Guten Tag
Ich kann nicht mehr! Ich bin überfordert und bin wie gelähmt. Ich habe zu viele Kinder mit Auffälligkeiten, die ich integrieren muss und 3 Jahrgänge im gleichen Schulzimmer. Forderungen und Reklamationen kommen nicht von den Kindern, aber von den Eltern. Ich halte den Druck, den die Eltern machen, nicht mehr aus. Meine Schulleitung sagt mir, dass ich mich besser abgrenzen soll. Ich habe so viele Kinder, die ich integrieren muss, aber ich schaffe es nicht. Ich glaube, ich habe den falschen Beruf studiert, obwohl ich mich so darauf gefreut habe, Lehrerin zu werden. Mit den Schülern geht es eigentlich gut, aber ich habe keine Kraft mehr. Auch in der Nacht kann ich nicht abschalten.
Guten Tag
Gut, dass du um Hilfe rufst. Es ist für dich in deiner Situation ein schwacher Trost, wenn ich dir sage, dass ich nicht mit dir tauschen möchte. Zeigt aber, dass die Situation, in der du dich befindest, unhaltbar ist. Du brauchst Hilfe und zwar von verschiedenen Seiten. Nicht weil du nicht genügst oder etwas falsch machst, sondern weil sehr wahrscheinlich zu viele Komponenten in deiner Klasse vorhanden sind, die dich über deine Grenzen hinaus belasten.
Melde dich möglichst rasch bei einer Beratungsperson des Instituts für Weiterbildung. Du wirst unterstützt und begleitet. Individuell wird deine spezielle Situation angeschaut.
Wenn du schreibst, dass du wie gelähmt bist, dann ist das ein Ausdruck von dem Stress, dem Druck, der Spannung, der Ohnmacht, in der du dich befindest. Für mich nachvollziehbar. Du hast Bedürfnisse, die gestillt werden wollen und müssen. Du hast den Beruf mit Freude ergriffen und findest dich in einer Situation, die für viele andere Lehrpersonen auch zur Überlastung führen würde. Mit sich abgrenzen alleine ist es nicht getan – alle Beteiligten müssen mittragen und mithelfen, um die Herausforderung zu meistern. Es liegt nicht einfach an dir. Die Beratungsperson geht mit dir den Weg – du bist nicht alleine – und du kannst nur gewinnen. Die Verantwortung hast nicht nur du zu tragen. Wenn es gelingt, diese schwierige Situation zu meistern, dann hast du viel für deine weitere Lehrerinnenlaufbahn gelernt. Wenn du einfach aussteigst, dann besteht die Gefahr, dass dieses negative Erlebnis noch sehr lange in dein Leben eingreift und dein Selbstvertrauen belastet.
Ich wünsche Dir viel Kraft und Mut.
Hallo Aus_der_Praxis
An meiner allerersten Stelle habe ich das Gleiche erlebt wie du. Damals hatte ich noch zuwenig Überblick und Selbstvertrauen um zu wissen, dass ich auch Ansprüche habe auf gute Arbeitsbedingungen und Unterstützung. Was ich damals erlebt habe, geht auf keine Kuhhaut. Ich musste zum Beispiel vor die Schuko antreten, ohne vorher informiert zu werden, warum… dann wurde ich mit einem unglaublichen Elternbrief konfrontiert, der sich als Fälschung eines Schülers herausstellte…
Auch ich hätte fast alles hingeschmissen.
Ich persönlich bin froh, dass ich mich durchgebissen habe, denn inzwischen habe ich alle die schönen Seiten auch kennen gelernt, auf die du dich so gefreut hast!
Im richtigen Team kann es wirklich fäge!
Und mit mehr Unterstützung und wachsender Erfahrung bietet man den Eltern auch nicht mehr so viel Angriffsfläche. Mein „Elternrezept“: richtig viel persönlichen Kontakt halten. Systematische (bei mir wöchentliche) Rückmeldungen machen.
Als ich mich so fühlte, wie du es beschreibst, gab es nur noch eine Notbremse für mich: ich habe mich krankschreiben lassen. Das verschaffte mir Luft zum Atmen!
Es ist jetzt ein Jahr her, dass du deinen Eintrag geschrieben hast. Ich hoffe, es geht dir inzwischen besser!
Bestimmt lesen immer noch Lehrkräfte, was hier steht.
Ich wünsche euch allen viel Kraft, und dass ihr erkennen mögt, ob ihr für den Beruf geschaffen seid oder nicht. Und danach die richtigen Schritte gehen könnt!
Alles Gute!!!
Hallo Aus_der_Praxis
Deine Situation ist (war) beklemmend und schrecklich. Ich denke auch, dass man solche Situationen nicht hinnehmen muss/darf!
Lieber bei der SL Unterstützung einfordern, krank schreiben lassen, Schulhaus / Team wechseln, etc. als selber kaputt gehen. Die Belastungen im Lehrberuf sind riesig und werden in Zukunft wohl immer noch grösser (Sparmassnahmen vom Kanton, Klassengrösse steigern, Integrationsartikel, Ansprüche der Eltern nach individueller Förderung und und und…)
Und manche Leute haben wohl das Gefühl, dass die Lehrer es „schön haben“ mit so vielen Ferien und dass man ihnen auch etwas zumuten darf, obwohl sie selber nicht die leiseste Ahnung davon haben, wie herausfordernd und belastend dieser Beruf tatsächlich ist.
Ich hoffe, das sich die Situtation für dich gebessert hat. Ansonsten, lass dich nicht unterkriegen!
Grüsse
schulehochzwei