Wenn wir mit einer Klasse im Informatikraum sind, ist uns Lehrpersonen klar, dass wir eine Aufsichtspflicht für den Zugang der Jugendlichen ins Internet haben. Nun besitzen zunehmend viele Jugendliche unserer Schulen ein Smartphone mit einer Flatrate für Datenverbindung. Konkret ermöglicht das überall mobilen Zugang zum Internet: Sowohl zu seinen wertvollen Inhalten als auch zu all seinem Schrott. (Und davon hat’s ja bekanntlich viel und die Jugendlichen finden ihn schneller als wir hoffen!) Im Schulalltag ist der Gebrauch von solchen Geräten meist recht klar geregelt und das mobile Internet wird selten zum Problem. Aber wie handhaben wir das in Klassenlagern? Wie können wir unsere Lehrer-Verantwortung wahrmehmen für 20 Schülergeräte mit Zugang zu mobilem Internet? Im Zug, auf dem Sessellift, in der Freizeit, im Massenlager etc?
Wir unterhielten uns in unserem Oberstufen-Kollegium lange und intensiv darüber. Nichts unternehmen? Moderne Smartphones verbieten? Einschränkungen auferlegen? Welche? Wie allenfalls durchsetzen?
In den kommenden Wintersportlagern vom Winter 12/13 testen wir nun folgende Nutzungs-Einschränkung:
A) Wer ein internet-fähiges Smartphone mitnimmt, verpflichtet sich, während dem gesamten Lager alle Datenverbindungen bleibend zu deaktivieren. (Nur Telefon, SMS und MMS bleiben erlaubt.)
B) Beim Abgeben der Geräte vor der Nachtruhe (das ist bei uns so üblich) muss der Lehrperson auf Verlangen gezeigt werden, dass die Regel eingehalten wird. (Das geht beim iPhone ganz einfach und bei Android via einem Kniff und einer App fürs Messen des Datenvolumen)
Gibt es Meinungen oder Anregungen dazu?
Gibt es andere Arten, das zu handhaben?
An unserer Schule sammeln wir die Geräte über Nacht auch ein (obschon ich dagegen bin), das Problem mit der Flatrate hatten wir noch nicht.
Einige Gedanken zu den Problemen, die ich auch mit Dozenten aus dem Institut für Medienbildung besprochen habe:
Die Geräte einsammeln, das kann man machen. Die Gefahr besteht aber, dass es Schüler, Schülerinnen gibt, die ein zweites Handy dabeihaben und das dann in der Nacht benützen.
Die Geräte kontrollieren hingegen finden wir sehr heikel. Wahrscheinlich ist das rechtlich nicht erlaubt! Besser finden wir immer eine Lösung, wo mit den Betroffenen die Probleme besprochen werden, die Folgen aufgezeigt werden. So dass hoffentlich eine Vertrauensbasis geschaffen werden kann.
Inzwischen hat sich unsere Schulleitung beim Rechtsdienst und beim Inspektor informiert, welche uns (auch) von dieser Regelung abraten, weil sie rechtlich heikel ist.
Wir testen also diesen Test nicht, sondern begnügen uns mit Hinweisen auf jugendgerechten Gebrauch der Geräte, auf Einhaltung der Persönlichkeitsrechte und auf die Verantwortlichkeit der Eltern. Mal schauen…
Ich würde mich hier wieder mit News melden, wenn es welche gibt.
zum Thema „Handy im Schneesportlager“ hat der „Der Bund“ am 6. Februar 2013 einen Artikel und ein Interview publiziert:
«Ich hab die Skischuhe an, Mama»
Die Heimiswiler Schulkinder sind diese Woche im Skilager – ohne ihre Handys. Die mussten sie daheim lassen. Totalverbote gibt es auch in anderen Schulen. Niemanden scheint das zu stören. Im Gegenteil.
das ist ja hochinteressant! Zwei grundsätzlich unterschiedliche Meinungen von demselben Rechtsdienst!?! Vielleicht war auch einfach die Idee schlecht, den korrekten Gebrauch kontrollieren zu wollen statt Handys ganz zu verbieten? PH-Experte Jose, was meinen Sie dazu?
Unsere Schulleitung hat den Artikel mit grossen Augen auch gelesen. Hoffentlich werden wir das Thema bei uns wieder aufnehmen!
Was mir gefällt ist das:
Auch Christoph Joss, Schulinspektor im Unteren Emmental, argumentiert mit der Obhutspflicht der Lehrer. Aus der Verantwortung, die sich daraus ergebe, lasse sich das Recht der Schule ableiten, Regeln aufzustellen – auch in Bezug auf den Handygebrauch.
Ich bin immer noch der gleichen Meinung. Handykontrolle geht nicht. Aber Regeln aufstellen kann und sollte man. Das kann für die ganze Schule aus meiner Sicht auch heissen, die Handys zu Hause zu lassen. In diesem Fall würde ich vorher eine Diskussion mit den Eltern empfehlen. Wenn diese auch hinter dem Entscheid stehen, gibt es wohl keine grossen Diskussionen. Aus meiner Erfahrung sind sie normalerweise nicht dagegen.
Bei Klassenlagern und Skilagern bin ich - ganz entgegen meinen sonstigen Grundsätzen - für ein generelles Verbot. Denkbar wären vielleicht Zeitfenster, in denen die Benutzung der mobilen Kommunikation doch erlaubt ist. Ich habe dafür zwei Gründe:
Zum einen hat ein Kollege von mir berichtet, dass er mit einer neuen Mittelschulklasse in einem Klassenlager war; Sinn dieses Lagers ist natürlich die Bildung einer guten Klassengemeinschaft. Dieser Kollege hat sich dann mit der Zeit gewundert, dass quasi keine rechte ‚Lagerstimmung‘ aufgekommen ist, dass die gemeinschaftlichen Erlebnisse nicht als solche wahrgenommen wurden. Und dann ist ihm mehr und mehr bewusst geworden, dass alle (wirklich alle!) S. der Klasse eigentlich andauernd AUCH am Kommunizieren mit ‚ausserhalb‘ waren und dadurch Mühe hatten, sich auf das ‚innerhalb‘ (die Klasse, das Lager, die gemeinsamen Aktivitäten) ganz einzulassen. In der Tat ist es für Jugendliche von heute derartig selbstverständlich, per Mobiltelefon wie mit einer Nabelschnur mit ihrem Freundeskreis verbunden zu sein, dem oder der Liebsten per SMS guten Morgen und gute Nacht zu wünschen und alles, was man sieht, auch zu fotografieren und auf facebook zu stellen. Und da kann es mal wirklich nützlich sein, ihnen eine Art Robinson-Erfahrung zu verschaffen und diese Nabelschnur mal für fünf Tage zu unterbrechen.
Zweitens habe ich es selbst erlebt, dass eine Gymnasiumsklasse, mit der ich auf Auslandsreise war, plötzlich tagsüber teilweise nicht mehr zu gebrauchen war, weil die S. halbe Nächte lang auf mitgebrachten Laptops DVDs angesehen haben. Leider habe ich das erst zu spät so richtig begriffen und mich dann ziemlich darüber geärgert.
Inzwischen sind die Wintersportlager unserer Schule mit relativ viel Geräte-Freiheit vorbei. (Siehe meine Beiträge weiter oben.) Eigentlichen Missbrauch beobachteten wir keinen, aber zu viel übermässigen Gebrauch! Genau wie im Beitrag von PeterSpäter störte uns vor allem die ständige Beschäftigung mit den Geräten. Während der Mittagspause bei phantastischem Wetter auf der Piste gab es Jugendliche, welche die meiste Zeit auf ihr Phone fixiert waren! Manche Kids fanden es richtitg schlimm, wenn ihr Gerät erst nach dem Zmorgen bei mir abholen durften!
Nach den Frühlingsferien steht bei uns eine Sport-Projektwoche der ganzen Schule an. (170 Siebt- bis Neuntklässler). Wir Lehrpersonen haben uns entschlossen, den Gerätegebrauch auf ein Zeitfenster nach Znacht bis Nachtruhe zu beschränken. Tagsüber wird überhaupt kein Gerätegebrauch erlaubt sein mit der einzigen Ausnahme von reinen Fotoapparaten oder Videokameras. Bin gespannt, wie sich das bewährend wird.
@R_Morgy:
Ich würde sogar noch einen Schritt weiter gehen und nicht die ganze Zeit zwischen Znacht und Schlafenszeit ‚freigeben‘. Denn genau das ist ja doch eigentlich die Zeit, in der die S. etwas miteinander machen sollten, statt mit Leuten zu kommunizieren, die gar nicht da sind.
So, wir sind zurück aus der „Schulverlegung“ all unserer Klassen nach Tenero. Das System, Gerätegebrauch auf die Abendfreizeit zu limitieren hat sich recht gut bewährt. Die Geräte waren viel weniger präsent als in anderen Lagern und es gab wenig Konfkiktpotential.
Der ursprüngliche Knackpunkt, weswegen ich das Thema überhaupt begonnen habe, das frei zugängliche mobile Internet für Schüler mit Flatrate, ist dadurch natürlich nicht gelöst, sondern einfach zeitlich eingeschränkt.