Ein Kind der 3. Klasse wurde mit einer schweren Lese- Rechtschreibstörung diagnostiziert. Hinzu kommen deutliche Defizite in der visuell-räumlichen Wahrnehmung, der verbalen Verarbeitung und der auditiven Merkfähigkeit.
Das Kind benötigt audio-visuelle Unterstützung im Unterricht.
Welche unterstützenden Softwares werden seitens PH Bern empfohlen und aus welchen Gründen?
Dybuster und Calcularis werden, das habe ich hier im Forum gelesen, aus nachvollziehbaren Gründen nicht empfohlen.
Liebe Sarah
Danke für deine Frage.
Für die Auswahl von Hilfsmitteln im Unterricht ist vor allem wichtig zu wissen, wie sich die diagnostizierte LRS im Unterricht auswirkt.
Falls es auch noch darum geht angepasste Rahmenbedingungen zu formulieren, müsste dies im Antrag an die Schulleitung ja auch so beschrieben werden.
Grundsätzlich ist wichtig, dass es von kleinen, niederschwelligen Möglichkeiten bis zu umfassenden Lösungen alles gibt. Im Zentrum stehen die aktuellen Auswirkungen der LRS für den Schüler/die Schülerin im Unterricht sowie die Zukunftsperspektive und die Frage, ob die LRS so schwer ist, dass mittelfristig gewisse Lese- und Schreibarbeiten umfassend mit Hilfsmitteln kompensiert werden müssen. Die Anwendung dieser Hilfsmittel ist auch in der Berufsbildung anerkannt und möglich.
Da es sich bei deiner Schülerin/deinem Schüler um eine/einen Drittklässler handelt ist es noch relativ früh und anspruchsvoll, diese Entscheidungen abschliessend zu fällen. Vielleicht müsst ihr mal mit etwas Kleinem anfangen und die weitere Entwicklung beobachten.
Für die Formulierung von angepassten Rahmenbedingungen und dem Finden von geeigneten Massnahmen bieten wir an der PHBern auch Fachberatungen an.
Ich versuche nun, dir die Idee an ein paar Beispielen aufzuzeigen und dir gleichzeitig erste Antworten auf deine Frage zu geben.
Zeigt sich die LRS vor allem im Bereich des Lesens, insbesondere der Lesegeschwindigkeit und des Leseverstehens, kann es hilfreich sein, eine Software oder eine App einzusetzen, welche Texte vorlesen kann.
Für kleinere Arbeitsaufträge gibt es einen Stift den Anybook Reader, ähnlich dem Tiptoi Stift zu Kindersachbüchern. Diesen Stift kann man mit einem Strichcodesystem programmieren. Er liest Schülerinnen und Schülern dann kurze Arbeitsanweisungen, Wortlisten usw. vor. Auch Posten einer Werkstatt können mit diesem Strichcode versehen und der Arbeitsauftrag mit dem Anybook reader gelesen werden.
Für grössere Leseaufträge oder ganze Arbeitsblätter, Tests, Schulbücher usw. empfehlen wir die App voice dream reader. Die App kann im App store für iPads heruntergeladen werden und kostet 15.- Alle möglichen Texte, Bücher, Lehrmittel sowie pdf Dokumente können eingescannt und in die App importiert werden. Der Schüler/die Schülerin kann sich dann die entsprechenden Arbeitsanweisungen, Buchseiten, usw. auswählen und vorlesen lassen.
Zeigen sich die Schwierigkeiten beim Lesen von längeren Texten oder Klassenlektüre kann der Einsatz von Hörbüchern eine Möglichkeit sein. Mit einem Attest für die schwere LRS kann sich der Schüler/die Schülerin auf der Homepage von Buchknacker (www.Buchknacker.ch) anmelden und ganz viele Audiodateien nutzen.
Zeigen sich die Auswirkungen beim Schreiben, insbesondere bei der Rechtschreibung, können Korrekturprogramme wie das von Microsoft Word beim Schreiben von Texten genutzt werden. Hier stellt sich die Frage ob der Schüler/die Schülerin auch keine flüssige Handschrift hat, ev. auch aufgrund von graphomotorischen Auffälligkeiten. Dann kann überlegt werden, das Tastaturschreiben systematisch aufzubauen. Hier wird ch.schreibtrainer.com empfohlen. Der Schreibtrainer online ist ein kostenloses webbasierendes Programm zum Selberlernen.
Es gibt auch Softwarelösungen mit deren Hilfe ein mündlich formulierter Beitrag in Text umgesetzt werden kann. Die Stiftung active communication (www.activecommunication.ch) empfiehlt die Profisoftware Dragon naturally.
Dieses Programm ist in der Anwendung komplex weshalb von der Stiftung eine Einführung und Beratung empfohlen wird. Es ist wichtig, die Anwendung auf das Individuum anzupassen.
Im App store gibt es von dragon eine einfachere und kostenlose App, die sich gemäss Erfahrungen für kleinere Arbeiten wie das Diktieren einer Mail eignet. Beim Formulieren von komplexeren schriftlichen Arbeiten stösst sie an Grenzen.
Vielleicht findest du auch in folgendem Forumbeitrag noch Anregungen
http://www.lehrperson-bern.ch/forum..html?tx_mmforum_pi1[action]=open_topic&tx_mmforum_pi1[id]=616
In diesem Beitrag wird auch das Computerprogramm Claro Read erwähnt für das Lesen. Eine umfassendere Software Lösung für den Computer, teurer als die App und komplexer in der Handhabung.
Der von dir erwähnte Dybuster ist ein Computerprogramm zur Förderung der Rechtschreibung. Dies würde sich hier nicht eignen. Wenn ich deine Frage richtig verstehe geht es darum Hilfsmittel einzusetzen, welche gewisse Lese- und Schreibleistungen kompensieren. Förderprogramme verfolgen ein anderes Ziel.
Ich hoffe dir mit diesen Gedanken einige Anregungen geben zu können und freue mich auf deine Reaktion.
Liebe Grüsse inad
Liebe Sarah
ich möchte zu meinem Beitrag noch eine Ergänzung machen.
Wie du beim Lesen vielleicht merkst habe ich deine Frage sehr allgemein beantwortet und verschiedene Möglichkeiten von Hilfsmitteln beschrieben.
Um für deine Schülerin/deinen Schüler konkret etwas zu empfehlen, müsste ich genauer wissen, wie sich die beschriebenen Defizite in der visuell-räumlichen Wahrnehmung, der verbalen Verarbeitung und der auditiven Merkfähigkeit im Unterricht auswirken, respektive in welchen Bereichen von Lesen und Schreiben Unterstützung wichtig wäre.
Visuell-räumliche Wahrnehmung, auditive Merkfähigkeit usw. werden eher als Ursachen für die Probleme in Lesen und Schreiben betrachtet und nicht direkt behandelt. Angesetzt wird, ausser bei der phonologischen Bewusstheit, am Lesen und Schreiben selber. Deshalb habe ich ausgehend von möglichen auftretenden Schwierigkeiten im Lesen und Schreiben mögliche Hilfsmittel beschrieben, die diese Defizite kompensieren.
Vielleicht geht es euch auch eher um die Auswahl von Förderprogrammen zu gezielten Bereichen von Lesen oder allenfalls Schreiben. Dann würde ich dir noch andere Materialien empfehlen.
Wenn du also entweder konkretere Empfehlungen oder Hinweise zu Förderprogrammen möchtest bräuchte ich von dir genauere Angaben zu den Schwierigkeiten der Schülerin/des Schülers.
Liebe Grüsse inad
Liebe Inad
Vielen Dank für die umfassenden Antworten.
Am liebsten möchte ich eine von dir erwähnte Beratung in Anspruch nehmen.
Wie komme ich dazu?
Liebe Sarah
Auf der Homepage der PHBern findest du unter Schule und Weiterbildung das Thema Beratung. Wenn du Beratung auswählst erscheint rechts ein Fenster mit Dokumenten, unter anderem ein Formular mit dem du eine Beratung beantragen kannst.
Du kannst auf dem Formular Unterrichtsberatung ankreuzen und dein Anliegen kurz skizzieren. Bei den Bemerkungen kannst du schreiben, dass du durch das Forum und die Antwort einer Expertin auf dieses Beratungsangebot aufmerksam gemacht worden bist. Da es sich um eine Frage im Bereich LRS und damit um ein heilpädagogisches Anliegen handelt, ist es am Besten, wenn du das Formular dann per Mail an janine.rued@phbern.ch sendest.
Die Beratungsanfrage wird dann an eine Fachexpertin weitergeleitet, die dich per Mail oder telefonisch kontaktieren und mit dir einen ersten Termin vereinbaren wird. Du hast als Regellehrperson oder Lehrperson für Spezialunterricht Anrecht auf 6h Fachberatung pro Jahr.
Reichen dir diese Angaben?
Liebe Grüsse inad
Liebe inad
Ja, vielen Dank da finde ich mich zurecht!
Beste Grüsse