Hallo @lehrerinnenherz!
Ich melde mich mit einigen Überlegungen zu deinen Fragen, welche für dich hoffentlich hilfreich sein werden. Ich bin Dozentin für schulische Sexualerziehung der PHBern und Beraterin für Geschlechterfragen und als solche auf Fragen zu Geschlechtsidentitäten spezialisiert.
Ich finde es toll, dass du dich so umsichtig über die aktuelle Situation dieses trans Mädchens, den Eltern und deiner Klasse Gedanken machst und somit unterschiedliche Perspektiven einnimmst. Weisst du, ob das Kind/die Eltern vielleicht bei einer Fachperson in Beratung sind und dort einen Raum haben, um sich mit Fragen der Geschlechtsidentität auseinanderzusetzen? Diese Fachperson könnte auch für dich eine wichtige Ansprechperson und Ressource sein. In vielen Fällen sind Rundtischgespräch mit der Familie, der Fachperson, der Lehrperson und Schulleitung sehr hilfreich.
Sollte die Familie oder du an einer Adresse für Beratung interessiert sein, kann ich die trans Beratung am Checkpoint der Aids Hilfe Bern bei Raphael Guillet sehr empfehlen. Sie ist kostenlos sowohl für Eltern wie auch für Lehrpersonen/Teams.
Auch bei Transgender Network Switzerland finden sich weiterführende Informationen für Eltern und Schule.
Hast du die Möglichkeit, dich bezüglich deinen Überlegungen mit einer Co-Lehrperson und der Schulleitung zu besprechen?
Persönlich würde ich die Eltern kontaktieren und deine Überlegungen unbedingt anbringen. Betonen, dass bisher die Toiletten und Garderobensituation gut für Alle war und du dich nun fragst, ob es mit Blick auf die Pubertät ggf. Anpassungen braucht? Bedürfnis der Eltern und des Kindes abholen, wie denken sie darüber, was wäre ihnen wichtig? Zudem wird deine Einschätzung wichtig sein, wie du die das Bedürfnis deiner Klasse, insbesondere der Mädchen einschätzt, wird es ihnen weiterhin wohl sein, das trans Mädchen bei sich in der Garderobe zu haben oder nimmst du diesbezüglich Unsicherheiten/Widerstände der Klasse wahr?
Für das trans Mädchen und seine Familie wird es wichtig sein, weiterhin zu sehen, dass du und die Schule einen integrativen Ansatz verfolgt. Wenn es zu einer Separation des Kindes kommen würde, wahrscheinlich am ehesten in der Garderobe, sollte dies der Familie und dem Kind erklärt und mit ihnen eine bestmögliche Alternative gefunden werden. In der Toilette wird sich die Frage wohl weniger stellen wegen Einzelkabinen.
Es gibt im Kanton Bern einige andere Schulen, die mit trans Kindern Erfahrung haben und ein Austausch könnte sich unbedingt lohnen! Du könntest dich bei diego.valsecchi@tgns.ch oder via https://angehoerige.tgns.ch/nach den Schulstandorten erkundigen.
Abschliessend noch ein Hinweis auf das IdeenSet der PHBern zur Thematisierung geschlechtlicher Vielfalt an Schulen.
Viele Grüsse, Marie-Lou Nussbaum