüssen
Manaso

Vielen Dank für die Antwort.

Eigentlich geht es mir mehr darum, ein Screening-Verfahren zur Hand zu haben, um allfällige Probleme zu erkennen (Response-to-Intervention-Ansatz).
Ich möchte also die Vorläuferfertigkeiten erfassen (und mit Normen vergleichen) können, um entsprechend (falls notwendig) gewisse Bereiche fördern zu können. So wie beispielsweise Olli der Ohrendetektiv zur Phonologischen Bewusstheit, aber eben zu den verschiedenen Bereichen (Mathematik, Motorik, Arbeitsverhalten, …) Wahrscheinlich ist „Schulreifetest“ als Begriff von mir unglücklich gewählt.

Freundliche Grüsse
T. Dobler

Liebe/r T.Dobler

Besten Dank für deine Frage, die bei uns angekommen ist.
Wir haben sie intern der zuständigen Expertin weitergeleitet. Eine Antwort folgt so bald als möglich. Wir bitten dich noch um etwas Geduld und danken dir für dein Verständnis.

Herzliche Grüsse,
die Redaktion

Liebe/r T. Dobler

Grundsätzlich sind Schulreifeabklärungen wie bereits erwähnt, nicht im Sinne des Lehrplans 21, genauso wenig wie Testungen.
Ziel sollte sein, immer wieder formativ zu beobachten und die wichtigen Erkenntnisse für die individuellen weiteren Lernschritte festzuhalten. Das kann in Mathematik zum Beispiel mit dem kleinen Zahlenbuch oder bei der Arbeit mit mathematischem Material geschehen. In Deutsch ebenfalls mit den verwendeten Unterrichtsmaterialien.
Eine gute Möglichkeit ist, mit den Lehrpersonen zusammen entsprechende Lernumgebungen im Bereich der Pränumerik, der phonologischen Bewusstheit und im Bereich der Wahrnehmung, der Grob- und Feinmotorik zu erarbeiten und übers Schuljahr hinweg anhand von Beobachtungs- und Kompetenzrastern laufend die Entwicklungen der Kinder zu notieren.

Nur bei einzelnen Kindern ist eine diagnostische Erfassung angezeigt. Dabei sollte man sich immer die Frage stellen, was mit einer Testung beabsichtigt wird und welchen Mehrwert eine solche Testung bringt.
Wenn, dann empfehlen wir nur sehr gezielt ausgewählte Bereiche zu erfassen und darauf aufbauend eine Förderplanung zu erstellen.
Wenn Erfassungen wirklich notwendig sind, ist es wichtig, dass diese von IF-Lehrpersonen durchgeführt werden, die wöchentlich integrativ im Kindergarten mitarbeiten und dem Kind somit vertraut sind. Ansonsten kann es bei solchen Erfassungen zu völlig falschen Bildern kommen. Der Wert einer formativen Beurteilung und damit eines stetigen und gezielten Notierens von Beobachtungen übers Schuljahr hinweg ist viel aussagekräftiger.

Wir empfehlen folgende diagnostischen Erfassungsinstrumente:

  • Mathematik: Ausgewählte Aufgaben auf der Lernstanderfassung des Heilpädagogischen Kommentars zum Zahlenbuch 1
  • Deutsch: TEPHOBE Mayer, A. Test zur Erfassung der phonologischen Bewusstheit und der Benennungsgeschwindigkeit
  • Grafomotorik: Screening GRAFOS von J. Sägesser Wyss (ohne Differentialdiagnose - diese gehört ins Aufgabengebiet der Psychomotorik)

Zur Erfassung von Wahrnehmungsbereichen
Die Erfassung von Wahrnehmungsbereichen gehört in das Aufgabengebiet der Psychomotorik. Hier hilft der Leitfaden IBEM Seite 33.

Bei einer Testung, wie zum Beispiel DESK, muss man sich in erster Linie fragen welches Ziel mit der Erfassung verfolgt wird und welchen Mehrwert die Ergebnisse liefern können.
Um unsystematische Alltagsbeobachtungen anhand systematischer Beobachtungen besser abstützen zu können, kann man allenfalls ausgewählte Aufgabenstellungen aus Erfassungsinstrumenten (wie zum Beispiel den DESK) gezielt herausgreifen. Dies kann für eine anschliessende Kontaktnahme mit der Fachperson Psychomotorik sinnvoll sein.

Eine Vertiefung dieser Thematik ist zudem möglich im Rahmen einer Fachberatung.

Herzliche Grüsse
Team Fachbereich Heilpädagogik