Teilpensum-Lehrerin verhält sich suspekt

Liebes Forum

An meiner 3.Klasse unterrichtet an einem Morgen pro Woche eine Teilpensum-Lehrerin.
Sie verhält sich suspekt:

  • Wenn sie mit mir spricht, macht sie oft mitten im Satz Pausen, schaut mich dann an, fährt dann irgendwie abgekürzt fort oder wechselt das Thema.
  • An den Morgen, wo sie unterrichtet ist die Klasse anschliessend oft „durch den Wind“ oder es gibt grössere Streitereien.
  • Sie wählte ein Klassenbuch aus, das für die 5./6. Klasse ist. Die SuS sagen, dass sie gar nicht verstehen, um was es geht.
    Auch hat sie dies nicht mit mir abgesprochen und unterrichtet auch nicht das Fach Deutsch.
    Auch bei anderen Themen scheint mir ihr didaktischer Aufbau fragwürdig.
  • Bei einer NMG Prüfung mussten die SuS bei der Windrose die Himmelsrichtungen anschreiben. Die hälfte der Klasse verwechselte Osten mit Westen etc. Sie machte aber überall ein Häkchen. Da die Elternunterschrift über mich als KLP läuft, sah ich dies und sprach sie darauf an. Sie nahm die Prüfungen zu sich mit den Worten: „Ich überarbeite es nochmals.“ - Und was machte sie? Sie radierte die, mit Bleistift geschriebenen, falschen Lösungen der SuS aus und schrieb selber die korrekte Lösung hin.
  • Auch wenn sie mir etwas per Mail schreibt, hat es oft seltsam viele Fehler in den Texten.

Es stellt mich hier daher die Frage, ob sie eine Krankheit hat?
Wie soll ich darauf reagieren? Bei der Schulleitung anfragen? Oder sie direkt ansprechen? - Aber da befürchte ich, die Situation noch zusätzlich zu belasten.

Freundliche Grüsse
Rikki (w.)

Hallo Rikki,

Das Verhalten, welches du beschreibst betrachte ich als sehr besorgniserregend. Ich glaube die Teilpensum-Lehrerin unterschätzt den Arbeitsaufwand, wodurch die Lektionen unstrukturiert und unvorbereitet erscheinen. Dass sie die Lösungen der SuS verbessert finde ich schockierend. Ob die Frau an einer Krankheit leidet kann ich nicht beurteilen. Eventuell ist sie Legasthenikerin oder einfach total überlastet und gestresst.

Ich würde zuerst ein persönliches Gespräch suchen und der Teilpensum-Lehrerin mitteilen, dass sie ganz klar die Anforderung nicht erfüllt. Du musst bei Beginn des Gesprächs klarstellen, was dein Ziel ist. Je nach Ausgang dieses Gesprächs, würde ich das Gespräch mit der Schulleitung suchen und die Situation schildern. Dabei kannst du auf die Punkte zurückgreifen, welche du hier bereits erwähnt hast; insbesondere der fragwürdige didaktische Aufbau, das abstruse Verhalten bei der Prüfung und das Verwenden von falschen Unterlagen. Die Schulleitung sollte im Idealfall entsprechende Massnahmen ergreifen.

Viel Erfolg,

Faeroer

Liebe Riki,
ich kann gut verstehen, dass Sie die geschilderten Beobachtungen beunruhigen und es ist richtig, dass sich deshalb überlegen, wie Sie vorgehen wollen.
In einem ersten Schritt erscheint es mir sinnvoll, wenn Sie sich über Ihre Motive und Zielsetzungen in ihren Rollen als Klassenlehrerin und als Kollegin klar werden. Überlegen Sie auch, welche Aufgaben zur Schulleitung gehören. Es ist wichtig, dass Sie sich klar werden, was Beobachtung und Interpretation bzw. Bewertung ist.
Wenn Sie sich im Klaren sind, können Sie sicher und mit Ruhe ein Gespräch mit der Kollegin führen, in dem Sie ihre Beobachtungen schildern und sie fragen, was sie dazu sagen will. Wertfreie Beobachtungen und Fragen werden von den meisten Menschen nicht als bedrohlich wahrgenommen und Sie bekommen so im besten Fall Hinweise, wie Sie oder weitere Personen die Kollegin unterstützen können und können so Ihre Zusammenarbeit klären.
Wenn die Kollegin auf die Fragen nicht eingehen will oder verärgert reagiert, können Sie ihr Ihre Bedenken und Sorgen, also ihre Motive unterbreiten. Die Reaktion zeigt wieder wie offen die Kollegin sich zeigt. Im besten Fall kommt es zu einer gemeinsamen Klärung und partnerschaftlichen Lösungssuche.
Wenn Sie das Gespräch klar und ruhig führen und bei sich bleiben können, sehe ich eine grosse Chance, dass sich damit eine positive Entwicklung einleiten lässt.
Seien Sie nicht enttäuscht, sollte das Gespräch wider Erwarten nicht den gewünschten Erfolg bringen. In dem Fall würde ich ein gemeinsames Gespräch mit der Schulleitung vereinbaren in dem gemeinsame Ziele und Vorgaben abgemacht werden können.
Ich denke, dass es die Situation mehr belastet, wenn Sie das Gespräch nicht führen, weil Sie so ihre Sorgen und Phantasien nur noch erweitern und wie mit einem Rabattmarkenheft weitere negative Vorfälle sammeln und es dann zum Eklat kommt, wenn das Büchlein voll ist oder der bekannte letzte Tropfen das Fass zum Überlaufen bringt.
Wenn Sie das Gespräch ruhig, klar und ergebnisoffen angehen, Wertungen vermeiden, Ich-Botschaften senden und ein Scheitern nicht als Misserfolg sondern als noch nicht gelungener Versuch zu einer Lösung zu kommen werten, steigern Sie im Sinne der selbsterfüllenden Prophezeiung die Möglichkeit zum Erfolg.
Reinhold Miller schreibt in seinem Buch 99 Schritte zum erfolgreichen Lehrer unter dem Titel «Kommunikation ist Verständigung untereinander»: Erschrecken Sie nicht oder sind Sie nicht enttäuscht oder „sauer“, wenn das, was Sie sagen, so „ganz anders“ ankommt. Dies ist normal!
Vielleicht hilft Ihnen zur Vorbereitung des Gesprächs auch ein Blick in das Vierohrenmodell von Schulz von Thun, auf das Miller in seinem Aufsatz Bezug nimmt (siehe Anhang).
Und noch ein Tipp zum Schluss: Es ist zielführend, wenn in Gesprächen immer nur 10 bis höchstens 20 Prozent für die Darstellung des Problems verwendet werden und der grosse Rest zur Findung von Lösungen.

Ich wünsche Ihnen und Ihrer Kollegin viel Erfolg und grüsse herzlich
mars

Lieber Faeroer

Danke dir für deine umgehende Antwort. Vor allem dein Input, dass ich die TLP auf den zu erbringenden Arbeitsaufwand anspreche, finde ich sehr wichtig.
Auch werde ich also zuerst das Gespräch mit der TPL suchen, wie auch „mars“ empfiehlt.

Mit sonnigen Grüssen
Rikki

Lieber Mars

Danke dir für deine ausführliche Antwort, mit vielen Inputs für das Gelingen des Gesprächs.
Den Anhang Schulz von Thun habe ich auch ausgedruckt. Ich werde vorab ein wenig üben und mich dazu aufnehmen - um so deine Tipps möglichst umsetzen zu können.
Lehrer sein ist ja immer auch eine persönliche Lebensschule :wink:

Herzliche Grüsse
Rikki