Liebe Kolleg*innen,
Ich möchte einige Beobachtungen aus meinem schulischen Alltag teilen und fragen, ob Ihr ähnliche Erfahrungen gemacht habt und wie Ihr damit umgeht.
An unserer Schule kommt es häufig vor, dass Gruppen von Lehrkräften enthusiastisch neue Projektideen einbringen. Die Konstellationen sind unterschiedlich und die Ideen sowie der Grad der Ausarbeitung und der Aufwand für die Umsetzung variieren stark. Zu Beginn werden diese Projekte als Ideen präsentiert und es gibt für mich keinen Grund, „dagegen“ zu sein. So geht es auch anderen und damit wird das Projekt durchgewunken. Im weiteren Verlauf wird das Projekt dann meistens grösser und betrifft viele Lektionen, sodass auch Lehrpersonen davon betroffen sind, die eigentlich nicht im Projekt involviert sind. Manchmal endet es so, dass das Projekt für das gesamte Kollegium oder zumindest alle Lehrpersonen einer Klasse quasi verpflichtend wird, daran teilzunehmen. Zwar gibt es keine offizielle Ansage, dass das Projekt jetzt obligatorisch ist. Aber wenn ich nicht teilnehmen möchte und meine Lektionen nicht „hergeben“/abtauschen/verschieben will, muss ich meinen Standpunkt klar und manchmal nachdrücklich vertreten.
Mir bereitet dies regelmässig Probleme, da solche Projekte manchmal kurzfristig eingeführt werden und nicht immer gut durchdacht sind. Sie bringen oft einen erheblichen zusätzlichen Arbeitsaufwand mit sich, der meine sorgfältige Unterrichtsplanung durcheinanderbringt. Wenn ich Lektionen für solche Projekte „verliere“, muss ich meine eigenen Pläne umstellen, was für mich Stress bedeutet. Ich sehe meine Klassen selten, muss also genau planen, was ich wann mache und wann ich Prüfungen durchführe.
Ich glaube, dass die meisten Lehrpersonen eine bereits übervolle Aufgabenliste haben. Ich möchte nicht, dass meine Liste noch länger wird. Darum prüfe ich sehr sorgfältig, ob ich etwas Neues in die Liste aufnehme, wenn ich dafür nichts rausstreichen kann. Die Autonomie über diese Entscheidung möchte ich behalten.
Ein weiteres Problem ist die fehlende Abstimmung im Kollegium. Oft wird nicht klar kommuniziert, wie viel Arbeit das Projekt tatsächlich erfordert und es gibt keine formale Abstimmung darüber. Dadurch entsteht der Eindruck, dass die Teilnahme freiwillig ist, was jedoch meines Erachtens oft nicht wirklich der Fall ist. Ein „Nein“ zu solchen Projekten zu sagen, fühlt sich schwierig an, da man sich viel mehr erklären muss und das Risiko besteht, als unkooperativ zu gelten.
Meine Erwartung sieht so aus: Freiwillige Projekte sollen so gestaltet sein, dass nur jene davon beeinflusst sind, die daran teilnehmen wollen. Die, die weniger interessiert sind, sollen nach eigenem Ermessen teilnehmen dürfen. In meinen Augen kann eine Projektgruppe lediglich um Flexibilität etc. bitten, diese aber nicht einfordern.
Ich würde gerne wissen:
- Habt Ihr ähnliche Erfahrungen an Euren Schulen gemacht?
- Falls es Euch ähnlich geht wie mir: Wie geht Ihr damit um ohne die Rolle der Bremserin einzunehmen?
- Gibt es bei Euch formale Prozesse zur Einführung neuer Projekte, die sicherstellen, dass alle Beteiligten einbezogen und die Arbeitsbelastung fair verteilt wird?
Ich freue mich auf Eure Antworten und den Austausch über mögliche Lösungen.
Liebe Grüsse
Ella