Liebe Kolleginnen und Kollegen
Ein Junge aus meiner Kindergartenklasse (1.KG, DaZ) hat nun ca. 3x angedeutet, dass sein Papa ihn schlägt. Er sagt, Papa schlägt mich und macht dann passende Gesten. Das erste Mal hat er davon erzählt, als er ein Pflaster an der Schläfe hatte. Ich habe keine Wunde gesehen und auch zu keinem späteren Zeitpunkt blaue Flecken oder andere Blessuren gesehen. Der Vater hat während einem Gespräch erzählt, dass das Verhalten des Jungen sehr herausfordernd sei, da er viel Energie habe. Der Papa spricht auch eher gebrochen Deutsch.
Ich vermute, dass der Vater seinem Sohn in herausfordernden Situationen eine Ohrfeige gibt. Ich bin mir jedoch nicht sicher und weiss nicht, ob und wenn ja wie ich das Thema gegenüber dem Vater ansprechen soll. Hätte mir jemand einen Tipp?
Liebe Grüsse, uniuni
Liebe uniuni
Die Früherkennung möglicher Kindeswohlgefährdung (im Raum steht vorliegend der Verdacht einer körperlichen Misshandlung) ist eine wichtige Handlungsebene im Kindesschutz. Ziel ist es, Kinder, die in ihrer Entwicklung gefährdet sind, frühzeitig zu erfassen sowie die Eltern mit angemessenen und koordinierten Hilfestellungen zu unterstützen.
Für das Setting in der Schule hat die Direktion für Inneres und Justiz des Kantons Bern hierzu den Leitfaden Früherkennung von Kindeswohlgefährdung in den Volksschulen des Kantons Bern verfasst, der sich eingehend und schulspezifisch mit den komplexen Fragen auseinandersetzt, wer wann und wie auf Anzeichen einer Kindeswohlgefährdung reagieren soll.
Grundsätzlich liegt die Verantwortung für die Früherkennung bei der Schulleitung (Art. 36 Abs. 1 des Volksschulgesetzes vom 19. März 1992 [VSG; BSG 432.210]). Durch den engen Kontakt mit den Schülerinnen und Schülern nehmen jedoch häufig die Lehrpersonen als Erste Anzeichen einer problematischen Situation wahr und sind dann mit der Frage nach dem weiteren Vorgehen konfrontiert. Hierzu führt der Leitfaden aus: „In vielen Situationen, mit denen die Schulen konfrontiert sind, handelt es sich um ein «ungutes Gefühl», um Vermutungen oder Aussagen von Dritten, welche schwierig einzuordnen sind. Bei solcher Ungewissheit ist es für Lehrpersonen und Schulleitungen nicht einfach, die fachlich richtigen Schritte einzuleiten. Sofern vorhanden, kann eine kindesschutzspezifische Fachberatung beigezogen werden. Sie sorgt für persönliche Entlastung und hilft, die eigene professionelle Verantwortung in Situationen wahrzunehmen, in denen es um den Schutz von Kindern geht.“ Als schulinterne Anlaufstelle bezeichnet der Leitfaden die Schulsozialarbeit und skizziert - je nach Risikoeinschätzung - ihre Vorgehensvarianten.
Liebe Grüsse, der schlaue Bison