Wochenheft

Ich überlege mir, meinen 3./4. Klässlern einen wöchentlichen tagebuchartigen Schreibauftrag für zu Hause zu geben. Lernziele, die ich damit verfolge:

  • (Tagebuch-)Schreiben als etwas Kreatives, Lustvolles, Wohltuendes, Ordnen-Klärendes (Psychohygiene…) entdecken
  • Training in der Anwendung der bisher erlernten Rechtschreibregeln
  • Training des schriftlichen Ausdrucks bzgl. Wortschatz, Satzaufbau
  • Speditiver werden beim Verfassen eigener Texte durch regelmässiges Üben

Mir ist noch nicht ganz klar, wie ich den Auftrag stellen soll. „Berichte über ein Erlebnis der vergangenen Woche.“ spricht nicht alle Kinder an. Ich möchte deshalb die Möglichkeiten des Inhaltes etwas weiter fassen, z.B. über eine Person aus der Familie berichten, den Lieblingsplatz zu Hause beschreiben, einen kürzlich geträumten Traum erzählen, … Kurz: Das Kind soll etwas schreiben dürfen, was es als genug relevant und wertvoll erachtet um sich die Mühe zu machen, es aufzuschreiben, damit es sozusagen konserviert ist um später wieder gelesen werden zu können.
Hat jemand sowas schon mal versucht, wie wurde der Auftrag gestellt, damit dies möglich wurde?

Zudem ist mir nicht klar, in welcher Art ich das Geschriebene behandeln soll bezgl. Rückmeldung/Korrektur… Da ich es gerne zu Hause schreiben lassen würde, werden einige Kinder wohl etwas Unterstützung durch Eltern erhalten (auch wenn ich das nicht unbedingt will). Viele Eltern werden wohl zudem den Anspruch haben, dass das Geschrieben korrigiert und verbessert werden sollte um den grösstmöglichen Lerneffekt zu erzielen (div. Voten am vergangenen Elternabend lassen darauf schliessen…). Dies wäre aber sehr aufwändig und würde der Lust am Schreiben in diesem Zusammenhang wohl eher nicht dienlich sein?! Diesbezüglich bin ich deshalb auch froh um Tipps/Rat wie ich vorgehen und mein Vorgehen gegenüber den Eltern begründen könnte.

…ich habe nun bereits selber versucht meine Idee konkreter werden zu lassen, siehe Anhang. Die beiden Blätter werden voraussichtlich vorne ins Tagebuch geklebt. Nehme diesbezgl. gerne Feedback entgegen, ob das so gelingen könnte oder was ich vielleicht noch ändern oder beachten sollte. Für die regelmässige Korrektur beziehungsweise das Kommentieren der Einträge habe ich meine IF-Lehrperson angefragt, ob sie allenfalls einen Teil übernehmen könnte.

Liebe Wanjiku
deine Anfrage wurde aufgenommen und ist in Bearbeitung. Wegen der Ferienzeit bitten wir dich um etwas Geduld. Die Thematik ist ziemlich komplex und erfordert eine gründliche Antwort.

Freundliche Grüsse
Redaktion Forum für Lehrpersonen

Liebe Wanjiku

Deine Anfrage ist in der sehr Tat komplex, kreist sich doch um mehrere Themen: um das Schreiben an und für sich, um die Frage der Schreibförderung und Schreibmotivation, die Funktion des Schreibens, um das Thema Schreibaufträge formulieren und Schreibaufträge kommunizieren, selbständiges und eigenverantwortliches Arbeiten, Beurteilen und Korrigieren …

Wie dich die Redaktion bereits informiert hat, bitten wir dich aufgrund der Ferienzeit um etwas Geduld. Dennoch einige erste Anregungen für dich zum Überlegen: Hast du selber schon ein Tagebuch geführt? Für dich selber und freiwillig oder in der Schule von der Lehrperson angeleitet? Wie regelmässig sind/waren deine Einträge? Wie privat bzw. wie öffentlich waren sie? Hat jemand deine Einträge kommentiert und zudem gar beurteilt? Wie angstfrei und lustvoll hast du geschrieben? Welche Erfahrungen hast du grundsätzlich gemacht? …

Wie wäre es, einen Eigenversuch zu machen, bevor du mit deiner Idee an die Kinder und Eltern herantrittst? Mit deinen Worten formuliert: Wähle selbst ein Thema, das du als „genug relevant und wertvoll“ erachtest , um dir „die Mühe zu machen, es aufzuschreiben, damit es sozusagen konserviert ist, um später wieder gelesen werden zu können.“ Beobachte dich selber, wie es dir beim wöchentlichen tagebuchartigen Schreibauftrag ergeht. Wenn du selber ausprobierst, was du deinen Kindern „zumuten“ möchtest, kommst du unter Umständen zu interessanten Erkenntnissen, die dir weiterhelfen, deine gute Idee weiterzuentwickeln.

In der Zwischenzeit treffen dann vielleicht im Forum weitere Anregungen ein, wie sich ein Tagebuch im Unterricht bereichernd einsetzen lässt.

Herzliche Grüsse
Sandmann

Lieber Sandmann
Ich danke für die erste Rückmeldung. Seit meinem letzten Eintrag und dank deiner ersten Hinweise habe ich den Auftrag überarbeitet - siehe Anhang.
Ja, ich habe schon viel eigene Tagebucherfahrung. Dies liess mich auch zum Schluss kommen, dass sich der Auftrag in sich beisst - ein Tagebuch ist eher Privatsache. Deshalb habe ich diese Bezeichnung in den Unterlagen mit Wochenheft ersetzt und bewusst darauf hingewiesen, dass das Kind nur Dinge aufschreiben soll, die es anderen zum Lesen geben mag.

Den Auftrag gebe ich nun schlichter: „Berichte über ein Erlebnis der letzten Woche.“ Um die Chance des lustvollen Schreibens zu erhöhen, gebe ich jedoch die Möglichkeit, alternativ auch über etwas anderes zu schreiben, worüber sich das Kind gerade Gedanken macht oder das zu seinem Leben gehört und worüber es gerne mal erzählen möchte.

Auch die Elterninfo gebe ich so, dass keine Anlehung an ein Tagebuch entsteht sondern die klassische Aufsatzart des Erlebnisberichts im Vordergrund steht, ausgeweitet auf die anderen möglichen Inhalte. Als Lernziel betone ich das Trainieren des für andere nachvollziehbaren und verständlichen Berichtens. So ist es auch klarer, in welche Richtung meine Beurteilung gehen wird. nebst den rein formalen Korrekturhinweisen, die ich je nach Lernstand des Kindes unterschiedlich ausführlich machen werde. Inhaltlich wird die Verständlichkeit und Logik des Erzählens im Vordergrund stehen. Dazu werde ich jeweils ein Feedback geben, mit konkreten Verbesserungshinweisen für einen nächsten Eintrag in dieser Art.

Liebe/r Wanjiku

Es ist interessant zu lesen, wie du dein „Projekt“ weiterentwickelt hast. Dass du uns Einblick in diesen Prozess gewährst, zeugt von (mutiger) Offenheit, für welche ich dir im Namen des Forums sowie seiner Leserinnen und Leser danke. Deine Überlegungen sind interessant und haben für einige Lehrpersonen auf die eine oder andere Weise vielleicht sogar nachahmende Wirkung.

Eine Nachfrage: Du schreibst, dass du deinen Auftrag überarbeitet hättest, und verweist auf den Anhang, den ich allerdings nicht entdecken kann. Habe ich etwas übersehen, oder fehlt er tatsächlich?

In der Zwischenzeit habe ich mich im Kreis von 3./4.-Klasslehrpersonen zum Thema „Tagebuch/Wochenbuch“ etwas umgehört. Eine Lehrerin hat mir in Kurzform eine Rückmeldung mit einigen weiterführenden Ideen gegeben, die ich dir und den Leserinnen und Lesern des Forums nicht vorenthalten möchte. Sie schreibt:

„Hier geht es meines Erachtens um die Gewöhnung an Regelmässigkeit, weshalb ich viel kleiner einsteigen würde. Warum nicht ein Minibook und zwei tägliche Sätze. Jede Woche ein anderes Thema: das Mittagessen, Freizeit, Training, mein heutiger Lichtblick … Jede Woche ein neues Büchlein mit einem neuen Thema, wobei die Themen durchaus mit der Klasse gesammelt und ausgewählt werden können. Für die Sätze Vorgaben machen: Zeitform, kein Satz darf gleich beginnen … Auf diese Weise hält sich auch der Korrekturaufwand in Grenzen, und nach einer Woche kann ein zweites Minibook in Reinschrift verlangt werden. Damit ergibt sich am Quartalsende eine hübsche Sammlung, die auch gebunden werden kann. Das Konzept notieren und den Eltern abgeben.
Zwei Sätze pro Tag, das tönt nach wenig, aber im Verlauf einer Woche kommen so immerhin 12 bis 14 gute Sätze zusammen, die man gerne liest.“

Verstehe die obigen Zeilen im Sinne einer Erweiterung deines Methodenrepertoires. Unter Umständen regen sie dich für ein zukünftiges Schreibprojekt an.

Beste Grüsse
Sandmann

…ich versuch’s nochmals mit dem Anhang. Danke für die Idee mit den Minibooks. Das klingt sehr gut. Ja genau, die Gewöhnung bringt’s auf den Punkt. Wie muss ich mir ein solches Minibook genau vorstellen? Gibt’s evt. eine konkrete Anleitung? Werde meinerseits noch ein wenig weiterbrüten… :slight_smile: und mich dann nochmals melden.
Besten Dank und freundliche Grüsse

Die FH NW bietet ein Portal zum Verfassen und Vervielfältigen von Minibooks an: http://www.minibooks.ch/
Damit könnte auch gleich ein Lehrplan 21-tauglicher Querverweis zu „Medien und Informatik“ hergestellt werden.

Guten Tag

Ich antworte hier als Mutter eines Sohnes, welcher sowohl in der 3. wie auch in der 4. Klasse ein Wochenheft führen sollte. Die Lehrperson gab ein kleines Heft ab und auf der ersten Seite war ein Merkblatt eingeklebt. Auf diesem Merkblatt standen u.a. die Minimalanforderung von 4 Sätzen (3. Klasse) respektive 1 Seite (4. Klasse) Länge des Beitrags, dazu vier Regeln aus dem Deutschunterricht (Satzanfänge schreibt man gross, vermeide Wiederholungen, Verben und Adjektive schreibt man klein, …). Die Texte durften nicht abgeschrieben werden aus einem Buch oder anderem, jedoch waren jederzeit ergänzende Bilder oder Zeichnungen erlaubt.
Anfangs war diese Wochenaufgabe ein grosses Muss und bereitete viel Mühe. Als Hilfe habe ich meinem Sohn den Cluster als Ideenfindung gezeigt. Auf diesem Cluster hat er dann jeweils die Reihenfolge der Sätze nummeriert. Das Schreiben wurde auch mit der verbundenen Schrift immer geläufiger und „normal“, mit der Zeit hatte unser Sohn schon am Wochenanfang eine Idee, worüber er schreiben wolle.
Die Texte wurden als Eigentum des Schülers belassen, also nicht auf Orthographie korrigiert. Die Lehrperson hat jede Woche einen aufmunternden kurzen Satz dazu notiert oder auch mit einer Frage darauf geantwortet.
Ich hoffe sehr, mit diesen Ausführungen von der andern Betrachtungsseite her zu dienen.

Liebe Creativity
Vielen Dank für deinen Bericht, auch das finde ich sehr aufschlussreich. Der Auftrag war, so wie ich verstanden habe, ganz schlicht - und doch durch die Wiederholung während zweier Jahre lehrreich. Und die Motivation ist gestiegen durch die Wiederholung?! Mich würde noch interessieren betreffend Ortographie und Satzstellung: Hat sich diese nach und nach verbessert, auch wenn die Lehrperson sie nicht korrigiert hat?

Ich habe übrigens mit meinem Wochenheft-Auftrag noch nicht angefangen…

Lieber Wanjiku

Bezugnehmend auf deine Frage kann ich sagen, dass sowohl Orthographie wie auch Satzstellung wenige Fortschritte erlebt haben.Dies geschah eher dadurch, dass ich zum Durchlesen und laut nachlesen animiert und dazu ermuntert habe, möglichst vielfältig zu schreiben. Es ist ihm glaube ich entwicklungsmässig mit der Zeit gelungen, beim Schreiben die Rechtschreibung „mitzunehmen“, weil das Schreiben nicht unter Druck gelingen musste.
Die Motivation ist insofern gestiegen, dass es mit der Zeit einfach leichter fiel, neue Themen zu finden und mein Sohn realisiert hat, dass eine Seite eigentlich noch rasch gefüllt ist.

Liebe Creativity
Besten Dank für die Antworten. Ich halte für mich folgende Punkte fest:

  •  zum Durchlesen und laut nachlesen animieren
    
  •   Ermunterung zum möglichst vielfältigen Schreiben
    
  •   Zeit geben, damit Reifen und Entwickeln an der Aufgabe möglich ist
    
  •   Schreiben ohne Druck unterstützt Reifeentwicklung
    

Ich erlaube mir nochmals nachzubohren:

Wenn du Fazit ziehst: Findest du als Mutter (und Lehrerin :-)) diese Wochenheft-Aufgabe, so wie sie dein Sohn erlebt hat, eine fördernde Sache, für die sich der Aufwand auf Kind- und Lehrerseite lohnt? Oder versuchtest du einfach das Beste daraus zu machen (was dir laut deinem Beschrieb gelungen ist) und findest aber eine andere Aufgabe zur Schreibförderung/ -gewöhnung sinnvoller? Wenn ja - wie würde die Aufgabe lauten?

Besten Dank, falls du dazu noch etwas schreiben magst.

… soeben habe ich einen genialen Fundus entdeckt, mit Ideen, wie ich meinen Wochenheft-Auftrag konkreter und einfach gestalten kann, damit die „basale Schreibfertigkeit“* (dies bringt eigentlich auf den Punkt, was ich fördern möchte, habe aber den Fachbegriff bis anhin nicht gekannt) gefördert wird:

https://wiki.edu-ict.zh.ch/quims/fokusa/mua

Die Aufgaben sind so konzipiert, dass sie von den Kindern beliebig oft wiederholt werden können und somit als gezieltes Training dienen können. Da es mir sehr weiterhilft im Bezug auf meinen Wochenheftauftrag dachte ich mir, den Link hier anzugeben, da es anderen Lesenden dieses Forumbeitrags vielleicht ebenfalls dient.

*mit „basale Schreibfertigkeit“ wird auf der Link-Seite folgende Fertigkeit beschrieben: ein gutes Zusammenspiel von Kopf und Hand, das den Schreibprozess entlastet und damit Ressourcen freisetzt für komplexere Schreibhandlungen

Liebe Wanjiku
Interessanter Beitrag, danke fürs Teilen: Ich werde nach den Sommerferien an unserer 3./4. Klasse auch das Fach Deutsch unterrichten und habe genau das vor, worüber hier berichtet wird. Ich werde auch ein Wochenheft einführen und die SuS einen Eintrag alle zwei Wochen schreiben lassen - sie dürfen frei schreiben worüber, der Text soll aber auch von Anderen gelesen werden dürfen. Ich werde es so handhaben, wie Creativity schilderte, werde aber die Orthographie-Themen, welche wir behandeln, ggf. schon auch korrigieren (Klein-/Grosschreibung etc.) und jeweils eine kurze Anmerkung darunter schreiben. Ich bin noch nicht so lange im Lehrberuf tätig, habe das vor einiger Zeit in einem Prakti so sehr positiv erlebt und möchte es nun anwenden, schlicht auch aus dem Grunde, dass ich finde, wir schreiben allgemein zu wenig, oder eben, wenn du so möchtest, um die „basalen Schreibfertigkeiten zu üben“. Ich finde das eine gute Sache.
Was mich aber noch interessiert: Warum schreibst du zu diesem (Unterrichts-) Vorhaben einen Elternbrief? Weil die SuS zuhause Schreiben werden? Während meiner (noch nicht so langen) Tätigkeit im Lehrberuf habe ich schon oft gesehen, dass ich die Eltern über etwas nicht informiert habe (jetzt in Bezug auf den Unterrichtsstoff, natürlich nicht auf die obligaten ausserschulischen Aktivitäten), worüber Kolleginnen informierten…und: wie handhabst du nun das Wochenheft?
Liebe Grüsse, Helena