Bei meinem Berufsstart vor fast 10 Jahren wurde von Seiten der Erziehungsdirektion und den Ausbildungsstätten propagiert, in allen Fächern als Unterrichtssprache die Standardsprache, also die hochdeutsche Sprache zu verwenden. Ich habe das in den letzten Jahren recht konsequent angewendet und spreche in sämtlichen Fächern die Standardsprache (ausg. Fremdsprachen). Ich stelle nun aber fest, dass dies in meinem Kollegium und anscheinend auch an anderen Schulen, immer weniger so gehandhabt wird. Vor allem in den sogenannten „Nebenfächern“ wird wieder oft Mundart gesprochen.
In unserem Kollegium sind wir uns darüber nicht wirklich einig.
Gilt die Regelung nach wie vor, dass in der Regel die Standardsprache gesprochen wird? Gerade die letzten Veranstaltungen an unserer Schule lassen schon etwas daran Zweifeln. So wurde zum Beispiel an der Veranstaltung zum LP 21 von Seiten des Schulinspektoriats, aber auch in allen besuchten Fachangeboten konsequent berndeutsch gesprochen. Gibt es da von offizieller Seite her ein Paradigmenwechsel oder müsste da die PH Bern und die Inspektoren nicht auch mit gutem Vorbild vorangehen?
Lieber Antonio
Besten Dank für Ihren Beitrag. Sie sprechen ein wichtiges Thema an, welches auch bildungspolitisch immer wieder diskutiert wird.
Ziel der Sprachförderung in der Schule muss sein, dass sich die Kinder und Jugendlichen möglichst präzise und differenziert in der Standardsprache ausdrücken können, daher sind sie darauf angewiesen, die Standarsprache immer wieder zu üben und anzuwenden. Im Lehrplan 95 wird die Unterrichtssprache im Kapitel 6.8 der Allgemeinen Hinweise und Bestimmungen thematisiert, es steht u.a. Folgendes:
„Damit die Schülerinnen und Schüler Gelegenheit erhalten, sich in vielfältigen Situationen hochdeutsch auszudrücken, wird in allen Fächern grundsätzlich hochdeutsch gesprochen. Wenn Mundart gesprochen wird, soll dies bewusst und gezielt geschehen. Hochdeutsch und Mundart sind nicht an bestimmte Unterrichtssituationen gebunden.“
Somit kann auch Mundart gesprochen werden - dafür gibt es viele Unterrichtssituationen - angefangen vom Sprachenvergleich bis hin zu Partnerarbeiten. Ein Unterricht, in dem ausschliesslich Mundart gesprochen wird, entspricht nicht dem Lehrplan 95.
Sie schreiben, dass Sie sich im Kollegium nicht einig sind - eine ähnliche Situation besteht in der Weiterbildung und zwar seitens der Teilnehmenden als auch seitens der Dozierenden. Die Dozierenden kennen Kurssituationen, in denen sich einige Teilnehmede konsequent weigern, Standardsprache zu sprechen, andere Teilnehmende hingegen keine Mühe bekunden, auch Diskussionen und Gruppenarbeiten in der Standardsprache durchzuführen. Der Kompromiss besteht darin, dass in den Weiterbildungsveranstaltungen Standardsprache gesprochen wird und je nach Kurssituation auch Mundart gesprochen werden kann. Dies führt dazu, dass die Präsentationen in der Regel in der Standardsprache erfolgen, ebenso die Diskussionen im Plenum - in den Gruppenarbeiten hingegen sehr oft Mundart gesprochen wird. Einige Dozierende bleiben konsequent bei der Standardsprache, andere thematisieren die Sprachregelung und fragen die Teilnehmenden, ob Standardsprache oder Mundart gesprochen werden soll.
In den Startveranstaltungen zum Lehrplan 21 wurde die Frage Mundart oder Standardsprache folgendermassen geregelt: für die Plenarteile liegt der der Entscheid beim durchführenden Schulinspektorat und bei der Vertretung des IWM. Für die Workshops gilt die Empfehlung, Standarsprache zu sprechen. Offenbar wurde die Empfehlung in den Workshops, die Sie besucht haben, nicht umgesetzt.
Liebe Heidi
Besten Dank für die ausführliche Antwort. Es freut mich zu hören, dass die regelmässige Verwendung der Standardsprache immer noch wichtig ist.
Sie schreiben: Ziel der Sprachförderung in der Schule muss sein, dass sich die Kinder und Jugendlichen möglichst präzise und differenziert in der Standardsprache ausdrücken können, daher sind sie darauf angewiesen, die Standardsprache immer wieder zu üben und anzuwenden.
Dem kann ich nur zustimmen. Immer wieder stelle ich fest, dass Schüler, welche in den vorherigen Klassen konsequent die Hochsprache gesprochen haben, diese meist mit viel grösser Selbstverständlichkeit und Differenzierung verwenden. Fürs anschliessende Studium und/ oder Berufsleben finde ich dies heutzutage unabdingbar…